Franz Kafka

Franz Kafka Radix (03.07.1883, 7:00 PRT, Prag)

In der Regel wird für Franz Kafka eine Geburtszeit von 7.00 Uhr verwendet mit einem Aszendenten im Zeichen Löwe. In der Astrodatabank wird diese Geburtszeit jedoch als DD eingestuft, als „Dirty Data“ oder als „dubios – disputabel“, wie Bruno Huber das Rating beschrieb. Tatsächlich ist für Kafka keine Geburtsurkunde mit Angabe der Geburtszeit bekannt.

Das Horoskop begegnete mir bereits in den ersten Kursen in Astrologischer Psychologie. Die starke Besetzung des Zeichens Zwillinge wurde damals mit seiner bekanntesten Erzählung Die Verwandlung (Metamorphosis) in Verbindung gebracht. Wahrscheinlich, weil Pluto gerade in dieses Zeichen eingetreten war und eine Konjunktion mit Saturn bildete, dem physischen ICH-Pol oder dem Körper-ICH. Als der Alterspunkt die Opposition zur Sonne/Jupiter-Konjunktion bildete, schrieb Kafka in einer Nacht Das Urteil und zwei Monate später Die Verwandlung. Das schien diese Geburtszeit zu bestätigen.

Letztes Jahr hatte ich mich anlässlich Kafkas 140. Geburtstag mit seinem Horoskop intensiver befasst und dabei festgestellt, dass der Aszendent Löwe seinen Charakter eigentlich nicht überzeugend wiedergeben kann. Löwe ist in seinem Wesen und Auftreten ein selbstbewusster, stolzer und warmherziger Mensch, der dem Leben voller Elan und Lebensfreude begegnet und dabei andere Menschen  mitreißen kann. Bruno Huber sagte einmal über den Aszendenten im Zeichen Löwe:

Der Löwe-AC heißt, Selbsterfahrungen machen und Wagnisse eingehen. Durch das, was ich versuche, hervorzubringen, mache ich Erfahrungen und wachse daran. Jetzt muss man aus eigener Kraft seinen Selbstausdruck hervorbringen, aus sich heraus, aus seiner eigenen Kraft und Kreativität heraus und das ist mehr, als sich nur hinstellen. Man kann nicht einfach eine Show abziehen, sondern muss, aus sich heraus, etwas produzieren, etwas in Bewegung setzen und dazu muss man sich selbst fordern. Es kommt auf den Effekt an, den man durch Umsetzen eigener Kräfte hervorbringen kann. (…)  Hier ist der kreative Prozess gemeint. Dieser Mensch muss im Leben schöpferisch sein, er muss das Feuer des Löwen am AC entfachen.

Franz Kafka

Dieses Image, das der Aszendent auf einer vordergründigen Ebene widerspiegelt, entspricht eigentlich nicht dem Bild, das wir über Kafka kennen. Er konnte sich gegenüber seinem Vater nicht durchsetzen, der ihn als schwach erlebte und der verbalen wie moralischen Druck auf ihn ausübte, um ihn dazu zu bewegen, seine Lebenspläne den Vorstellungen des Vaters anzupassen. Abweichungen begegnete der Vater mit verständnislosen, oft ironischen oder verächtlichen Bemerkungen – ein Verhalten, unter dem Kafka sehr gelitten hatte. Bis in seine späten Jahre hat Kafka immer wieder versucht, diesen Konflikt zu bearbeiten. Fast sein ganzes Werk ist geprägt von Problemen der Abhängigkeit von und der Fixierung auf übermächtige Autoritäten. So schildern bereits die erwähnten Arbeiten Das Urteil und Die Verwandlung sogar explizit die Vernichtung des Sohnes durch die eigenen Eltern. Kafkas Versuche, durch räumliche Trennung von der Familie mehr Autonomie zu erlangen, scheiterten letztlich an den widrigen Umständen des Ersten Weltkriegs. Und sein Versuch, die unerträglichen Spannungen durch einen ausführlichen, ebenso schonungslosen wie versöhnlichen Brief an den Vater zu lösen, führte ebenfalls nicht zum Erfolg. Er schickte den Brief offenbar nie ab und vermied damit die Konfrontation. Mit Löwe am Aszendenten hätte er sicher mehr Energie in die Eigendurchsetzung investiert.

Der Ātmakaraka

Franz Kafka 07.00 Uhr Atmakaraka Mars

Wenn die Geburtszeit ungewiss ist, schaue ich in der Regel in das indische Horoskop. Dort irritiert auch der Ātmakaraka Mars. Kafka wollte sich zwar zu Beginn des Ersten Weltkriegs wie so viele junge Männer damals freiwillig melden, doch wusste dies sein Arbeitgeber, die Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt für das Königreich Böhmen in Prag, erfolgreich zu verhindern. Hätte Kafka also einen Löwe-Aszendenten mit Mars als Ātmakaraka, würde er zumindest eher Romane über Selbst-Befreiung und Selbst-Ermächtigung schreiben und sich nicht ständig innerlich an seinen Eltern und nicht fassbaren, anonymen Autoritäten abarbeiten. Er hätte zumindest früher seinen Wohnort geändert und wäre nicht bis ins Erwachsenenalter zu Hause geblieben.

Franz Kafka 10.17 Uhr Atmakaraka Mond

Der Ātmakaraka ist der klassische Planet, der im Tierkreiszeichen die höchste Gradzahl erreicht hat und einen ähnlichen Stellenwert besitzt wie die Sonne als Symbol für das „schauende Selbst“, die Seele. Ab 10.17 Uhr wird der Mond zum Ātmakaraka, der für einen Schriftsteller sehr stimmig ist, denn in der Kunst und in der Literatur geht es um die Reflektion von Gefühlen, Emotionen, Träumen und Ängsten. In einem Brief an seinen Freund Oskar Pollak schrieb Kafka denn auch:

Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns.

Kafka könnte also nach 10.17 Uhr geboren sein, was auch einem Hinweis in den Source Notes der Astrodatabank auf eine tschechische Datenbank entspricht, die eine Geburtszeit von 09:20 UT nennt und die zu einem Aszendenten im Zeichen Jungfrau führt mit Uranus am Aszendenten. Damit rückt neben dessen klassischen Herrscher Merkur auch der Mond als esoterischer Herrscher der Jungfrau ins Zentrum.

Mit Jungfrau am AC ist zumindest das Bedürfnis gegeben, die Umwelt objektiv wahrzunehmen und dementsprechend richtig beurteilen zu können, wenigstens so, dass man dem anderen nicht weh tut. Oft besitzen Menschen mit Jungfrau am AC die Fähigkeit zu erkennen, dass jeder Mensch eine eigene innere Gesetzmäßigkeit in sich trägt. Diese Gesetzmäßigkeit eines jeden Menschen versucht man zu verstehen und ihn möglichst objektiv wahrzunehmen, damit man ihm nicht Unrecht tut. (…)
Am AC hat es mehr mit dem Eigenwert und mit der Selbstachtung zu tun. Man verliert sich an die Umwelt, wird von ihr bestimmt und ausgenützt. Entweder man wird zum Helfer oder zum Hilfsbedürftigen mit stark hysterischen Verhaltensformen, besonders mit harten Planeten in Jungfrau am AC und/oder mit roten Aspekten. Allergien aller Art und Hauterkrankungen sind typische Symptome. Die Allergie ist eine direkte Vorwarnung für mögliche aufkeimende Zustände (zum Beispiel, wenn man sich lieblos, unangenehm und hart behandelt fühlt), das kann die Jungfrau mit ihrer Feinsinnigkeit nicht ertragen. Jungfrau am AC und/oder die Persönlichkeitsplaneten Mond, Saturn und Sonne im Jungfrauzeichen können in die pflegenden Berufe gehen, aber auch in die künstlerische oder wissenschaftliche Richtung. Oder in Richtung Buchhalter. Interessant ist, dass manche Jungfrauen «der Buchhaltertyp» sind mit eigener Ordnung, wo kein anderer drauskommt.
Bruno Huber

Vor allem zeichnet das Zeichen Jungfrau eine genaue und kritische Beobachtungsgabe aus, die mit der Konjunktion zwischen Merkur und Venus literarisch überzeugend zum Ausdruck gebracht werden kann. Dieser Aszendent überzeugt mich deshalb mehr als das Zeichen Löwe. Er erklärt auch besser das neurotisch anmutende Verhalten Kafkas und seine für manche Außenstehende befremdlichen Rituale wie tägliche Gymnastik und das Befolgen einer Empfehlung, jeden Bissen 40 mal zu kauen! Er gab selbst zu, ein Hypochonder zu sein.

Das stark besetzte Zeichen Zwillinge wird zum 10. Bhāva, dem Karma Bhāva des Berufs und der Berufung, der öffentlichen Anerkennung durch berufliche Erfolge, die mit Ruhm und Ehre verbunden sind. AC-Herrscher (Lagnesh) Merkur in Zwillinge bildet ein machtvolles Bhadra Yoga, das zu den Mahapurusha Yogas gehört, die Kennzeichen einer großen Seele sind.

Merkur – Bhadra Yoga

Intelligent, gebildet, äußerst talentiert und dadurch mit Erfolg und Glück gesegnet. Unter den fünf Mahapurusha Yogas kann das des Merkurs den größten Erfolg bringen.

Merkur bildet eine minutengenaue Konjunktion mit Venus, dem esoterischen Zeichenherrscher der Zwillinge und eine etwas weitere mit dem Ātmakaraka Mond. Eine ungemein machtvolle Kombination, die einen stilprägenden Autor kennzeichnet, der in seine Arbeit buchstäblich seine Seele hineinlegte. Jungfrau am Aszendenten wiederum kämpft mit den Widrigkeiten des Lebens und gegen das sinnlose Chaos im gegenüberliegenden Zeichen Fische.

Franz Kafka 10.34 Uhr D1 tropisch Atmakaraka Mond

Um die Geburtszeit genauer einzugrenzen, schaue ich auf die Vimshottari Dasha. Dabei fällt auf, dass im September 1917 das Saturn Maha Dasha begann, der Herrscher des 6. Bhava, das krankheitsbezüglich ist. Am 11. August 1917 wachte Kafka morgens um 4 Uhr auf und erlebte zum ersten Mal einen Blutsturz, ein untrügliches Symptom einer offenen Lungentuberkulose, die zwei Wochen später von einem Facharzt bestätigt wurde. Korrigiert man die Zeit um 17 Minuten später, beginnt das Saturn Maha Dasha am frühen Morgen des 11. August. Kafka selbst war schon seit längerem davon überzeugt, an Tuberkulose zu leiden. Gelegenheiten der Ansteckung waren zahlreich durch seine beruflichen Kontakte mit Arbeitern und Kriegsversehrten, die Hilfe bei der Versicherungsanstalt suchten, für die er tätig war. Jetzt wurde sein jahrelanger Verdacht bestätigt.

Und tatsächlich, so als wäre abgeblasen worden, schlafe ich seit damals 4 Uhr nachts besser, wenn auch nicht viel besser, vor allem aber hat der Kopfschmerz, vor dem ich mir damals nicht mehr zu helfen wusste, gänzlich aufgehört. Die Beteiligung an dem Blutsturz denke ich mir so, dass die unaufhörlichen Schlaflosigkeiten, Kopfschmerzen, fiebrigen Zustände, Spannungen mich so geschwächt haben, dass ich für etwas Schwindsüchtiges empfänglich geworden bin.
Stach, Reiner. Kafka: Die Jahre der Erkenntnis (S.271). FISCHER E-Books. Kindle-Version[4]

Um 10:34 Prager Zeit (GMT+0h57m46s)[1] oder 10:35:14 MEZ kulminierte das Stellium zwischen der Merkur/VenusKonjunktion exakt am MC in Konjunktion mit dem Mond kurz nach der 10. Hausspitze. Abgesehen von dieser Konjunktion bildet der Mond als stärkstem ICH-Planet ein Halbsextil zum Mars, dem er kurz zuvor den Rang des Ātmakaraka abgelaufen hatte sowie ein schwaches, weil einseitiges Quadrat zu Uranus kurz vor dem Aszendenten.

Das Nakshatra des Ātmakaraka

Es ist immer ratsam, auch einen Blick auf das Nakshatra des Ātmakaraka zu werfen, denn diese Konstellation hängt eng mit dem Sinn des Lebens des Geborenen zusammen, der Aufgabe, die der Seele, dem schauenden Selbst, mit ihrer Inkarnation in diesen irdischen Körper gestellt wurde und wie sie den „Weg zurück in des Vaters Haus“ finden könnte. Der Mond liegt um 10.34 Uhr noch knapp im Nakshatra Mrigashira, das von Mars beherrscht wird. Diese Konstellation liebt den Nervenkitzel und will einem Ziel, einem begehrten Gegenstand oder überhaupt einem Traum nachjagen. Sobald das Ziel jedoch erreicht ist, beginnt aufs Neue die Jagd nach dem nächsten Ziel. Der ruhelose Mond (und mit ihm der Geist) befindet sich auf einer nicht enden wollenden Jagd.

Franz Kafka D1 tropisch Atmakaraka Mond im Nakshatra Ardra

Ab 10:54 Uhr wechselte der Mond in die Konstellation Ardra, die von Rahu, dem aufsteigenden Mondknoten beherrscht wird. Dies ist eine stürmische Mondkonstellation, in der eine Idee den Geist wie ein Blitzschlag treffen kann. Deshalb haben diese Menschen oft plötzlich, wie aus dem Nichts, eine geniale Idee oder Einsicht, an die zuvor nie jemand gedacht hätte. Die Umsetzung kann jedoch etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen, wie auch ein Diamant, ein Symbol dieses Nakshatra, sehr lange Zeit für seine Entstehung benötigt. Am Ende ist das Ergebnis jedoch brillant.

Die Mondknotenachse ist ohnehin beherrschend in Kafkas Leben, denn sie trennt das Horoskop in zwei Teile, was vor allem in der westlichen Darstellung sichtbar wird. Es entsteht ein Kāla Sarpa Yoga, das eine Hälfte des Horoskops vom Rest abtrennt. Alle Planeten einschließlich des Aszendenten befinden sich auf der südlichen Seite der Ekliptik.

Der Geborene wird feststellen, dass sein Leben, egal wie fähig er ist, durch vergangenes Karma behindert wird. An jeder Kreuzung stößt er aus unerklärlichen Gründen auf Hindernisse. Wichtige Lektionen müssen angenommen werden, und keine noch so große Anstrengung scheint belohnt zu werden, denn in Wirklichkeit sind die Belohnungen eher spiritueller als materieller Natur.
Komilla Sutton: The Lunar Nodes – Crisis & Redemption[2]

Kāla Sarpa Yoga

Kāla Sarpa Yoga

Kāla bedeutet Zeit und Sarpa ist die Schlange, die auf die Seele (ātma) des Menschen hinweisen, die in der „Schlange der Zeit“ gefangen ist. Die Schlange windet sich wie ein Seil um das Unterbewusstsein und zieht es immer fester zusammen, je mehr wir versuchen, uns von ihr zu befreien. Die Hauptwirkung ist psychologischer Natur, denn es ist unsere eigene Negativität und unser Nichtwissen (avidya), das uns an karmische Zwänge kettet. Dieses Yoga ist weder ein Zeichen von Erfolg noch von Misserfolg, sondern es ist ein Gefühl des Gefangenseins in karmischen Kräften, die so stark sind, dass sie unser Wohlbefinden einschränken und unser Schicksal beeinflussen. Es wirkt auf geheimnisvolle Weise, ohne dass es andere Hinweise hierfür im Geburtshoroskop gibt. Ein Mensch kann sehr erfolgreich sein, aber ein ebenso großer Teil seines Lebens bleibt unglücklich und unerfüllt. Um die Auswirkungen des Kāla Sarpa Yoga zu verstehen und ihnen entgegenzuwirken, muss der Mensch seiner Seele, dem schauenden Selbst“ bewusst werden. Es ist wichtig, die psychologischen Auswirkungen und inneren Blockaden zu verstehen, die durch diese Kombination entstehen.
(siehe auch: → Die Mondknoten Rahu und Ketu sowie → Vedische Götter und Uranus, Neptun und Pluto)

Es gibt zwei Varianten dieses Yogas. Die eine ist, dass Rahu sich auf alle anderen Planeten zubewegt. Dies zeigt an, dass Rahu alle Dinge im Leben des Geborenen transformiert. Das Ziel des Lebens ist es, die Dinge in ein karmisches Gleichgewicht zu bringen, indem jene Dinge initiiert werden, mit denen der Geborene noch nicht vertraut ist, die er noch nicht unter Kontrolle hat, mit denen er sich noch nicht sicher fühlt usw. Diese Form des Kala Sarpa Yoga wird im Allgemeinen als stressiger erlebt; es herrscht mehr Verwirrung und weniger Behaglichkeit und Vertrautheit im Leben.[3]

Eine treffende Umschreibung dieses Yogas findet sich auch in der Wortschöpfung kafkaesk wieder,  die der Duden in der 17. Auflage im Jahr 1973 aufgenommen hatte.

Das Adjektiv wurde ursprünglich innerliterarisch zur Bezeichnung literarischer Textmerkmale Kafkas sowie für Ähnlichkeiten und Nachahmungen seiner literarischen Arbeit verwendet. Später wurde es zunehmend für außerliterarische Sachverhalte verwendet und stand für „Situationen und diffuse Erfahrungen der Angst, Unsicherheit und Entfremdung“ sowie des Ausgeliefertseins an anonyme und bürokratische Mächte, der Absurdität, der Ausweg- und Sinnlosigkeit sowie Schuld und innere Verzweiflung. Der Begriff leitet sich aus der Grundstimmung zahlreicher Werke Franz Kafkas ab, in denen die Protagonisten in undurchschaubaren, bedrohlichen Situationen von düsterer Komik bis Tragik agieren, hat aber in der heutigen Verwendung mit seinen Werken nur noch entfernt zu tun. → Wikipedia

Sehen wir daher Franz Kafka als Experten karmischer Verwicklungen, welche die Mondknotenachse umschreibt, müsste sein Mond im Nakshatra Ardra liegen, was auf eine Geburtszeit um oder nach 10.55 Uhr hinweist. Der Mond steht dann exakt und maximalbedeutsam am MC in Opposition zum galaktischen Zentrum GZ am IC.

Franz Kafka Triple: Mondknotenhoroskop – Radix – Häuserhoroskop – („goodwill“-Aspekte)

Die Konjunktion zwischen Sonne und Jupiter rückt zwischen Invertpunkt auf 9°♋ und Talpunkt auf 16°♋ in den fixen Bereich des 10. Hauses. Die Talpunktnähe der Sonne deutet auf einen beruflich erfolgreichen Vater hin, der jedoch vom erstgeborenen Sohn offenbar enttäuscht ist und der Sohn wiederum glaubt, dem Vorbild und Ansprüchen des Vaters an ihn nicht gerecht werden zu können. Gleichzeitig wirkt die Sonne hier isoliert, denn abgesehen vom Trigon zum aufsteigenden Mondknoten bildet sie keine weiteren Aspekte und kann daher wenig Einfluss ausüben. Ähnlich isoliert steht auch Saturn, der nur über eine Konjunktion zu Pluto und Chiron an die Struktur des Aspektbildes angehängt ist. Im Mittelpunkt steht der Mond und mit ihm das Kind Franz. Doch auch der Mond ist nur schwach mit dem Rest des Aspektbildes verbunden, das im Grunde nur aus einem mittleren Erfahrungsdreieck besteht: das Trigon zwischen Uranus und Neptun, die mit der Merkur/Venus-Konjunktion diese Figur bilden. Der Mond steht lediglich im Halbsextil zu Mars und im einseitigen Quadrat zu Uranus. Zwischen Mars und Uranus reicht der Orbes nur für ein „Goodwill“-Trigon.

Lerndreeck Uranus-Mond-Mars

Der Lernprozess des mittleren Erfahrungsdreiecks entzündet sich am Konflikt des Quadrats zwischen Mond bzw. Merkur/Venus zu Uranus. Im 12. Haus flieht Uranus vor der Isolation und gleichzeitig vor dem Gefühl des Gefangenseins in unbefriedigenden Liebesbeziehungen.

Uranus-Merkur/Venus-Neptun

Es fiel Kafka mit dem Quadrat zwischen Mond und Uranus schwer, sich emotional auf eine Partnerin einzulassen. Gleichzeitig erfasste er intuitiv künftige gesellschaftliche Entwicklungen, die er sprachlich (Merkur/Venus) mit der Schilderung unergründlich bedrohlicher und gleichzeitig absurder Situationen zu Papier brachte. Die düstere Stimmung seiner Texte hing sicher auch mit der Dunkelheit seines abnehmenden „balsamischen“ Mondes zusammen. Kafka kam einen Tag vor Neumond, dem 29. Tithi Chaturdashi, auf die Welt.

Das Jahr der ersten Saturn-Wiederkehr bescherte Franz Kafka ein künstlerisch äußerst produktives Jahr. Am 13. August 1912 lernte er bei einem Abendessen bei seinem Studienfreund Max Brod Felice Bauer kennen. Einen Monat später setzte er sich abends um 22 Uhr, als alle bereits im Bett lagen und die Stille im tagsüber sonst so lauten und geschäftigen Elternhaus ihn dazu einlud, an den Schreibtisch, um mit dem Schreiben zu beginnen…

»Diese Geschichte ‚Das Urteil‘ habe ich in der Nacht vom 22 zum 23 von 10 Uhr abends bis 6 Uhr früh in einem Zug geschrieben. Die vom Sitzen steif gewordenen Beine konnte ich kaum unter dem Schreibtisch hervorziehn. Die fürchterliche Anstrengung und Freude, wie sich die Geschichte vor mir entwickelte, wie ich in einem Gewässer vorwärtskam. Mehrmals in dieser Nacht trug ich mein Gewicht auf dem Rücken. Wie alles gewagt werden kann, wie für alle, für die fremdesten Einfälle ein großes Feuer bereitet ist, in dem sie vergehn und auferstehn. Wie es vor dem Fenster blau wurde. Ein Wagen fuhr. Zwei Männer über die Brücke gingen. Um 2 Uhr schaute ich zum letztenmal auf die Uhr. Wie das Dienstmädchen zum ersten Mal durchs Vorzimmer ging, schrieb ich den letzten Satz nieder. Auslöschen der Lampe und Tageshelle. Die leichten Herzschmerzen. Die in der Mitte der Nacht vergehende Müdigkeit. Das zitternde Eintreten ins Zimmer der Schwestern. Vorlesung. Vorher das Sich Strecken vor dem Dienstmädchen und Sagen: ›Ich habe bis jetzt geschrieben.‹ Das Aussehn des unberührten Bettes, als sei es jetzt hereingetragen worden. Die bestätigte Überzeugung, dass ich mich mit meinem Romanschreiben in schändlichen Niederungen des Schreibens befinde.
Nur so kann geschrieben werden, nur in einem solchen Zusammenhang, mit solcher vollständigen Öffnung des Leibes und der Seele.«
[4]

In welcher Euphorie sich Kafka an diesem Morgen befunden haben muss, kann man nicht nur daran erkennen, dass er erstmals detailliert die Umstände festhielt, unter denen ein Text entstanden war; vor allem, dass er – sonst verzweifelt unsicher gegenüber allem, was er zu Papier gebracht hatte – diese Erzählung sofort vorlas, beim ersten Tageslicht und offenbar sogar noch vor eigener gründlicher Lektüre, beweist, dass er sich diesmal seiner Sache völlig sicher war. Endlich wusste er, worauf er gewartet hatte, und er feierte diesen Augenblick rückhaltlos, um nicht zu sagen: hemmungslos.[4]

In dem Moment, da sich Franz Kafka an diesem Sonntag Abend an den Schreibtisch setzte, wechselte der laufende Aszendent gerade in das Zeichen Krebs, in das wenige Stunden zuvor auch Pluto eingetreten war. Transit-Mars am absteigenden Transit-Mondknoten im Quadrat zur Sonne/Jupiter-Konjunktion der Radix offenbart den inneren Kampf, den Kafka in jener Nacht ausgefochten und am Ende „verloren“ hatte. Das Schreiben muss für ihn eine immens kathartische Wirkung gehabt haben.

Die Widmung der Geschichte „für F.“ gilt Felice, der Frau, mit der er sich zweimal ver- und wieder entloben sollte. Ihre Skorpion-Sonne stand in Opposition zu seinem Stier-Mars, ihr Steinbock-Mond vermutlich in Opposition zu seiner Sonne/Jupiter-Konjunktion.

Zwei Monate später beginnt Franz Kafka am Sonntagabend, 17.11.1912, einen Tag vor Felices 25. Geburtstag, mit der Niederschrift des Textes Die Verwandlung, die er mehr als zwei Wochen später am 06.12.1912 beenden wird. Der Radix AP bildet blaue Aspekte zur Mond/GZ-Opposition und ein Quadrat zu Mars. Der ☊-AP steht im Halbsextil zur Sonne/Jupiter-Konjunktion. Im gleichen Monat erscheint seine Kurzprosa Betrachtung.

Die Krankheit

Franz Kafka war seit frühester Kindheit von zierlicher und schmächtiger Natur, überlebte jedoch seine Kindheit im Gegensatz zu seinen Brüdern Georg (*11.09.1885 †15.12.1886), der im zweiten Lebensjahr an Masern starb, und Heinrich (*27.09.1887 †10.04.1888), der noch als Säugling einer Mittelohrentzündung zum Opfer fiel. Die Ärzte konnten ihnen nicht helfen, was in Franz gegenüber Ärzten tiefe Skepsis hinterließ. Durch seine regelmäßigen Kontakte zu Versicherten der Arbeiter-Unfallversicherungsanstalt boten sich zahlreiche Gelegenheiten der Ansteckung mit Tuberkulose, die sich dann am frühen Morgen des 11.08.1917 mit Bluthusten bestätigen sollte. Der Radix-AP stand in Opposition zu Uranus, der ☊-AP in Konjunktion mit Neptun. Die Transit-Mondknotenachse lief gerade über die Sonne/Jupiter-Konjunktion mit dem Südknoten und Transit-Mars auf der Sonne. Es  entstand eine geschlossene Briefumschlagfigur, die dem geistigen Entwicklungsthema der Knotenachse eine neue Richtung zu geben schien. Dies bestätigt auch das Solar für den 34. Geburtstag mit dem absteigenden Mondknoten in exakter Konjunktion zur Sonne. Der vorgeschobene Solar-AC erreichte am 11. August den Solar-Mond in Konjunktion zum GZ. Kafka war geradezu erleichtert, endlich Gewissheit zu haben und fast Erleichterung, dass er mit einer solchen Krankheit besser nicht heiraten sollte. Sein Antrag auf Frühpensionierung wurde von seinem Arbeitgeber jedoch abgelehnt.

Brief an den Vater

Nachdem Kafka im Oktober 1918 die Spanische Grippe überlebt hatte, fasste er im November 1919 den Mut, einen sehr langen und ausführlichen Brief an den Vater abzufassen als Aufarbeitung seiner traumatischen Kindheitserfahrungen.

Danach verschlechterte sich Kafkas Gesundheitszustand zunehmend, trotz zahlreicher langer Kuraufenthalte. Zuletzt hielt er sich an der Ostsee im Seeheilbad in Graal Müritz auf, wo der inzwischen 40 Jahre alte Franz Kafka die 25jährige Dora Diamant kennenlernte und sich ein letztes Mal verliebte.

Am Ende die Liebe

Kafkas Radix-AP lief auf den zweiten Kreuzungspunkt K2 zu, wo er sich im November 1923 auf 17,5° mit dem -AP kreuzen wird. Sie lernen sich kennen, als in Kafkas Solar der progressive Solar-AC die Kippstelle zwischen der Merkur/Venus- und Sonne/Pluto-Konjunktion stand. Im September beschlossen sie, eine gemeinsame Wohnung in Berlin zu beziehen (Solar-AC Konjunktion Neptun). Sie mussten in dieser Zeit der Hyperinflation mit Brot-Preisen von mehreren Milliarden Reichsmark zweimal innerhalb Berlins umziehen. Kafkas Gesundheitszustand wurde immer bedrohlicher, bis er gemeinsam mit Dora beschloss, Berlin am 17.03.1924 wieder zu verlassen (Solar-AC Opposition Neptun). Eine neuerliche Untersuchung bestätigte am 11. April, dass die Krankheit inzwischen auch den Kehlkopf befallen hatte. Kafka konnte nicht mehr sprechen und nur unter großen Schmerzen Nahrung zu sich nehmen, weshalb er extrem abmagerte. Es ging jetzt nur noch darum, die noch verbleibende Lebenszeit möglichst schmerzfrei zu verbringen. Dora war in dieser Zeit stets an seiner Seite, bis er in der Mittagszeit des 3. Juni 1924 starb.

Franz Kafka Radix Altersprogression


[1] Deutsche Ephemeride
[2] Komilla Sutton: The Lunar Nodes – Crisis & Redemption
[3] Ernst Wilhelm: Core Yogas – Yokes to the Fruits of Karma
[4] Reiner Stach: Die frühen Jahre – Die Jahre der Entscheidungen – Die Jahre der Erkenntnis

Franz Kafka

 

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