05. Aug 2012 – 14:47:43
Heute vor 50 Jahren starb Marilyn Monroe. Ob ihr früher Tod – die Schauspielerin wurde nur 36 Jahre alt – ein Unfall, ein Suizid, ein ärztlicher Behandlungsfehler oder gar Mord war, lässt sich heute kaum mehr feststellen. Wir wissen nur, dass sie an einer Überdosis von Schlafmitteln (u.a. ein Barbiturat) gestorben war. Die letzten zehn Jahre vor ihrem Tod war sie in ständiger psychoanalytischer Behandlung. Offensichtlich konnte ihr die Psychoanalyse damals nicht helfen.
In ihrer Analyse, über deren Inhalte es Literatur gibt, erwähnte Norma Jeane Baker, so ihr eigentlicher Name, eine sehr frühe Kindheitserinnerung, wonach ihre Mutter (vermutlich war es die Großmutter) sie mit einem Kissen ersticken wollte.
Meine früheste Erinnerung? … Das ist eine Erinnerung an einen Kampf ums Überleben. Ich war noch ganz klein… ein Baby in einem Bettchen, ja ich kämpfte um mein Leben. (…) Ich weiß nur noch, dass ich aus dem Schlaf auffuhr und um mein Leben kämpfte. Irgend etwas wurde mir vors Gesicht gedrückt. Es konnte ein Kopfkissen gewesen sein. Ich kämpfte mit aller Macht dagegen an.
(Andreas Jacke: Marilyn Monroe und die Psychoanalyse)
Der Alterspunkt befand sich damals in Konjunktion mit Neptun, in Opposition zum Mond und im Quadrat zu Saturn. Alle drei Planeten bilden ein rotes Leistungsdreieck. Wir können uns bereits bei dieser Episode ein Bild davon machen, was Norma Jeane in ihrer frühen Kindheit schon erleben musste. Der Vater machte sich aus dem Staub, als die Mutter noch schwanger war. Sie gab ihre Tochter zu Pflegeeltern. Lange Zeit wusste Norma Jeane gar nicht, dass diese Eltern nicht ihre leiblichen Eltern waren. Sie hatten sie nicht gerade „warmherzig“ erzogen sondern immer spüren lassen, dass sie nicht dazugehört. Ihren Vater kannte Norma Jeane nicht und idealisierte ihn, wie später auch die Männer, auf kompensatorische Weise (Sonne sehr schwach in das Aspektbild eingebunden, fast losgelöst). Wahrscheinlich heiratete sie deshalb bereits mit 16 Jahren das erste Mal.
Empathie, das wichtigste Stichwort für den Planeten Neptun, dürfte nach diesen Schilderungen in der Kindheit ein Fremdwort für Norma Jeane gewesen sein. Die ersten Lebensmonate dienen eigentlich dazu, eine stabile Grundlage in uns wachsen zu lassen, die uns schon als Säugling und Kleinkind vermitteln kann: „Die Welt ist gut, das Leben ist schön, ich werde geliebt.“ Inwieweit ein Mensch diese Erfahrungen machen konnte, erkennen wir an der Neptun- und Mondstellung im Horoskop. Diese Planeten repräsentieren die symbiotischen Erfahrungen, die wir in unseren ersten Lebensmonaten machen durften, und aus denen sich das wichtige, geradezu lebensnotwendige Urvertrauen zum Leben und auf dieser Basis ein mehr oder weniger stabiles, starkes Ich entwickeln kann (siehe auch: „Ich im Horoskop„).
Schauen wir uns Norma Jeanes Planeten an, die wesentlich am Aufbau eines stabilen und gesunden „Ichs“ beteiligt sind: Neptun steht nahe dem Aszendenten, hat also eminent viel mit dem eigenen Ich-Standort, dem Ich-Erleben zu tun. Neptun und Mond erhalten nur rote und grüne Aspekte. Eine rot-grüne Aspektierung nennen wir in der Astrologischen Psychologie „Reizaspektierung“.
Rote Aspekte (Quadrate und Oppositionen) werden als hart, traumatisierend und frustrierend erlebt. Sie vermitteln harte Erfahrungen, Konflikte, Stress, Aggression, vielleicht sogar Gewalt.
Grüne Aspekte (Quincunx und Halbsextil) wirken verunsichernd und suchend. Sie sind diffus, lassen das Kind „im Ungewissen“ zurück.
Es fehlt die blaue Aspektierung (Trigon oder Sextil), die auf harmonische, entspannte, beruhigende und angenehme Erfahrungen in der wichtigen frühkindlichen Symbiosephase hinweisen würde.
Norma Jeane konnte demzufolge keine harmonische Grunderfahrung in ihrer frühen Kindheit machen. Alles war hart, rauh, aggressiv, kratzig – ganz und gar nicht mit „Perwoll“ gewaschen. Erschwerend kommt hinzu, dass der rot aspektierende Planet ausgerechnet Saturn (die Mutter bzw. mütterliche Bezugsperson) ist, der Norma Jeane zu früh aus dem „Paradies der Symbiose“ hinausgeworfen hat, und dass der Alterspunkt bereits in den ersten beiden Lebensjahren Primäraspekte (Konjunktion und Opposition) zu diesem Leistungsdreieck bildete.
Derartige Reizaspektierungen auf Mond und Neptun können Hinweise auf eine Frühstörung sein. Bei einer Frühstörung gelang es nicht, in der frühen Kindheit Urvertrauen in die Welt und das Leben zu entwickeln. Man lebt im Urmisstrauen gegenüber der Welt und den Menschen darin. Daraus können ernste seelische Erkrankungen wie Depression, Borderline-Störungen, Suchtkrankheiten, narzisstische Persönlichkeitsstörungen u.v.m. entstehen, die schlimmstenfalls mit Suizid enden können.
Gestorben ist Norma Jeane, als der Radix- und auch der Mondknoten-Alterspunkt die Pluto/Mondknoten-Konjunktion aspektierte. Im Blog-Eintrag zum „Ich im Horoskop“ erwähnte ich, dass die Sonne als Symbol für den Vater der Kindheit die Funktion hat, den engen Mutter-Kind-Verband, der sich im Laufe der beiden ersten Lebensjahre gebildet hat, zu sprengen. Die Sonne in Gestalt des Vaters vermittelt dem Kind, dass es noch andere Beziehungen als die zur Mutter gibt, und dass auch diese zufrieden und glücklich machen können. Die Sonne eröffnet Alternativen. In der Astrologischen Psychologie ist Pluto eine Art „höhere Oktave“ der Sonne. Er steht in der API-Planetentafel oberhalb der Sonne. Pluto kann entsprechend für das Bild eines „Über-Vaters“ stehen, der so zwar nicht real ist, aber nach dem dennoch und gerade deshalb intensiv und mit großer Ausdauer (Pluto) gesucht wird. Generell weisen AP-Aspekte auf Pluto darauf hin, dass es an der Zeit ist, sich darüber klar zu werden, wer man in der Tiefe seines Wesens wirklich ist, bzw. nicht ist. Denn oft bringen die AP-Aspekte unsere dunklen Schatten aus dem Keller ans Tageslicht.
Interessanterweise sind sowohl Pluto als auch die beiden anderen männlichen Planeten Sonne (der reale Vater) und Mars grün-blau aspektiert, repräsentieren also das genaue Gegenteil der Erfahrung mit der Mutter und dem Mütterlichen. Der Traum-Mann erscheint dann als der Retter in der Not, als „Himmel auf Erden“, die Lösung aller Probleme. Reale Erfahrungen mit dem Vater konnte Norma Jeane nicht machen. Sie wusste nicht einmal, wer ihr Vater ist. Deshalb war Norma Jeane immer auf der Suche nach ihm, bzw. nach ihrem Traum-Mann, nach der bedingungslosen Liebe (Neptun!) und heiratete dreimal. Alle drei Ehen waren nicht von Bestand, denn Norma Jeane schloss sie unter falschen Voraussetzungen. Die Lösung ihrer Probleme wäre woanders zu finden gewesen, nämlich in der Heilung ihres Kindheitstraumas.
In den 1950er Jahren besaß die Psychoanalyse dieses Wissen noch nicht. Es wurde erst in den nachfolgenden Jahrzehnten bekannt und erforscht. Heute hätte Norma Jeane wahrscheinlich mehr Chancen, adäquate Hilfe und Verständnis zu finden.
Literatur:
Andreas Jacke: Marilyn Monroe und die Psychoanalyse. Psychosozial-Verlag
Wolfhard H. König: Astrologie und Tiefenpsychologie. Astrolog – Zeitschrift für Astrologische Psychologie