Das Phänomen „Galactic Alignment“

03. Jun 2012 – 19:46:22

Mein nächstes Blog-Projekt sollte ein Text über das Tierkreiszeichen Zwillinge werden, in dem morgen eine Mondfinsternis, d.h. ein Vollmond in der Nähe der Mondknotenachse, und am Mittwoch in der Frühe der von Astronomen so bezeichnete „Venus-Transit“ stattfinden wird. Aber ich fand seit Tagen nicht so recht den Einstieg. Ich brauche manchmal einen Aufhänger, oder Aufreger, quasi als Angelhaken, um in das Thema tiefer einzusteigen. Da begegnete mir heute morgen beim Surfen auf der Suche nach Inspiration wieder dieses Kuriosum des Jahres 2012 – The Galactic Alignment! Und schon habe ich eine Idee, wie ich den Text über die Energie des Zeichens Zwillinge vermitteln könnte. Kaum dass ich diese Zeilen geschrieben habe, ruft auch schon eine Freundin an, die die großen Veränderungen für möglich hält, die das aktuelle Jahr bereithalten könnte. Dieses synchron(istisch)e Zusammentreffen werte ich als Bestätigung des intelligenten Universums, dass das mein diesjähriges Zwillinge-Thema wird. 

MerkurZuerst einmal sammele ich die Fakten und informiere darüber – die Hauptaktivität des Zeichens Zwillinge und seines exoterischen Herrschers Merkur. Alignment bedeutet Ausrichtung, Angleichung, Justierung. Galactic heißt übersetzt galaktisch. Eine galaktische Ausrichtung oder Justierung. Unsere Galaxis nennen wir auch Milchstraße – Milky Way. Damit ist nicht der gleichnamige Schokoriegel gemeint, sondern das Größere Ganze, „in dem wir leben, weben und unser Dasein haben“.

Am 21. Dezember 2012 endet ein Kalender einer alten, vor Jahrhunderten untergegangenen südamerikanischen Hochkultur – die Maya. Beim Begriff Maya muss ich unwillkürlich stets an den gleichlautenden Sanskritbegriff Maya denken – die kosmische Täuschung, eigentlich ein großer Zauber.

Unser Kalender endet jährlich am 31. Dezember in einer großen Sause mit viel Krach und Tamtam. Noch größer wird das Tamtam am Ende eines Jahrhunderts oder gar Jahrtausends – haben wir alles vor nicht allzu langer Zeit erlebt. Der Maya-Kalender geht dieses Jahr also zu Ende, und danach geht es mit einer neuen Zählung weiter. So wie auch bei uns das neue Jahr am 1. Januar weitergeht – bei vielen meist mit einem ausgewachsenen Kater. Nun haben einige Hobbyforscher das Galactic Alignment herausgefunden. Was hat es damit auf sich?

Milchstraße von oben gesehen

Milchstraße von oben gesehen

Beim Galactic Alignment soll die Sonne auf das Galaktische Zentrum ausgerichtet sein. Hm. Was ist damit gemeint?

Das Galaktische Zentrum liegt in der Mitte unserer Milchstraße. Das Sonnensystem, in dem sich die Erde befindet, liegt etwa 26.000 Lichtjahre entfernt davon – gottseidank, denn dieses Zentrum ist aller Wahrscheinlichkeit nach ein Schwarzes Loch, das alle Materie in seiner Nähe anzieht und buchstäblich verschlingt. Von oben sieht die Milchstraße wie eine Spirale aus – wir leben in einer Spiral-Galaxie. Die Arme, momentan (seit 2008) vermuten die Astronomen zwei Spiralarme, gehen von einem Zentrum aus, eben dem Galaktischen Zentrum. Unser Sonnensystem wandert in rund 220 bis 240 Millionen Jahren einmal durch die Milchstraße um das Galaktische Zentrum herum. Das ist ein „Galaktisches Jahr“.

Milchstraße seitlich gesehen

Milchstraße seitlich gesehen

Von der Seite betrachtet sieht unsere Milchstraße ein bisschen wie eine fliegende Untertasse aus mit einer Art Berliner Krapfen in der Mitte, dem „Bulge„. Das ist die Galaktische Scheibe mit Beule im Zentrum, auf deren Querschnittebene die Galaktische Ebene (galactic plane) liegt. Da unser Sonnensystem auf seiner etwa 230 Mio. Jahre dauernden Wanderung um das Galaktische Zentrum eine oszillierende Bewegung in Bezug auf die galaktische Scheibe macht, passieren wir gelegentlich die Galaktische Ebene, also die Ebene, auf der sich die meisten Sterne unserer Galaxie und das Galaktische Zentrum befinden. Das letzte Mal war das vor ungefähr 1,5 Millionen Jahren. Heute liegt unser Sonnensystem etwa 65 Lichtjahre nördlich (= oberhalb) der Galaktischen Ebene. Das kann also auch nicht das Galactic Alignment sein.

Was ist es dann?

Ich glaube, das haben sich die 2012-Anhänger auch gefragt, und den Galaktischen Äquator für ihre Zwecke entdeckt.

Galaktisches Koordinatensystem

Galaktisches Koordinatensystem

Der Galaktische Äquator ist ein astronomisches Konstrukt des 20. Jahrhunderts. Er ist im Grunde kein Äquator, denn er schneidet keine Kugel in zwei Hälften. Zumindest wüsste ich nicht, welche Kugel das sein sollte. Der so genannte Galaktische Äquator ist eigentlich eine Linie, an deren einen Ende das Galaktische Zentrum liegt und am anderen unsere Sonne. Dieses Koordinatensystem wurde im Jahr 1958 festgelegt. Später stellte man fest, dass das tatsächliche Galaktische Zentrum etwas weiter weg vom seinerzeit festgelegten Galaktischen Äquator liegt. Den heutigen Astronomen ist das aber egal, sie lassen das Galaktische Koordinatensystem, wie es ist. Es ist ohnehin nur ein theoretisches Koordinatensystem.

Ich kann mir nun beim besten Willen nicht vorstellen, dass die sicher intelligenten Mayas dies voraussehen konnten und wussten, dass ein Konstrukt des Jahres 1958 im Jahr 1998 mit der Wintersonnenwende zusammenfällt, und sie deshalb 14 Jahre später ihren Kalender zu Ende gehen lassen. Inzwischen ist nämlich einer der vielen 2012- und Maya-Kalender-Experten offenbar auf diese Idee gekommen, da die Wintersonnenwende des Jahres 1998 direkt auf dem Galaktischen Äquator stattfand, dies sozusagen der Beginn des „galactic alignments“ darstelle und der ganze Prozess bis 2014 dauere.

Winter-Solstitium 1998

Winter-Solstitium 1998

Die Wintersonnenwende, das ist der astronomische Winteranfang: der kürzeste Tag und die längste Nacht. Astrologisch und astronomisch ist das immer am gleichen Ort: 0° Steinbock bzw. Rektaszension 18 Uhr. Siderisch findet dieser Moment jedoch im Lauf der Jahrtausende vor einem veränderten Sternenhimmel statt. Die letzten zweitausend Jahre etwa befand sich die Wintersonnenwende-Sonne im Sternbild Schütze. In zweihundert Jahren etwa wird sie sich an der Stelle befinden, wo das Galaktische Zentrum projiziert auf die Ekliptik (das ist die „scheinbare Sonnenbahn“) liegt. Und wieder einige hundert Jahre später steht sie zu Winteranfang im Sternbild Skorpion.

Das hängt mit der Präzession der Erdachse zusammen. Der Frühlingspunkt (0° Widder bzw. Rektaszension 00 Uhr) entspricht dem Frühlingsbeginn. Dann steht die Sonne von der Erde aus gesehen auf dem Schnittpunkt von Himmelsäquator – das ist der an den Himmel projizierte Äquator der Erde – und Ekliptik, der „scheinbaren Sonnenbahn“. Dieser Frühlingspunkt ist aktuell noch im Sternbild Fische, weshalb man vom Fische-Zeitalter spricht. In einigen hundert Jahren wird dieser Frühlingspunkt im Sternbild Wassermann stehen – das Wassermann-Zeitalter.

Das bedeutet auch, dass es ca. alle 25.000 Jahre zu einem solchen „galactic alignment“ kommt. Die Präzession der Erdachse ist nämlich für das Phänomen verantwortlich, dass sich die Sonne bei einer gegebenen Rektaszension im Laufe der Jahrtausende vor einem anderen siderischen Sternbild befindet. Das durch die Präzession hervorgerufene Platonische Jahr hat nach heutigem Kenntnisstand eine Dauer von etwa 25.700 Jahren. Wir wissen nicht, was vor 25.000 Jahren passiert ist, als die Sonne der Wintersonnenwende das letzte Mal von der Erde aus betrachtet auf dem Galaktischen Äquator stand. Auf jeden Fall ging die Erde nicht unter, und mir scheint auch nicht, dass die Menschheit schlagartig die Bewusstseinsebene gewechselt hätte.

SchützeDas sind jetzt jede Menge Informationen = Merkur. Die müssen wir nun erst einmal verdauen, in die richtigen Proportionen bringen, uns als Gesamtbild anschauen und anschließend bewerten. Das ist die Energie des den Zwillingen gegenüberliegenden Zeichens Schütze. Merkur kann unendlich viele Informationen zusammentragen und sich einbilden, das gehöre alles irgendwie zusammen. Er verliert aber schnell den Überblick. Er trennt nicht wichtig von unwichtig, sinnvoll von unsinnig, hilfreich von ablenkend. Er sammelt einfach wahllos. Sicher gibt es jetzt immer noch den einen Leser oder die andere Leserin, die ich nicht davon überzeugen konnte, dass da nicht doch etwas dran sei an den Weltuntergangsgerüchten, oder dass die Menschheit im Dezember schwupps sich in einer anderen Bewusstseinsdimension aufhalten wird. Das mag vielleicht eintreten – ich sehe dafür jedoch keine astronomisch-astrologisch begründbaren Anzeichen. Abgesehen davon ist es sehr unwahrscheinlich, dass es der Menschheit so einfach gemacht wird, auf eine andere Bewusstseinsebene zu gelangen.

Ich sehe etwas anderes, mir wesentlicher erscheinendes in Zusammenhang mit der Idee des Galactic Alignments und der Hysterie um den 21. Dezember 2012: viele Menschen sehnen sich nach einer Ausrichtung auf ein höheres Ganzes, auf eine zentrale Mitte, nach einem „Bewusstseinssprung“, oder besser Bewusstseinswandel, nach einer Transformation bzw. einer wesentlichen Veränderung. Und hierfür suchen manche Menschen Zeichen am Himmel, oder in antiken Kalendern.

Diese Menschen sind sich eines Zwiespalts bewusst. Sie unterscheiden zwischen Niederem und Höherem, zwischen „In Verbindung sein“ und „Nicht in Verbindung sein“, zwischen richtig und falsch, oder wahr und unwahr. Wir leben in einer Welt der Dualitäten und Polaritäten. Hier gibt es nun mal richtig und falsch, Wahrheit und Lüge, Tag und Nacht, Licht und Dunkelheit. Besonders das Zeichen Zwillinge ist sich dieser Dualität bewusst, spürt die „zwei Seelen, ach, in meiner Brust“. Bei allem was wir tun, was die Menschheit tut, gibt es mindestens zwei Möglichkeiten: alles geht gut, oder alles endet in einer Katastrophe. Und wenn uns eine Katastrophe drohen sollte, dann werden Gott, die Engel, die aufgestiegenen Meister oder wer auch immer uns schon ein Zeichen schicken, damit die Würdigen irgendwie gerettet werden können. Zum Beispiel in Form der Galaktischen Ausrichtung.

zwillingeDas Zeichen Zwillinge oszilliert um die Pole der Welt, schwankt von Zweifel zu Zuversicht, und von der Hoffnung wieder zur Verzweiflung. Und sucht noch mehr Informationen in der Welt, um den Zweifel zu eliminieren, sucht nach noch mehr Begründungen, die das eigene Weltbild bestätigen oder infragestellen sollen. Doch immer wieder kommen die quälenden Zweifel, weil Zwillinge immer offen und bereit ist, sich auch Gegenargumente anzuhören. Zum Schluss sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Man schwankt von einer zu anderen Seite im fliegenden Wechsel, bis man zum Schluss gar nichts mehr glaubt.

VenusZwillinge ist eine Zeichenenergie, die Verbindungen schafft, die Beziehungen herstellt, und die das Verbindende oder Übereinstimmende zwischen den Gegensatzpaaren aufzeigen kann. Das funktioniert jedoch nur, wenn der Mensch im Zeichen Zwillinge einen neuen Standpunkt einnimmt: den der Mitte, des Wahren Selbst. In der Horoskopzeichnung ist dieses Höhere Selbst durch den leeren Kreis in der Horoskopmitte dargestellt. Von der Mitte aus gesehen erkennt man leichter die Linie, die die Gegensatzpaare miteinander verbindet. Hier kommt der esoterische Zeichenherrscher des Zeichens Zwillinge zur Wirksamkeit. Venus kann die auf der vordergründigen Ebene scheinbar unvereinbare, klar trennende Polarität in eine „dynamische Synthese“ verwandeln. Das Gefühl für Werte lässt Venus die Gegensätze der Welt auf einer höheren und damit „übersichtlicheren“ Ebene neu verbinden und schafft so Ausgleich, Harmonie und Frieden.

Bezogen auf die Anhänger der Idee des Galactic Alignments im Jahr 2012 bedeutet dies zum Beispiel, die Angst zu erkennen, die hinter diesem Phänomen steckt, und angemessenere Wege suchen, mit dieser Angst umzugehen.

Im Menschen selbst existiert ebenfalls eine grundlegende Polarität. In der Theosophie unterscheidet man die Persönlichkeit mit ihren drei Trägern mentales, emotionales und physisches Ich von der unsterblichen Seele mit dem Wahren Selbst als Bewusstseinszentrum. Das Horoskop, insbesondere die sieben klassischen, von Auge sichtbaren Planeten, symbolisiert die sterbliche Persönlichkeit. Der Kreis in der Mitte symbolisiert das Wahre Selbst, die drei geistigen Planeten Zugangswege zu und Funktionsorgane auf dieser Seelenebene. Menschen, in deren Horoskop das Zeichen Zwillinge betont ist, sei es durch den Aszendenten oder wichtige persönliche Planeten, sind sich dieser Dualität besonders bewusst. Es sind eben tatsächlich „zwei Seelen in der Brust“, bzw. eigentlich nur eine tatsächliche (das Wahre Selbst, der Kreis in der Mitte), und eine in die Welt projizierte (das Horoskop).

ErdeWenn der Mensch diese Dualität eines Tages in seinem Bewusstsein zu einer neuen Einheit verschmolzen haben wird, das heißt mit Hilfe der esoterischen Zeichenherrscherin Venus in eine bewegliche Synthese gebracht hat, kommt der hierarchische Zeichenherrscher Erde zum Ausdruck. Der Mensch begreift sich als Bindeglied und Vermittler zwischen den drei niederen Reichen der Erde – das Mineralreich, das Pflanzenreich und das Tierreich – und den drei höheren Ebenen des Daseins: die geistige, die monadische und die göttliche Ebene (Atman, Anupadaka und Adi). Geist und Materie, die beiden großen Polaritäten, finden dann im Menschen eine dynamische Synthese.

Das wäre ein organisch gewachsenes Galactic Alignment. Ich glaube, es dauert optimistisch geschätzt noch einige Jahrtausende, bis die Menschheit so weit sein wird. Bis dahin können wir im soeben begonnenen 15. Tithi Purnima, der Vollmondphase, über den esoterischen Saatgedanken des Zeichens Zwillinge meditieren:

Ich erkenne mein anderes Selbst,
und indem dieses schwindet, wachse und erglühe ich.

Literatur-Tipps:
Gunda Scholdt: Praxisbuch der Esoterischen Astrologie
Louise Huber: Tierkreiszeichen – Reflexionen, Meditationen. API-Verlag

Bilder:
Wikipedia, teilweise bearbeitet
Cartes du Ciel

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