Die Esoterische Astrologie und im Besonderen die Astrologische Psychologie beschäftigt sich mit den Gesetzmäßigkeiten und Herausforderungen, denen der Mensch auf dem geistigen Entwicklungsweg von der begrenzten irdischen Persönlichkeit hin zum Gewahrsein seines unvergänglichen Seelenkerns begegnet.
Die Persönlichkeit wird in der Esoterik auch als das niedere Selbst oder Ego bezeichnet. Sie besteht aus unserem physischen Körper, unseren Emotionen (Astralkörper) und unseren Gedanken (Mentalkörper, Kama-Manas). Diese drei Erfahrungsebenen des Ichs gehören der irdischen Ebene an, sind damit gleichsam vergänglich bzw. sterblich. Demgegenüber ist das Höhere oder Wahre Selbst der ewige, unvergängliche Anteil in uns: die unsterbliche Seele. Auch sie ist dreifacher Natur und setzt sich zusammen aus den Aspekten des Geistigen Willens (Atma), der Intuition (Buddhi) und der schöpferischen Intelligenz (höheres Manas).
Ursache und Sinn des menschlichen irdischen Daseins liegt in der Regel darin, sich von der vordergründigen Verhaftung mit dem Ego, von der Identifikation mit dem „niederen Selbst“ zu lösen und sich stattdessen mit seiner wahren Existenz als unvergängliche Seele zu identifizieren. Salopp formuliert geht es darum zu erkennen, dass ich mehr bin als mein Körper, meine Gefühle und meine Gedanken (= die irdische Persönlichkeit), sondern ein Zentrum reinen Bewusstseins und Gewahrseins, des Willens, der Liebe und der schöpferischen Intelligenz (= das Wahre Selbst), das den physischen Tod überdauern wird. Das Tierkreiszeichen Steinbock, in dem sich momentan die Sonne befindet, spielt auf diesem Entwicklungsweg der Seele eine ganz besondere Rolle.
Auf der Erfahrungsebene der irdischen Persönlichkeit (die im Steinbock vom exoterischen Herrscher Saturn beeinflusst wird) ist Ehrgeiz das wesentliche Stichwort. Saturn verleiht Ernsthaftigkeit, Fleiß und Strebsamkeit. Er identifiziert sich leicht mit Normen und Gesetzen. „Ich sollte eigentlich…“ denkt und spricht der Steinbock oft, und legt auch auf seine Mitmenschen den unerbittlichen und strengen Maßstab althergebrachter Traditionen und kollektiver Normen an, die gerne schulmeisterlich gemaßregelt werden, wenn sie sich nicht an die Vorschriften halten. Meist gilt das Streben dem persönlichen Erfolg, der individuellen Unabhängigkeit und Eigenständigkeit, und nicht zuletzt dem Wunsch nach Macht und Einfluss. Da „der Weg nach Oben“ meist steinig und schwer ist, ist der Steinbock streng gegen sich und andere, um sein gestecktes Ziel zu erreichen.
Der Berggipfel kennzeichnet den Punkt, über den hinaus ein weiterer Aufstieg im Leben nicht mehr möglich ist. In der bestehenden Form wird der Fortschritt unmöglich, und der Mensch muss zuerst hinabsteigen in das Tal des Schmerzes, der Verzweiflung und des Todes, ehe die Höhen erneut erklommen werden können.
(Alice Bailey: Esoterische Astrologie)
Solange sich die Steinbock-Persönlichkeit nur mit den Qualitäten des exoterischen Herrscher Saturn identifiziert, kommt es immer wieder zu einer starken materiellen Verdichtung, zu einem Kristallisationsprozess der Persönlichkeit. Dies bringt auch das Steinbock-Symbol zum Ausdruck. Eine geschwungene Linie schnürt einen Kern zusammen. Je fester an beiden Enden gezogen wird, umso komprimierter wird der Inhalt. Wenn die Kristallisation einen bestimmten Grad der Dichte und Härte erreicht hat, wird die Form leicht zerbrochen und vernichtet. Für das Zeichen Steinbock bedeutet dies, das Ziel der Macht, des Erfolges und Ansehens nicht erreichen zu können, oder zu erkennen, dass dieser Erfolg nicht dauerhaft glücklich und zufrieden macht. Langfristig lässt die Verhärtung der Steinbock-Persönlichkeit den Menschen vereinsamen, und die permanente Identifikation mit Leistungsfähigkeit, äußerem Erfolg und weltlicher Macht findet irgendwann ihre Grenzen in der Vergänglichkeit der Zeit. Der Erfolg von heute kann morgen schon zur Niederlage führen. Da sich der Steinbock auf einer frühen Entwicklungsstufe jedoch mit Macht, Ansehen und Erfolg so sehr identifiziert, kommt die Niederlage einer Todeserfahrung gleich.
Das Wahre Selbst identifiziert sich nicht mit äußerlichen Erfolgen und Attributen der Macht. Es weiß sich mit allem all-eins und getragen vom Großen Ganzen. Um dies lebendig erfahren zu können, muss der Steinbock seinen einmal erreichten Platz in luftiger Höhe wieder aufgeben. Auf dem Gipfel eines Berges haben nicht viele Menschen Platz. Um sich mit den Menschen und der Welt wieder neu zu verbinden, gilt es, vom Berg wieder herunterzusteigen, demütig auf die Knie zu gehen und sich nicht länger mit seiner Machtposition zu identifizieren.
Es muss allerdings erst eine kritische Masse der Einsamkeit und Isolation erreicht sein, bis der Steinbock sich wirklich intensiv nach Liebe, Wärme und Zugehörigkeit sehnt, die im gegenüberliegenden Zeichen Krebs aufleuchten (das erleuchtete Haus). Es gilt für den Steinbock, die Polarität des gegenüberliegenden Krebszeichens zu integrieren, um sich mit dem Wahren Selbst identifizieren zu können. Dies bedeutet auch, Verantwortung für andere zu übernehmen und alle Leistungsfähigkeit, Strebsamkeit und Ernsthaftigkeit dem Wohl des Ganzen zugute kommen zu lassen. Denn Saturn ist auch esoterischer Herrscher des Steinbocks. Er erkennt, dass der Größte nicht der ist, der eigensinnig auf Macht und Unabhängigkeit beharrt, sondern der gelernt hat, sein Leben dem Ganzen unterzuordnen gemäß den Worten Jesu:
Wer groß sein will unter euch, der sei euer Diener. Und wer unter euch der Erste sein will, der sei aller Knecht.
(Markus 10, 43-44)
Ergänzen lässt sich hierzu ein Zitat von Louise Huber über die Krise des Steinbocks aus ihrem Buch Tierkreiszeichen – Reflexionen Meditationen:
… besteht die Krise im Aufgeben der scheinbar erreichten Höhe, um das dort gefundene Licht den Menschen zu bringen und ihnen den Weg zum Gipfel zu zeigen. Deshalb sollen wir uns während des Steinbock-Monats mit großer Entschlossenheit vornehmen, niemals am erreichten Punkt stehen zu bleiben, nicht zu glauben, wir hätten schon alles erreicht oder getan, was es zu tun gibt, sondern wir sollen willig den rhythmischen Lebensenergien folgen und wieder hinuntersteigen, um anderen Menschen das Wissen und das Licht zu bringen, das wir gefunden haben.
Sobald das Zeichen Steinbock die Krebs-Qualität in das Bewusstsein voll integriert und somit die Identifikation mit dem Wahren Selbst abgeschlossen hat, beginnt astrologisch formuliert der hierarchische Herrscher Venus zu wirken und betont das geistige Steinbock-Leitmotiv der spirituellen Liebe. Das niedere Selbst ist gänzlich im Wahren Selbst, der Seele, aufgegangen. Ego-Ansprüche nach Macht und Besonderheit sind nicht mehr wichtig. Der Mensch hat sich wahrhaft selbst bemeistert, ist zum Meister geworden.
Dieser geistige Entwicklungsweg des Steinbocks betrifft insbesondere Menschen mit dem Aszendenten in diesem Zeichen. Aber auch jene mit der Sonne hier, oder einer Planetenballung, können sich Gedanken darüber machen, inwieweit ihr Streben nach weltlicher Macht und materiellem Erfolg, des Aufstellens und Einhaltens von Gesetzen und Regeln, die Bedürfnisse und Ziele des Wahren Selbst unterdrückt. In der Steinbock-Zeit ist das Tor zu geistigen Welt weit offen, um sich mit solchen Fragen auseinanderzusetzen.
Der esoterische Saatgedanke für das Zeichen Steinbock lautet:
Versunken bin ich in überirdischem Licht,
und diesem Licht wende ich den Rücken.
31. Dez 2010 – 15:54:16
Dritte Jupiter/Uranus-Konjunktion und Sonnenfinsternis in Steinbock
Am 4. Januar 2011 ist Neumond und gleichzeitig eine Sonnenfinsternis auf 13° Steinbock, denn der aufsteigende Mondknoten befindet sich in unmittelbarer Nähe von Sonne und Mond. Knapp vier Stunden später wird zum dritten und vorläufig letzten Mal die Konjunktion von Jupiter/Uranus auf 27° Fische exakt.
Tracy Marks schreibt in ihrem Buch Astrologie der Selbst-Entdeckung über Eklipsen (Finsternisse):
Häufig erleben wir eine Generalreinigung in dem Haus, in dem die Eklipse stattfindet. Eine Zeit, in der wir Dinge beenden oder zu Ende führen, unser Haus reinigen, vergangene Haltungen und Einstellungen verlieren und uns von Tätigkeiten oder Menschen befreien, die für uns wichtig waren. Es kann zu einer Krise kommen, die unsere volle Aufmerksamkeit erfordert. Ein mächtiger Eklipsen-Einfluss kann befreiend wirken, indem er uns zwingt, das loszulassen, was uns in der Vergangenheit hält. So können wir die sich in uns entfaltende Zukunft freier annehmen.
Die Jupiter/Uranus-Konjunktion möge uns dabei mit vielen guten, auf das Optimum ausgerichteten und schöpferischen Ideen und Visionen leiten.
Literatur-Tipps:
Alice Bailey: Esoterische Astrologie
Gunda Scholdt: Praxisbuch der Esoterischen Astrologie
Louise Huber: Tierkreiszeichen – Reflexionen Meditationen
Tracy Marks: Astrologie der Selbst-Entdeckung