29. Apr 2012 – 16:44:45
Im Tithi Ashtami, dem achten lunaren Tag, wird so manches Unerledigte zutage gefördert. Meist Dinge, die wir verdrängt haben. Da der Mond Symbol für unseren Geist (mind) ist, den ruhelosen Affen in Swami Vivekanandas Buch Raja Yoga, kommen die unerledigten Themen unseres Unbewussten zum Vorschein – astrologisch-psychologisch Themen des Mondknotenhoroskops.
Letzte Woche war ich auf der Suche nach Geburtsdaten von Axel Springer, was mich auf die Webpräsenz seiner bekanntesten Schöpfung, die BILD-Zeitung führte. Dort entdeckte ich einen Artikel, den ich in diesem Blatt nicht vermutet hätte: Der deutsche Komiker Hape Kerkeling schildert dort detailliert seine Erinnerung an seine letzte Inkarnation als junger Franziskanermönch in Polen während des 2. Weltkriegs.
Nun weiß man nicht: was stammt aus Kerkelings eigener Feder, was ergänzte der BILD-Reporter. Kerkelings Pilger-Buch („Ich bin dann mal weg…“) habe ich nicht gelesen. Vielleicht wird diese Episode dort beschrieben. Jedenfalls ist es sehr spannend, sich diese Geschichte mit Kerkelings Horoskop anzuschauen.
Die aufsteigenden Bilder sind scharf und deutlich. Alles ist ungleich intensiver, und ich kann den Verlauf der Geschichte, die mich emotional zutiefst berührt, überhaupt nicht beeinflussen. Ich spüre eine tiefe Verbindung zu den aufsteigenden Geschehnissen.
Das werte ich als Hinweis, dass es bei dieser Erinnerung um wichtige Themen Hape Kerkelings geht, die wir auch in seinem heutigen Horoskop erkennen müssten. Er beschreibt eine Szene, in der ein Händler Kohle in den Keller des Klosters ablädt:
Eine unsagbare Angst, ein Gefühl der totalen Vernichtung steigt in mir hoch. Als nächstes begleite ich den Kohlenhändler, der eine Schubkarre mit Kohlen vor sich her schiebt, über eine Rampe in den kalkweißen Keller. Mein Herz schlägt tatsächlich bis zum Hals und mir bleibt auf dem Teppich in Frankfurt die Luft weg. Und während der Mann im Keller ablädt, weiche ich nicht einen Meter von seiner Seite. Meine Aufgabe ist es, ihn während der ganzen Zeit zu beaufsichtigen und abzulenken, denn hinter einem mannshohen Haufen von Rüben halten wir eine vierköpfige jüdische Familie versteckt. Ein junges Ehepaar mit zwei kleinen Kindern – einem Jungen und einem Mädchen. Mein Blick geht ständig in ihre Richtung und ich bete zu Gott, daß der Kohlenhändler nichts merkt! Mich durchfährt eine unbeschreibliche Angst. Er liefert die Kohlen ab und verschwindet wieder. Das Versteck ist gefährlich, und wir alle haben schreckliche Angst, auch nur eine einzige falsche Bewegung zu machen.
Eine unbeschreibliche Angst erlebt hier Kerkeling als junger Franziskanermönch, offenbar ganz real, obwohl ihm im gleichen Moment klar ist, dass er als Hape Kerkeling auf dem Teppich in Frankfurt liegt.
In Kerkelings Grundhoroskop gibt es eine sehr schöne, durch sehr exakte Aspekte gebildete fünfeckige Aspektfigur. Zwei Planeten sind in diesem beeindruckenden Aspektbild jedoch nicht eingebunden: Saturn und Merkur sind losgelöst, auch im Mondknotenhoroskop. Unaspektierte Planeten sind an den Gesamtschaltplan des Bewusstseins, erkennbar am Aspektbild, nicht angeschlossen. Sie führen ein Eigenleben in unserer Psyche. Unser Bewusstseinsfokus kann im Aspektbild bildlich gesprochen von einer Figur zur anderen, oder von einem Planeten zum anderen „springen„. Ist Kerkelings Bewusstseinsfokus zu einem gegebenen Moment mit der Sonne oder dem Mond identifiziert, kommt automatisch die gesamte Figur ins Bewusstsein, in der sich diese Planeten befinden. Springt das Bewusstsein jedoch in einem bestimmten Moment in eine Identifikation mit Merkur, oder mit Saturn, dann sind die Wahrnehmungs- und Handlungsmöglichkeiten extrem eingeengt und eingeschränkt. Wir reagieren plötzlich auf eine Art und Weise, die uns selbst fremd ist, kommen gar nicht auf die Idee, dass es in dieser Situation mehrere Alternativen gibt, haben das sprichwörtliche „Brett vor dem Kopf“ und hinterher denken wir: „Warum habe ich das nur so und so gemacht, normalerweise reagiere ich doch ganz anders…“
Wann ist nun eine Lebenssituation, in der wir den Planeten Saturn als Werkzeug benötigen? Wenn unsere Sicherheit und Existenz in Frage gestellt ist. Merkur symbolisiert unseren Intellekt, die Fähigkeit, Informationen aufzunehmen (Hören und Lesen), sie miteinander zu kombinieren, zu analysieren und sie ggf. anderen mitzuteilen – oder auch nicht.
Als der Kohlenhändler die Kohle im Keller ablieferte, waren Merkur-Fähigkeiten gefragt im Sinne von unbefangenem Small Talk. Doch der sicherheitsorientierte Saturn verspürte Angst um sein Leben. Die restlichen Planeten waren in dieser Situation wie ausgeknipst, sie waren für das Bewusstsein nicht verfügbar. Dies hatte dramatische Konsequenzen.
Dann sehe ich mich bei geöffnetem Fenster schreiend vor Angst in meiner Zelle sitzen. Es muß frühmorgens sein, und ich höre zwei Lkws über den Hohlweg poltern. Uniformierte Deutsche springen von den Autos und stürmen in das Kloster. Ich werde von zwei Soldaten aus meiner Zelle geschleppt und vor die hintere äußere Klostermauer zu meinen dort bereits versammelten Mitbrüder gestellt. Die verzweifelte, in Tränen aufgelöste Familie wird auf einen Lkw gedrängt. Man transportiert sie ab. Irgend jemand in Uniform verliest in deutscher Sprache unser Todesurteil. Der Abt und die Mitbrüder bleiben ruhig, aber in mir steigt unsagbare Angst auf.
Der junge Franziskanermönch befindet sich mit seinem Bewusstseinsfokus wieder (oder immer noch) im losgelösten Saturn. Die anderen Planeten, zum Beispiel die Venus/Neptun-Konjunktion oder Sonne im Sextil zu Mond sind für das Bewusstsein offenbar nicht erreichbar, im Moment wie nicht vorhanden, weil der Fokus im Saturn liegt.
Ich habe meinen Glauben verloren! Ich sage laut: „Ich will nicht sterben!“ Einer meiner Mitbrüder brüllt mich an: „Johannes, wir gehen den Weg des Herrn. Unser Weg ist zu Ende.“ Ich zittere wie Espenlaub. Mein Körper bebt, ich kann ihn gar nicht mehr ruhig halten. Es knallt. Ich bin erschossen worden. Es ging ganz schnell und nun bin ich tot. Und zittere als ein Licht irgendwo im Raum. Die anderen sieben Funken [die sieben Mitbrüder des Klosters, die auch erschossen wurden] drehen sich immer schneller, entfernen sich von mir und verschwinden. Mir gelingt das nicht. Drei nicht beschreibbare diffuse Lichtgestalten kommen mir entgegen und beruhigen mich und eine von ihnen sagt: „Ein ganzes Leben hast du ohne Zweifel geglaubt, warum nicht in diesem einen Moment? Warum nicht?“
Beim letzten Satz weiß ich nun nicht, ob der BILD-Reporter noch eine „Moral von der Geschichte“ einbauen wollte? Bei meinen Erinnerungen an frühere Leben kam niemand, um mich etwas zu fragen oder etwas zu erklären. Allerdings habe ich die Erfahrung gemacht, dass der Gedanke und die Emotion im Moment unseres Sterbens bzw. Gestorbenseins sehr wichtig sind. Wir ziehen offenbar ein Fazit unseres vergangenen Lebens, und formulieren einen Wunsch oder eine Absicht, wie wir es in Zukunft anders, besser machen möchten. Und inkarnieren irgendwann tatsächlich, um diese Absicht auszuführen oder den Wunsch zu erfüllen. Nicht selten endete dieses neuerliche Leben bei mir in einer Verschlimmbesserung.
Vielleicht war Kerkelings Fazit nach seinem Tod als junger Franziskanermönch: „Ich glaube nicht an Gott!“ Ist auch starker Tobak, was Gott den Menschen im Leben oft zumutet.
Wo könnte nun dieser Gott in einem Horoskop lokalisiert sein? Eigentlich ja nirgends, denn Gott, das Göttliche, Brahman, ist überall und wir alle sind in unserem Wesenskern (der Kreis in der Horoskopmitte) Gott, Atman, Brahman. Im Horoskoprund gibt es jedoch einen Faktor, der einer höheren, „göttlichen“ Ebene zugeordnet werden könnte, und in Verbindung mit den Planeten und seiner Hausstellung Aufschluss darüber geben könnte, wie unsere „Teilpersönlichkeiten“ (die Planeten und Aspektfiguren unseres Horoskops) sich zu diesem höheren Zentrum verhalten. Ich habe dabei das Galaktische Zentrum (GZ) im Sinn. Es befindet sich heute auf 27° Schütze, im Jahr 1964 war es auf 26°20′ Schütze.
Bruno Huber, für mich DER geniale Astrologe des 20. Jahrhunderts, in dessen Deutungssystem auch solche Fragestellungen Platz finden, erklärte bereits 1976 seine Auffassung über die astrologische Bedeutung des Galaktischen Zentrums:
Es wurde festgestellt, dass G.Z.-aspektierte Radix-Planeten eine besondere geistige Bedeutung im Horoskop haben. Sie haben offensichtlich eine Wirkung im fortgeschrittenen Individuationsprozess. Sie schaffen (unter allen Aspekten) Probleme, wenn sie zu vordergründig, zu weltlich, zu oberflächlich oder nur zur kreatürlichen ICH-Befriedigung eingesetzt werden. Sie unterstehen der Kritik „höherer Instanzen“.
In Kerkelings Radix wie auch im Mondknotenhoroskop steht kein Planet in engem Aspekt mit dem GZ, das sich immerhin im 8. Haus des Stirb und Werde befindet. Zum Sextil zu Saturn fehlen drei Bogengrade, zur Opposition zum Mondknoten ebenfalls mehr als drei Grad. Im Mondknotenhoroskop befindet sich das Galaktische Zentrum im 6. Haus nicht weit vom Deszendenten. Im Karma-Klick, dem Klickvergleich zwischen Grund- und Mondknotenhoroskop, steht das MKH-GZ in einem sehr engen Konjunktionsklick mit der Venus/Neptun-Konjunktion und in Opposition zu Jupiter des Grundhoroskops. Venus/Neptun deuten schon für sich gesehen auf eine große Offenheit der spirituellen Welt gegenüber. Das GZ weitet diese Offenheit noch aus und könnte sogar auf einen „guten Draht“ zum alles vereinigenden Zentrum hindeuten. Das Radix-GZ wiederholt diese Klicks.
Im BILD-Artikel teilt Kerkeling mit, dass die Reinkarnationssitzung „um die Jahrtausendwende“ stattfand. Damals, mit 35 Jahren, befand sich der Mondknoten-AP auf dem Galaktischen Zentrum und der Radix-AP auf der Venus/Neptun-Konjunktion! In der Reinkarnationssitzung hat sich das „alles vereinigende Zentrum“ (Gott) in Hape Kerkelings Bewusstsein wieder ins Spiel gebracht und ihn möglicherweise daran erinnert, was ihn bislang noch zu trennen schien: die Angst um sein Leben, d.h. die Angst, die aufgrund der Vergänglichkeit der physischen Existenz entsteht, wenn wir uns mit unserer physischen Existenz (unserem Körper = Saturn) identifizieren.
Kerkeling hat im Grundhoroskop einen Stier-Aszendenten und im Mondknotenhoroskop Oppositionen auf der Besitzachse 2. Haus/8. Haus. Hier lässt man nicht gerne los sondern hält fest, was man in Händen zu haben glaubt. Auch seinen Körper, und damit verbunden das mit dem Körper identifizierte Ego, das Schein-Selbst, möchte man besonders im Mondknotenhoroskop auf der 2/8-Achse nicht loslassen. Heute, in der Radix, befinden sich Kerkelings Sonne, das Galaktische Zentrum und Merkur im 8. Haus und fordern eine stete Wandlungsbereitschaft. Je geübter wir im Loslassen sind, umso leichter fällt uns dieser Schritt auch in den letzten Momenten unseres physischen Daseins.
Die Position des Galaktischen Zentrums im 6. Mondknotenhaus könnte Kerkeling als jungen Franziskanermönch zur Hingabe im Dienst an anderen Menschen ermuntert haben. „Heute“ steht dort in der Radix die Venus/Neptun-Konjunktion in Opposition zu Jupiter im 12. Haus. Venus und Jupiter haben neben Merkur einen wichtigen Bezug zum Humor, dem Kerkeling seinen heutigen Beruf gewidmet hat. Seit seinem Jakobsweg-Buch wissen wir, dass Kerkelings Humor auch Tiefgang hat. Vielleicht lebte Kerkeling als Franziskanermönch die Venus/Neptun-Konjunktion zu „weltlich„, „vordergründig“ und erlebte in seiner Weigerung zu sterben eine „Kritik durch höhere Instanzen„?
Meine Deutungen beziehen sich nur auf ein früheres Leben, das Hape Kerkeling in seiner Erinnerung schildert. Die Deutungsregel für das Mondknotenhoroskop sagt jedoch, dass es die Summe der Erfahrungen aus vielen früheren Leben aufbewahrt. Da wir beim Unbewussten oder Ex-Bewussten und bei Erinnerungen an frühere Leben ohnehin nie genau wissen, wie sich die Dinge tatsächlich verhalten, ist alles mit „Vielleicht“ und großen Fragezeichen zu versehen. Schlussendlich weiß nur Hape Kerkeling selbst, wie sich diese Themen in sein heutiges Leben einfügen. Welchen Sinn sie ihm geben. Darauf kommt es an.
Wer in einer Rückführungstherapie ebenfalls Erinnerungen an frühere Leben erfahren hat, oder sich einfach so spontan an sie erinnert, hat mit dem Mondknotenhoroskop ein nützliches Werkzeug, um mehr über die inneren Bilder, Gedanken und Emotionen zu erfahren und wie sie sich in das gegenwärtige Leben integrieren lassen.
Literatur-Tipps:
Ingrid Vallieres / Karlheinz Dotter: Astrologie und Reinkarnation
Bruno Huber: Galaktisches Zentrum und Frühlingspunkt (Vortrag von 1976)
Bruno und Louise Huber: Mondknoten-Astrologie
Hape Kerkeling bei bild.de: Ich wurde im 2. Weltkrieg erschossen…