In diesem Jahr finden zwei Vollmonde im Zeichen Krebs statt:
Am 22. Juni 2024 befanden sich die Himmelslichter auf 1°07′ und den Nakshatra Ardra und Mula sowie am 21. Juli 2024 auf 29°09′ Krebs/Steinbock und den Nakshatra Pushya und Shravana.
30. Jun 2012 – 10:08:52
In Indien wird dieser Lunar-Tag, das 15. Tithi Purnima im Shukla Paksha des Hindu-Monats Ashad(a), Guru Purnima genannt. Für Hindus ist dies ein wichtiger Festtag, an dem jeder Gläubige dem Guru aller Gurus gedenkt und Opfer darbringt: der große Rishi (Weise) Vyasa, der vor Jahrtausenden die Veden, die indischen Göttermythen und Heldensagen niedergeschrieben haben soll. Gleichzeitig feiern die Menschen den persönlichen Guru, ihren spirituellen Führer, und bringen ihm zu Ehren Opfergaben dar.
In der Bhagavad Gita, der Quintessenz der Veden, erklärt Krishna die Bedeutung der Opferhandlung. Im 3. Kapitel dieser „Bibel des Ostens“, die gleichermaßen von Hinduisten und Buddhisten verehrt wird, erklärt Krishna die Bedeutung von Karma Yoga, das im Wesentlichen dem daoistischen Wu Wei („Tun im Nichttun“) entspricht:
Diese Welt wird durch Taten gefesselt, mit Ausnahme von Taten, die dem Göttlichen geweiht sind. Zu solchem Zweck, Arjuna, vollziehe Taten frei von Verhaftung. (III:9)
Nachdem er die Geschöpfe mit der Weihehandlung ausgestattet in die Schöpfung entließ, sagte der Schöpfer damals: Durch diese sollt ihr Früchte tragen. Sie sei für eure Begehren die Wunscherfüllende Kuh. (III:10)
Fördert damit die Devas, und diese Devas werden euch fördern. Euch gegenseitig fördernd werdet ihr das höchste Wohl erlangen. (III:11)
Eine Opferzeremonie, in Sanskrit Puja bzw. Yajna (Weihehandlung) genannt, wurde demnach vom Schöpfer (Prajapati) der Welt selbst als Kommunikationsmöglichkeit mit den Göttern (Devas) zur gegenseitigen Förderung ersonnen. Das Opfer der Menschen fördert die Devas, sie „ernähren“ sich von den Opfergaben der Menschen, und unterstützen im Gegenzug die Menschen in ihrem Tun auf Erden. Wesentlich in der Opferhandlung ist offenbar das Tun ohne Verhaftung, ohne einen bestimmten Ausgang der Handlung zu beabsichtigen, sondern das Ergebnis, so wie es kommt, anzunehmen. Das Nakshatra Pushya handelt ebenfalls von dieser Kommunikation zwischen Devas und Menschen. Tatsächlich befindet sich die Sonne oft in diesem Nakshatra, wenn Guru Purnima gefeiert wird.
Guru ist nicht nur einfach ein Lehrer. Er ist derjenige, der die geistige Dunkelheit zu vertreiben vermag. Unwissenheit, avidya, gilt den Hindus (und Buddhisten) als Ursache allen Leidens und des endlosen Rades der Wiedergeburten (Samsara). Guru kann den Menschen daraus befreien und zu seinem wahren Ursprung zurückführen: zur Erkenntnis des Atman bzw. Brahman. Im Tibetischen Buddhismus (Vajrayana) wird der Guru Lama genannt.
In der kommenden Vollmondnacht können wir in der Meditation oder in einem ruhigen Moment unserem Guru danken. Falls er nicht mehr lebt, können wir uns in Gedanken mit ihm verbinden und uns über seine Bedeutung für uns klar werden und wertschätzen, was er in uns und in unserem Leben ausgelöst hat.
In Indien stehen die gläubigen Hindus an Guru Purnima meist um vier Uhr morgens auf und meditieren über ihren Guru, behandeln seine Worte und Lehre wie Mantras, die sie in der Meditation wiederholen.
Paramhansa Yogananda schreibt in einem Essay (Im Zauber des Göttlichen) über die bedingungslose göttliche Freundschaft zwischen Guru und Jünger (zwischen seinem Guru Shri Yukteshwar und ihm), die ein Abbild für die bedingungslose, göttliche Liebe sei (Neptun!), denn beide, Guru wie Schüler, haben ein gemeinsames Ziel: Gott über alles zu lieben. An dieser „Frucht“ kann man einen wahren Guru erkennen: inwieweit er diese bedingungslose Liebe in seinem Schüler entfachen kann, oder astrologisch formuliert: Neptun ins Bewusstsein hebt.
Lese-Tipp:
Bhagavad Gita
online zum Beispiel auf www.ramakrishna.de und 12koerbe.de
Yajna-Veranstalter:
Guru Poornima Yagya