Im Horoskop des kürzlich verstorbenen Musikers Prince befinden sich vergleichsweise viele Planeten in Grenzgraden, das heißt im ersten oder letzten Grad eines Zeichens.
0°-Stellungen (und jene von 29°) scheinen im Zodiak eine ähnliche Wirkungsweise zu haben wie die Talpunkte in den Häusern. Nach außen wirken Planeten dort schwach, mit wenig Energie ausgestattet. Sie haben dort allerdings im Idealfall Zugang zu einer Ebene, die unbestimmt und frei ist, wo neue Schöpfungen möglich sind. Man kann dort auf nichts Vorgefertigtes zurückgreifen, sondern man muss sich sozusagen dem Universum anvertrauen und warten, welche Türen zu neuen Wegen und Lösungen es öffnet. Mit blindem Aktionismus ist man hier meistens schlecht beraten. In der indischen Astrologie nennt man den ersten und letzten Grad eines Zeichens „Sandhi“, was auch mit „der Raum zwischen Himmel und Erde“ übersetzt werden kann.
Eine gesamte Aspektfigur befindet sich bei Prince im „Raum zwischen Himmel und Erde“: das Bi-Scho bestehend aus dem aufsteigenden Mondknoten, Mond, Mars und Pluto. Die blaue Seite besitzt viel Substanz, Know-how und Harmonie, die grüne Hälfte ist sehr sensitiv, wach und „gespürig“. Es lebt schon an sich aus einer Substanz, die aus dem geistigen Bereich kommt, was die Grenzgrade noch betonen. Die Figur trägt die Fähigkeit in sich, durch gute Argumente (zum Beispiel gute Musik) und durch möglichst neutrale Weisheit Auseinandersetzungen zu schlichten. Immer versucht es auszugleichen, zu vermitteln und seine Mitmenschen positiv auszurichten.
Das Bijou, ein anderer Name für das Bi-Scho, ist ein leicht dynamisches und weiches Viereck, das an ein großes, keilförmiges Kissen erinnert. Andere Menschen mögen sich darauf ausruhen oder es als Anlass zur Lebensfreude, Optimismus oder Sinnlichkeit empfinden. Der Horoskopeigner jedoch entzieht sich nach einiger Zeit einer vermeintlichen Ausnützung oder einer entstehenden Abhängigkeit, denn er besitzt wenig Kraft oder Interesse für das Profane und Alltägliche.
Mars in dieser Figur, immerhin der klassische Herrscher des Aszendenten, liegt auf 0° Widder in der „kosmischen Spalte“, der Dämmerungszone des gesamten Tierkreises. Gegenüber befindet sich das Supergalaktische Zentrum (Virgo Cluster) auf damals 0,5° Waage. Als Prince im Sommer 1983 mit dem Alterspunkt über den Mars lief, wurde der Song Purple Rain aufgenommen, mit dem ihm ein Jahr später der internationale Durchbruch gelang. Im astrologischen Farbkreis entspricht diese Region im Tierkreis übrigens der Farbe Purpur – Purple! Zu allem Überfluss stand der Mondknoten-AP auch noch in Opposition zum Galaktischen Zentrum…
Die Sonne steht auf dem Tierkreisgrad, auf dem sich auch der aufsteigende Venusknoten befindet (16°18‘ Zwillinge). Der Aszendent liegt wiederum auf dem absteigenden Merkurknoten (17°50‘ Skorpion) im Quincunx zur Sonne. Alexander Ruperti, ein Schüler von Dane Rudhyar, schrieb zu den Planetenknoten:
Die Knoten als Punkte auf den Bahnen der Planeten beziehen sich auf kosmische Tatsachen, die die Möglichkeiten der Wahrnehmungsfähigkeit unserer Sinne überschreiten. Aus diesem Grund müssen sie Faktoren symbolisieren, die mit den Elementen unseres Schicksals in Beziehung stehen, die tiefer, essentieller sind als die bio-psychischen Funktionen, die von den Planeten selbst symbolisiert werden. Die Knoten eines Planeten zeigen den fundamentalen Bezug auf, der zwischen diesem Planeten und unserer Erde besteht, und zwar hinsichtlich ihrer Zugehörigkeit zum Sonnensystem. Aus diesem Grund berühren die Planetenknoten in einem individuellen Horoskop die Faktoren, die zum essentiellen Schicksal dieses Individuums gehören; sie zeigen auf, wie die Wesensqualitäten des Planeten die eigentliche Struktur unserer Individualität berühren.
Venus unterstehen die Schönen Künste, also jene Künste, welche sich mit der Darstellung des Schönen beschäftigen: Dichtkunst, Musik, darstellende, bildende und reproduzierende Künste. Für Prince lässt sich daher mit Fug und Recht feststellen: Kunst war sein Schicksal.
Bei seinem Tod stand der Alterspunkt im Quadrat zur Sonne und dem aufsteigenden Venusknoten.
Lesetipp:
Alexander Ruperti: Die Knoten des Mondes und der Planeten. API-Verlag.
Bruno, Louise und Michael Huber: Aspektbild-Astrologie. API-Verlag.
Purpur. Farbphänomen der Antike, Purpurhandschriften.