Jungfrau

& Die sechste Arbeit des Herakles

Dieses Jahr erleben wir zwei Neumonde sowie zwei Eklipsen im Tierkreiszeichen Jungfrau. Eine totale Mondfinsternis, auch Blutmond genannt, und der zweite Neumond ist eine partielle Sonnenfinsternis.


Esoterische Bedeutung des Zeichens Jungfrau

Das Sternbild Jungfrau ist eines der wichtigsten im Zodiak, denn seine Symbolik betrifft das Gesamtziel der Evolution: die in der Materie verborgene geistige Wirklichkeit zu behüten, zu nähren und schließlich zu offenbaren. Diese Realität verbirgt sich in jeder Form, doch ist die menschliche Formgestalt ausgerüstet und geeignet, sie in einer Weise zu offenbaren, die verschieden ist von jeder anderen Äußerungsform der Göttlichkeit. Sie lässt dasjenige berührbar und objektiv werden, wofür der ganze Schöpfungsprozess beabsichtigt war. Zwillinge und Jungfrau sind eng verbunden, aber Zwillinge stellt die Gegensatzpaare – Seele und Körper – als zwei voneinander getrennte Wesenheiten dar, während sie in der Jungfrau vereinigt sind und größte, äußerste Bedeutung füreinander haben. Die Mutter behütet den Keim des Christuslebens; die Materie bewacht, nährt und hegt die verborgene Seele.

Das Wort «Virgo» (lat. Jungfrau) wurde in der Frühzeit dem Mutterprinzip gegeben. Diese Jungfrau war die Gründerin des Matriarchats, das damals die Zivilisation beherrschte und für das die verschiedensten überlieferten Mythen und Legenden Zeugnis ablegen; sie handeln von Lilith, der letzten der jungfräulichen Gottheiten in atlantischer Zeit. Derselbe Gedanke findet sich auch in den überlieferten Berichten von den Amazonen und von Herkules, der ihre Königin besiegte und ihr dasjenige abrang, was er suchte. Es ist dies eine Allegorie, welche das Freiwerden des geistigen Menschen von der Herrschaft der Materie lehrt. Drei dieser Gottheiten sind Eva, Isis und Maria.

Eva ist das Symbol der Mentalnatur und des menschlichen Denkens, das durch die Verlockung des Wissens angezogen wird, das man durch die Inkarnationserfahrung gewinnen kann. Eva nahm also den Apfel der Erkenntnis von der Schlange der Materie und leitete damit jenes lange menschliche Unternehmen von Versuch, Erfahrung und Wesensäußerung ein; das – vom mentalen Blickpunkt aus – in unseren Zeiten begann. Isis repräsentiert dasselbe auf der emotionellen oder astralen Ebene. Eva hat kein Kind in den Armen; der Keim des Christuslebens ist noch zu klein, als dass er sich schon bemerkbar machen könnte; der Involutionsprozess ist noch zu nahe; doch in Isis ist die Wegmitte erreicht; die Beschleunigung dessen, was gewünscht wird (das Verlangen aller Völker, wie es in der Bibel genannt wird) ist eingetreten und so steht Isis folglich in den alten Tierkreisen für Fruchtbarkeit, Mutterschaft und als Hüterin des Kindes. Maria endlich bringt den Vorgang hinunter auf die Ebene oder an den Ort der Inkarnation, auf die physische Ebene und bringt dort das Christuskind zur Welt.

So ist also Jungfrau die kosmische Mutter, da sie kosmisch den negativen Pol zum positiven Geist darstellt; sie ist der empfangende Teil, soweit es den Vateraspekt betrifft.

  1. Stier – Antriebskraft hinter der Evolution (Impuls). Verlangen nach Erfahrung, nach Befriedigung. Das Licht der Erkenntnis.
  2. Jungfrau – Antriebskraft hinter der Jüngerschaft (Ziel). Verlangen nach Wesensäußerung, geistiges Verlangen. Das verborgene Licht Gottes.
  3. Steinbock – Antriebskraft hinter der Einweihung (Dienst). Verlangen nach Befreiung. Verlangen nach Dienst. Das Licht des Lebens.

Sie alle bringen Verlangen zum Ausdruck, das im geistigen Streben aufgeht und damit dem Menschen Licht und Leben bringt. Im Zeichen Jungfrau beginnt der Mensch die Absicht zu erkennen, um derentwillen das Formleben besteht, und das Verlangen nach persönlicher Befriedigung beginnt sich zu wandeln; das Verlangen des Menschen nach innerer Erkenntnis des ihm innewohnenden Christus beginnt vorherrschend zu werden, bis schließlich die innere, geistige Realität aus der Knechtschaft der Materie befreit und in ihrem eigenen, wahren Wesen in der Welt offenbar wird. Das Licht des Wissens, dessen Hüter der Stier ist, weicht dem Licht der Weisheit, dessen Hüter die Jungfrau ist und dieses macht schließlich Platz für das Licht der Einweihung im Steinbock. All dies jedoch findet statt und muss stattfinden auf der Formebene, esoterisch «die strahlende Oberfläche der Erde» genannt; die Himmelfahrt oder Verklärung der Jungfrau hat noch nicht stattgefunden, das Emporheben der Substanz ist noch nicht verwirklicht. Es ist interessant, dass Skorpion dahin wirkt, dass dieses endgültige Emporheben der Materie zum Himmel unbedingt im Steinbock erfolgt; das wird uns vorausschauend geschildert in der Geschichte des Herkules im Skorpion, wenn er die Hydra über seinem Haupt in die Luft erhebt.

Die Jungfrau symbolisiert Tiefen, Dunkelheit, Ruhe und Stille und Wärme; sie ist das Tal der Tiefenerfahrung, in dem Geheimnisse entdeckt und schließlich «ans Licht gebracht» werden; sie ist der Ort der langsamen, sanften und doch machtvollen Krisen und periodischen Entwicklungen, die im Dunkeln stattfinden und dennoch zum Licht führen. Jungfrau stellt den «Mutterleib der Zeit» dar, in dem Gottes Plan (das Mysterium und Geheimnis der Zeitalter) langsam zur Reife kommt und – am Ende der festgesetzten Zeit – mit Schmerzen und Beschwerden, durch Kampf und Konflikt – offenbar wird.

Merkur steht in diesem Zeichen erhöht, denn die Mutter wird notwendigerweise von ihrem Sohn, dem Sohn des Denkens beherrscht, der auch der Sohn Gottes ist. Sie ist die Beschützerin dieses Sohnes und verantwortlich für seine Entwicklung und die Erfahrung, die er sich allmählich aneignet. Merkur, als Bote der Götter und Werkzeug der von ihnen ausgeübten Herrschaft, ist daher der Wirkungsfaktor des dritten Aspektes (der aktiven Intelligenz) von einem Blickpunkt und des zweiten Aspektes (der Liebe-Weisheit) von einem anderen aus. Man betrachtet ihn als Verkörperung dieser beiden Aspekte des mentalen Prinzips, als Ausdrucksform des konkreten und des abstrakten Denkens Gottes. Das niedere konkrete Denkvermögen wurde im ersten Sonnensystem entwickelt; das höhere abstrakte, intuitive Denken, die reine Vernunft, entfaltet sich in diesem System. Merkur ist die Synthese von Manas-Buddhi, Denken-Weisheit, die durch die menschliche Seele zum Ausdruck kommt; Merkur beherrscht die Brücke oder die Antaḥkaraṇa. In der Jungfrau erreicht er seine volle Macht, denn Jungfrau ist Intelligenz, und der verborgene Christus ist Weisheit oder reine Vernunft.

Venus, die reine Liebe-Weisheit, fällt in diesem Zeichen in die Zeugung und steigt okkult «zur Erde herab»; sie repräsentiert sowohl die Gabe des Denkens und der Göttlichkeit, die sich im Sohn des Denkens verkörpert als auch den Abstieg des Christusprinzips in die Zeugung oder in die Materie. Jungfrau und Venus sind zusammen zwei Aspekte der Intelligenz. Das Symbol für den Abstieg des Geistes in den Leib der jungfräulichen Mutter ist uns erhalten in der astrologischen Tatsache, dass Venus in diesem Zeichen fällt; esoterisch verschwindet sie aus dem Gesichtskreis und geht in die Dunkelheit. Neptun, die Ausdrucksform des sechsten Strahls Idealistischer Devotion, wird in diesem Zeichen naturgemäß kraftlos und zugleich wird «seine Macht verringert», denn der Antrieb und Drang der Devotion und des Verlangens weichen in diesem mächtigen Zeichen den natürlichen Vorgängen der Formerschaffung und der stillen Tätigkeit, die im Mutterleib der Zeit und des Raumes vor sich geht.
Alice Bailey: Esoterische Astrologie


Die sechste Aufgabe des Herakles

Herakles & Gürtel der Hippolyte

Im Herakles-Mythos soll Herakles als sechste Aufgabe den Gürtel der Amazonenkönigin Hippolyte rauben, den kostbaren Gürtel ihres Vaters Ares. Als Herakles bei den Amazonen landete, hießen sie ihn herzlich willkommen und Hippolyte kam zum Schiff, um ihn zu begrüßen. Als sie von seiner Aufgabe hörte, versprach sie, ihm den Gürtel freiwillig zu überlassen. Aber Hera war mit dieser freiwilligen Übergabe nicht einverstanden. Um Herakles zu stoppen, mischte sie sich als Amazone verkleidet unter das Volk und verbreitete die Nachricht, er wolle Hippolyte entführen. Das wiegelte die Amazonen auf und sie griffen die Schiffe des Herakles an, um ihre Königin zu retten. Herakles ahnt nichts von Heras Intrige und tötete Hippolyte und viele ihrer besten Kriegerinnen. Neben den Sterbenden wird ihm angesichts der sterbenden Hippolyte sein schreckliches Versagen bewusst und er macht sich voller Reue auf den Heimweg.

Herakles rettet Hesione

Unterwegs sieht er ein riesiges Meeresungeheuer und hört die Hilferufe von Hesione, Tochter des Laomedon, die eben diesem Ungeheuer auf Anraten des Orakels geopfert werden sollte. Ohne zu zögern, stürzt sich Herakles ins Meer. Als er das Ungeheuer erreicht, ist Hesione bereits verschlungen. Herakles dringt durch den weit geöffneten Schlund in den Bauch des Ungeheuers ein. Dort findet er Hesione. Er nimmt sie mit seiner linken Hand und hält sie fest, während er sich mit dem Schwert in der rechten den Weg nach außen freikämpft.

So rettet er – zum Ausgleich seines Versagens – das Leben von Hesione: der Tod Hippolytes wird durch die Rettung Hesiones ausgeglichen und wieder gut gemacht.


Die zwölf Arbeiten des Herkules

Von ALICE A. BAILEY

Die sechste Arbeit

Das Ergreifen des Gürtels der Hippolyta

(Jungfrau, 22. August – 21. September)

Die Sage

Der große Eine Ratsvorsitzende rief den Lehrer, der über Herkules wachte. «Die Zeit rückt näher, sagt er. «Was macht der Menschensohn, der ein Sohn Gottes ist? Ist er bereit hinauszuzieh’n und seinen Mut mit einem Feind and’rer Art nun zu erproben? Kann er das sechste große Tor nunmehr durchschreiten?»

Der Lehrer sagte «Ja». In seinem Innern war er sich gewiss, der Jünger sei bereit zur neuen Arbeit, wenn das Wort an ihn erginge. Dies sagte er dem großen Einen in der Ratshalle des Herrn.

Sodann erging das Wort. «Erhebe dich o Herkules, durchschreite nun das sechste große Tor.» Und gleicherweise ging ein and’res Wort, doch nicht an Herkules, sondern an jene, die an den Ufern des großen Ozeans wohnten. Sie lauschten und hörten.

An jenen Ufern lebte die große Königin, die alle Frauen der damals bekannten Welt regierte. Sie waren ihre Vasallen und ihre tapf’ren Kriegerinnen. Innerhalb ihres Reiches fand sich kein einziger Mann. Nur die Frauen, um ihre Königin versammelt. Im Tempel des Mondes verrichteten sie täglich ihr Gebet und opferten dem Mars, dem Gott des Krieges.

Sie waren von ihrem jährlichen Besuch am Wohnort der Männer zurückgekehrt. Im Bereich des Tempels warteten sie auf ein Wort Hippolytas, ihrer Königin, die auf den Stufen des Hochaltars stand, den Gürtel tragend, den Venus, die Königin der Liebe, ihr gegeben hatte. Dieser Gürtel war ein Symbol, das Symbol der Einheit, die durch Ringen, Kampf und Streben erreicht wird, Symbol der Mutterschaft und des heiligen Kindes, zu dem sich alles menschliche Leben wahrhaft wendet.

«Das Wort ist ausgegangen», sagte sie. «Ein Krieger ist auf seinem Weg hierher. Sein Name ist Herkules, ein Sohn der Menschen und dennoch ein Sohn Gottes; ihm muss ich diesen Gürtel übergeben, den ich trage. Wollen wir dem Wort gehorchen, o Amazonen, oder sollen wir gegen das Wort Gottes kämpfen?» Und während sie auf ihre Worte lauschten und das Problem bedachten, kam erneut Kunde. Er sei schon da, vor seiner Zeit, und warte draußen, um den heiligen Gürtel der kämpferischen Königin sich nun zu holen.

Hinaus zu dem Sohn Gottes, der auch ein Sohn der Menschen war, trat jetzt Hippolyta, die Kriegerkönigin. Er focht und rang sogleich mit ihr und hörte nicht die schönen Worte, die sie bestrebt war ihm zu sagen. Den Gürtel, den sie ihm mit den Händen bot, die seltene Gabe des Symbols der Einheit und der Liebe, des Opfers und des Glaubens, entriss er ihr mit seinen eignen Händen. Und im Entreißen mordete er sie, und tötete damit die eine, die ihn mit dem beschenkte was er gewollt. Als bei der Sterbenden er stand, entsetzt über die eigne Tat, hörte er den Lehrer sprechen:

«Mein Sohn, warum erschlägst du was dir frommt, was nahe dir ist und teuer? Warum die Eine töten, die du liebst, die Geberin der guten Gaben, die Hüterin des Möglichen? Warum die Mutter des heiligen Kindes töten? Wieder verzeichnen wir ein Versagen. Wiederum hast du nicht verstanden. Dieser Augenblick muss wieder gutgemacht sein, ehe erneut du mir vor Augen trittst.»

Dann Schweigen. Und Herkules machte sich auf, den Heimweg anzutreten, den Gürtel fest an seine Brust gedrückt. Die Frauen ließ er trauernd und ihrer Führerin und ihrer Liebe beraubt, zurück.

Wieder kam Herkules an die Gestade des großen Ozeans. Nahe beim felsigen Strand sah er ein Ungeheuer in der Tiefe, das zwischen seinen Kiefern die arme Hesione festhielt. Ihre Schreie und Seufzer stiegen bis hoch zum Himmel und drangen an das Ohr des Herkules, der reuevoll dahinschritt, ohne auf seinen Weg zu achten. Rasch eilte er hinab, um ihr zu helfen, jedoch er kam zu spät. Sie verschwand im Höhlenrachen der Seeschlange, des Untiers von so üblem Ruf. Sich selbst vergessend, stürzte der Sohn der Menschen, der ein Sohn Gottes war, sich in die Flut, durchschnitt die Wogen und erreichte das Ungeheuer, das sich in raschem Angriff nach dem Menschen wandte und brüllend weit das Maul aufriss. Herkules stürzte sich in den roten Schlund seiner Kehle auf der Suche nach Hesione und fand sie tief im Bauch des Ungeheuers. Mit seinem linken Arm ergriff er sie und hielt sie fest. Dann bahnte er mit seinem treuen Schwert den Weg sich aus dem Bauch der Schlange in das Licht des Tages. So rettete er sie, zum Ausgleich für die frühere Tat des Todes. So ist das Leben, – eine Tat des Todes, eine Tat des Lebens – so lernen die Söhne der Menschen, die Söhne Gottes sind. Sie lernen Weisheit, Ausgleich und lernen dadurch, den Weg mit Gott zu wandeln.

Aus der Ratshalle des Herrn sah der Eine Große, der den Vorsitz führt, ihm zu. Und auch der Lehrer, der an dessen Seite wirkt, sah zu. Durch das sechste Tor ging wieder Herkules. Da er dies sah, und beides sah, den Gürtel und die Jungfrau, sprach der Lehrer und sagte:

«Die sechste Arbeit ist vollbracht. Du tötetest was dich umsorgte, was, ohne dass du’s wusstest und erkanntest die nötige Liebe und die Macht dir gab. Du hast gerettet, was dich brauchte, und so sind beide wieder eins. Denke erneut über die Wege des Lebens nach indem du die Wege des Todes bedenkst. Geh, ruhe nun mein Sohn.»

Der Tibeter


Einführung

Virgo – Jungfrau. Hevelius

Es wird gesagt, das Sternbild Jungfrau sei in mancher Hinsicht das älteste Zeichen des Tierkreises. Durch die Zeitalter versinnbildlichte die Jungfrau, sei es Lilith oder Isis, Eva oder Maria, die Weltmutter. Aber es ist Maria, die zuletzt das Kind in den Armen hält. Und in diesem Zeichen geschieht es, dass das Christusbewusstsein empfangen und während der Zeit der Schwangerschaft genährt wird, bis endlich in den Fischen, dem gegenüberliegenden Zeichen, der Welterlöser geboren wird.

Ebenso wie im Löwen ist dies eine Höhlen-Erfahrung «im Schoß der Zeit» und müsste durch Wärme, Ruhe und tiefgründige Erfahrungen und «langsame aber machtvolle Krisen» gekennzeichnet sein. Es ist ein synthetisches Zeichen. Über diesen Punkt sagt der Tibeter: «Die Symbolik des Zeichens Jungfrau betrifft das Gesamtziel der Evolution, nämlich die verborgene geistige Wirklichkeit zu behüten, zu nähren und schließlich zu offenbaren. Diese Realität verbirgt sich in jeder Form, doch ist die menschliche Formgestalt ausgerüstet und geeignet, sie in einer Weise zu offenbaren, die verschieden ist von jeder anderen Äußerungsform der Göttlichkeit; und so lässt sie dasjenige berührbar und objektiv werden, wofür der ganze Schöpfungsprozess beabsichtigt war.» (Esoterische Astrologie, S. 263)

Diese synthetische Qualität wird weiter durch die Tatsache unterstrichen, dass acht andere Zeichen (alle außer Löwe, Waage und Steinbock) vermittels ihrer planetarischen Regenten ihre Energien durch das Zeichen Jungfrau ergießen. Der Tibeter verweist auf die Tatsache, dass wir jetzt in das achte Zeichen, von Jungfrau her gerechnet, eintreten. Mit anderen Worten, in das nächste Zeichen vor dem, in welchem das Kind geboren wird und das Zeichen, in welchem viele durch Einweihungserfahrung gehen. Man muss sich daran erinnern, dass alle Menschen durch alle Zeichen wandern, – aber die im Zeichen Jungfrau geborenen, oder die es als Aszendenten haben (der östliche Punkt des Horoskops, der die Seelenabsicht des Jüngers anzeigt), werden deren spezifische Qualitäten oder Energien auf vielerlei Art entfalten, denn alle Organisationen, Künste und Wissenschaften benötigen lange Perioden mentalen Reifens und vieler Kämpfe, um neue Ideen hervorbringen zu können.

Ein anderes einzigartiges Merkmal der Jungfrau ist ihr dreifaches Symbol, das außer ihr nur noch ein Tierkreiszeichen aufweist, nämlich Skorpion. Das ist bedeutsam und es folgt daraus, dass diese beiden Zeichen mit dem «Wachsen des Christusbewusstseins verbunden sind; sie kennzeichnen kritische Punkte in der Seelenerfahrung – Punkte der Integration, an denen die Seele sich bewusst mit der Form und gleichzeitig mit dem Geist eint.» Dieser Feststellung liegt die geistige Theorie der Dreiecke zugrunde, von denen es zahlreiche gibt. Und der Tibeter fügt die folgenden großen, bedeutsamen Worte hinzu: «Nach dem Willen der Gottheit und der unabänderlichen Energie im Herzen des offenbarten Tierkreises bringen sie jene Veränderungen im Bewusstsein hervor, welche den Menschen am Ende dieses Weltenzyklus göttlich werden lassen.» Und weiter: «Es geschieht durch Vereinigen und Verschmelzen der drei planetarischen Energien mit Hilfe der menschlichen Denkfähigkeit, die auf Tierkreiseinflüsse reagiert, dass unsere Erde zu einem heiligen Planeten umgewandelt wird.» (Esoterische Astrologie, S. 499-500) Sicherlich erweitern diese Worte unsere Vision, vertiefen unser Verständnis, geben uns den Glauben an die Zukunft der Menschheit und die Kraft, geduldig mit der Gegenwart zusammenzuarbeiten.

Auslegung der Sage

Die Geschichte des Mythos erzählt, wie der große Eine erkannte, dass sich diese Aufgabe in der Tat mit einem Feind «von anderer Art» befasste. Es ist interessant, dass die beiden Aufgaben, die Herkules, obwohl er schließlich doch noch siegte, «schlecht machte», beide mit seinen polaren Gegensätzen zu tun hatten – mit Frauen! Im Widder blähte der Sieg über die menschenfressenden Stuten seine Persönlichkeit so auf, dass er im Stolz davonging und die Stuten dem Abderis (seiner Persönlichkeit) überließ, mit dem Resultat, dass sie entkamen und die Aufgabe wiederholt werden musste. «Aber Abderis lag tot.» Und bei der Aufgabe in Jungfrau erschlug er die Königin der Amazonen, obgleich sie ihm freiwillig den Gürtel darbot. Darauf musste er eine andere Jungfrau, Hesione, aus dem Bauch des Untieres retten, um das Leben, das er unnötigerweise genommen hatte, zu ersetzen.

So ist der Kampf zwischen den Geschlechtern sehr alten Ursprungs. Er ist in der Tat der Dualität der Menschheit und des Sonnensystems eingeboren. Für diese Tatsache legen unsere Scheidungsgerichte laut und deutlich ein Zeugnis ab, und auf Gleichberechtigung wird sowohl im Berufsleben als auch im Heim Anspruch erhoben. In dieser Geschichte lassen sich kleine aber wichtige Punkte erkennen, die nicht zu übersehen sind. Was trug Hippolyta zu dem Irrtum bei? Vielleicht dies: Sie bot den Gürtel der Einheit, der ihr von Venus übergeben war, dem Herkules dar, weil ihr gesagt wurde, der große Eine habe es so angeordnet; aber nicht, weil sie Einheit empfand. Tat sie es unter Zwang und ohne Liebe? Und somit starb sie. Trotzdem wird uns gesagt, dass Böses kommen muss, aber wehe dem, der Böses verursacht. Somit hatte Herkules seine geistige Mission nicht verstanden, obwohl er sein Ziel erreichte.

Wieder fragt man sich, warum die Amazonen einen jährlichen Ausfall in die Welt der Männer machten. War es um Krieg mit ihnen zu führen oder um einer Vereinigung willen, an der das Herz nicht beteiligt war? War es um neue Mitglieder für ihre männerlose Welt zu gewinnen? Gott aber, so heißt es, sieht auf das Herz.

Für strenge Moralapostel ist es vermutlich ein schockierender Gedanke, eine anerkannte Prostituierte könne moralisch einer Frau überlegen sein, die zur Prostitution noch Gotteslästerung hinzufügt, wenn sie in der Kirche ohne Liebe und ohne die Absicht zu dienen, ihr Ehegelübde ablegt, weil sie nur aus finanziellen, Sicherheits- oder gesellschaftlichen Gründen heiratet. Selten hört man eine Predigt über die Frau, die des Ehebruchs überführt war, und zu der Christus sagte: «Auch ich verdamme dich nicht. Gehe in Frieden und sündige nicht mehr.» All das scheint unterschwellig mit dem Mythos der Aufgabe in Jungfrau verwoben zu sein. Sowohl die praktische Anwendung als auch ihre kosmische und geistige Bedeutung sind überraschend. Es wird uns gesagt, «der mit Absicht zwischen den Geschlechtern geführte Krieg ist jetzt auf dem Höhepunkt.»

Diesmal sagte der Lehrer nicht einfach nur, die Aufgabe sei schlecht erfüllt worden. Er sagte ohne Doppelsinn: «Warum die Mutter des heiligen Kindes töten? Wieder verzeichnen wir ein Versagen. Wieder hast du nicht verstanden. Dieser Augenblick muss wieder gutgemacht werden, ehe erneut du mir vor Augen trittst.» Das waren strenge Worte, und wir sollten auf den Kern der Aussage achten: «Wieder hast du nicht verstanden.» In dem darauf folgenden Schweigen machte sich Herkules auf die Suche nach dem Heimweg, den Gürtel an die Brust gedrückt. Die Frauen ließ er trauernd, ihrer Führerin und Liebe beraubt, zurück.

Der Akt des Todes; dann eine Tat der Liebe, wenn Herkules unter eigener Lebensgefahr Hesione rettet und vom Lehrer wieder die Worte erntet: «Denke erneut über die Wege des Lebens nach, die sich in den Wegen des Todes widerspiegeln. Geh und ruhe, mein Sohn.» Wir übermitteln die Worte der Sage, wie sie vom Tibeter erzählt wird, weil sie sehr schön sind und ihre mantrische Kraft durch freie Wiedergabe verloren ginge.

Es ist auch zu beachten, dass die Aufgabe nicht wie in anderen Fällen dem Herkules vorher beschrieben wurde. Das Wort ging aus, aber nur in das Land wo die Königin der Amazonen in ihrer Frauenwelt herrschte, aus der alle Männer ausgeschlossen waren. Es blieb Herkules überlassen, das Wesen der Aufgabe zu verstehen – und er verstand nicht. Die Amazonen verehrten den Mond (die Form) und Mars, den Gott des Krieges; auch sie verstanden ihre wahre Funktion nicht; denn Maria wird später mit dem Mond unter ihren Füßen dargestellt und in den Armen hält sie den Einen, den wir als den Fürsten des Friedens kennen.

Die zwei Wege

Wie immer hat jeder, in welchem Zeichen er auch geboren ist, die Wahl zwischen Gut und Böse entsprechend seinem Entwicklungsstand und dem Grad seiner Empfindsamkeit. Jungfrau wird die Göttin der Tugend oder des Lasters genannt. Aber was ist die eigentliche Bedeutung von «Laster» in des Wortes ursprünglichem Sinn? «Wirkungslos machen», und das würde im Zeichen Jungfrau bedeuten, den Sinn des Zeichens zu verneinen, denn es heißt «der Christus ist für sie (die Jungfrau) der Lebenszweck». Das lateinische Wort für Tugend, Virtus, ist auf der Wortwurzel «vir» begründet, also «Stärke», «Mann». Die tiefere Bedeutung des Lasters als eines unwirksam Machens des geistigen Lebens, erinnert wieder an die Aussage in den Regeln für den Pfad: «Denn jeder muss die Nichts-Würdigkeit eines jeden kennen und dennoch weiter lieben.» Denn es scheint, dass ein «Nichtswürdiger» (nichts werter) in diesem Sinn lediglich ein engstirniger, ungebildeter Mensch ist, der über seinen eigenen, engbegrenzten Horizont hinaus nichts weiß.

Wie augenscheinlich werden doch Worte, wenn man ihrer Wurzel nachspürt, zu Hilfsmitteln für wirkliche Toleranz! Zu lange schon haben wir den Körper, das Physische, als die Wurzel allen Übels, als Prügelknaben behandelt, wo es doch nur unser engstirniges Denken, unsere verhärteten Herzen sind, die falsche Einstellungen und Gewohnheiten verursachen; der Körper ist in Wirklichkeit nur ein automatischer Reaktionsapparat, welcher der Kontrolle des inneren Menschen unterworfen ist. Ein weiterer Gedanke bietet sich in diesem Zusammenhang an, nämlich dass «Sünde» (eine Verfehlung, ein Vergehen) nur bedeutet, sich vergangen, etwas verfehlt (an etwas vorbeigelaufen zu sein), etwas falsch gemacht zu haben. So ist das «Verfehlen» des Stierauges, des «Auges der Erleuchtung», von dem im Stier die Rede ist, für den Menschensohn, der auch ein Sohn Gottes ist, eine Sünde. Wie genau diese Grundkonzepte ineinanderwirken und sich gegenseitig bestätigen, sobald wir die Komplexitäten des niederen Denkens beiseite lassen! Das Zeichen Jungfrau heißt auch «Die Göttin der zwei Wege», weil sie als das Prinzip der heiligen Mutter die Materie symbolisiert und gleichzeitig die Hüterin des Christuslebens ist.

Es ist bedeutungsvoll, dass dieses sechste Zeichen die Zahl der Aktivität der physischen Ebene trägt, die Zahl des Tieres. Dieser Gedanke hat anscheinend für viele eine schreckliche Anziehungskraft. Was es aber wirklich bedeutet: dass Jungfrau ein Symbol der Dreiheit ist (nämlich die 6 auf der physischen, 6 auf der emotionalen und 6 auf der mentalen Ebene) was absolut nichts mit der Zahl 666 zu tun hat.

Man muss im Gedächtnis behalten, dass der Löwe der König der Tiere ist. Der in diesem Zeichen Geborene erlangt schließlich die abgerundete Persönlichkeit. Aber in der Jungfrau wird der erste Schritt zur Geistigkeit getan, wird die Seele «der Sohn des Denkens» genannt; und Jungfrau wird von Merkur beherrscht, der die Energie des Denkens trägt.

In diesem Vortrag über das Zeichen Jungfrau gab A. A. B. eine höchst interessante Folge prophetischer Hinweise auf «die Jungfräuliche»:

«Denn siehe, ich will meinen Knecht, den „Spross“ kommen lassen.» (Sacharja, 3. 8) Ein Symbol der Jungfrau ist die Frau mit der Korn- oder Weizenähre oder dem Fruchtzweig in den Armen. Erinnern wir uns auch an die Prophezeiung in Jesaja, auf der unser Neues Testament beruht: «Und eine Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären», und jene Stelle in seinem Epheserbrief, wo Paulus sagt, dass wir eines Tages «zum vollen Maß der Fülle Christi» kommen werden. Ich möchte daran erinnern, dass Christus immer wieder Nachdruck auf die «neue Geburt» gelegt hat, anstatt auf das Blutopfer. Die esoterische Bedeutung ist: «Das Blut ist das Leben.» Wir nehmen immer alles zu wörtlich. Wie der alte Brauch vorüber ist, getötete Tiere auf dem Altar zu opfern, so sollte auch die Idee des Sühneopfers durch das Blut Christi endlich abgetan sein. Diese Idee entstand aus dem mittelalterlichen Schuldkomplex und der Folterung des physischen Instruments als einem Mittel, die Vorherrschaft des Geistes zu erlangen, während in Wahrheit der Körper der Seele angeglichen werden und deren Schönheit offenbaren müsste. Das ist seine Erlösung. All das ist im Zeichen Jungfrau und ihrer Aufgabe enthalten. In der Geheimlehre findet sich eine klare Darstellung der ganzen Botschaft dieses Zeichens: «Materie ist der Träger für die Manifestation der Seele auf dieser Windung der Spirale; und die Seele ist der Träger für die Offenbarung des Geistes auf einer noch höheren Windung und diese drei sind eine Dreiheit, die durch das Leben, das sie alle durchdringt, zur Synthese gebracht wird.»

Die Konstellationen und Sterne

Die drei Konstellationen dicht in der Nähe der Jungfrau sind Coma Berenice, die Mutter der Form allein; der Centaur, der auf einem Pferd reitende Mensch, oder das Pferd mit Haupt und Torso eines Menschen, das menschliche Wesen darstellend, denn der Mensch ist Tier und Gott zugleich. Das ist die niederste der Konstellationen, und es ist bemerkenswert, dass Herkules, obwohl er durch fünf Tore gegangen war, am sechsten Tor versagte und von vorn anfangen musste, um seinen Mangel an Liebe und Verständnis wieder gutzumachen. Das geschieht oft fortgeschrittenen Jüngern. Die dritte Konstellation, die eine Verheißung der Zukunft bringt, ist Bootes, «der Eine Kommende», der Erlöser in den Fischen, der die Menschheit von der Abhängigkeit der Form befreit.

Sternbild Virgo Jungfrau mit M87 „Christus-Galaxie“ während Mondfinsternis

Jungfrau selbst ist eine wie ein Kelch geformte Konstellation, von drei Hauptsternen scharf umgrenzt, der Abendmahlskelch, von dem Christus sagte: «Trinket alle daraus»; in seiner höchsten Bedeutung der heilige Gral. Der strahlendste Stern ist Spica, was «Kornähre» heißt. Christus wurde in Bethlehem geboren, das bedeutet «das Haus des Brotes». Wir sagen, «gib uns heute unser tägliches Brot», Manna, das Brot vom Himmel, oder Brot und Wein des Abendmahls. Diese Symbolik des Brotes zieht sich durch das ganze Alte und Neue Testament; und unser großes wirtschaftliches Problem bleibt auch heute noch, Brot für die Welt zu beschaffen, ein Symbol für die Nahrung für eine hungernde Welt. Brot für den Körper und Brot für jene, die nach Gerechtigkeit hungern und dürsten. All das als Teil der ernährenden Funktion der Mutter der Welt, welche die Form ernährt, aber auch das in der Form latente Christus-Bewusstsein.

Das veränderliche Kreuz und die planetarischen Regenten

Jungfrau ist der eine Balken des veränderlichen Kreuzes, mit dem gegenüberliegenden Zeichen Fische, dem luftigen Zeichen Zwillinge und dem feurigen Schützen, welche die vier Kreuzesbalken vervollständigen. Es ist das gemeinsame Kreuz jener, die sich im Prüfungsstadium befinden. Es wird wie folgt beschrieben: «Das veränderliche Kreuz ist das Kreuz des heiligen Geistes, der dritten Person der christlichen Dreieinigkeit, da es die Substanz organisiert und eine sensitive Reaktion aus der Substanz selbst hervorruft.» (Beachtet die schöne Beziehung dieser Feststellung zu der Aussage, dass Maria vom heiligen Geist überschattet wurde.) Auf diesem Kreuz erreicht der Mensch das Stadium der Ergebung und Aspiration, und bereitet sich so auf das fixe Kreuz der Jüngerschaft vor. Es ist bemerkenswert, dass «dieses veränderliche Kreuz der Persönlichkeit den darauf gekreuzigten Menschen den materiellen Zielen darbietet, damit er schließlich ihren göttlichen Zweck verstehen lernt.» Die «Sünde wider den heiligen Geist» war Gegenstand zahlreicher ungesunder Überlegungen. Der Tibeter sagt: «Der Missbrauch der Substanz und die Prostitution der Materie zu bösen Zwecken ist die Sünde gegen den heiligen Geist.» Es war diese Sünde, die größte seiner ganzen Pilgerschaft, die Herkules in Jungfrau beging, als er nicht verstand, dass die Königin der Amazonen durch Vereinigung erlöst und nicht getötet werden musste. Immer wieder betont der Tibeter die Tatsache, dass durch die Menschheit «eine Vollendung von ,Licht-Wirksamkeit» erzeugt wird, welche die Wesensäußerung des Ganzen ermöglichen wird.» Wir machen immer noch den gleichen Fehler wie Herkules, wenn wir vergessen, dass das Dreieck der Drei-Einheit ein gleichseitiges Dreieck ist, und jede seiner Seiten gleiche Wichtigkeit für das Auswirken des Plans besitzt. (Esoterische Astrologie) Nach vollständiger Individualisation im Löwen wird im Zeichen Jungfrau der erste Schritt zur Vereinigung von Geist und Materie getan, zur «Unterordnung des Formlebens unter den Willen des innewohnenden Christus.»

Die drei Regenten des Zeichens Jungfrau verbinden es, wie schon gesagt wurde, deutlich mit acht anderen Zeichen und machen es dadurch zum hervorragenden Zeichen der Synthese. Mit Jungfrau selbst haben wir hier neun Zeichen oder Energien in gegenseitiger Wechselbeziehung, die Zahl der 9 Monate der Reife des menschlichen Embryos. Wieder «wie oben so unten».

Der orthodoxe Regent des Zeichens ist Merkur, «die bewegliche Energie des Sohnes des Denkens», der Seele, der Mittler zwischen Vater und Mutter. Der esoterische Regent ist der Mond, der Vulkan verhüllt. Der Mond beherrscht die Form, und wieder werden wir daran erinnert, dass es der Wille Gottes ist, sich durch die Form zu offenbaren. Vulkan ist ein Ausdruck der Energie des ersten Strahls, während der Mond dieEnergie des vierten Strahls ausübt. Jupiter ist der hierarchische Regent, der die zweite schöpferische Hierarchie repräsentiert (göttliche Bauherren der planetarischen Manifestation der Erde) und er bringt die Energie des zweiten Strahls herein.

Der Tibeter weist darauf hin, dass Merkur, Saturn und Venus die drei Dekanate beherrschen, und er erinnert uns daran, dass ein Mensch, wenn er auf dem umgekehrten Rad des Jüngers ist (gegen den Uhrzeiger) er unter dem Einfluss von Venus in das Zeichen eintritt, während der Durchschnittsmensch es unter der Herrschaft von Merkur betritt. Das ist ein Beispiel, wie wir ein Horoskop falsch deuten können, wenn wir den Entwicklungsstand des Geborenen nicht kennen. Weltliche Astrologie ohne diese Synthese kann sehr irreführend und oberflächlich sein. Wenn sich ein Neuling erfreut darüber äußerte, wie genau sich sein Horoskop auswirke, pflegte Alice Bailey mit einem Augenzwinkern zu sagen: «Das ist schade. Denn wenn Sie über dem Solarplexus leben würden, könnte das Persönlichkeitshoroskop nicht mehr so genau stimmen.» In der Astrologie der Zukunft wird das Horoskop der Seele gestellt werden und nicht das der Persönlichkeit. Diese Warnung wird von einer positiven Feststellung des Tibeters untermauert: «Die Grundlage der astrologischen Wissenschaft ist das Ausströmen, die Übermittlung und der Empfang von Energien und deren Umwandlung in Kräfte durch die empfangende Wesenheit.» Das definiert klar und deutlich unsere Haltung bei den Vollmondmeditationen und wie wir das individuelle Horoskop anwenden sollten. «Was ich hier betonen möchte», sagt der Tibeter, «alles ist eine Frage der entwickelten Empfangsbereitschaft und Empfindsamkeit.»

Die Bedeutungen des Zeichens und seines polaren Gegensatzes

In der Meerjungfrau, der Fischgöttin, haben wir das Symbol des Einsseins von Jungfrau und dem ihr gegenüberliegenden Zeichen Fische. Immer besteht die Dualität, innewohnend ebenso in uns wie im Sonnensystem; der zweite Strahl der Sonne selbst ist eine Dualität, nämlich Liebe-Weisheit. Die Lektion für die Jungfrau-Geborenen besteht nach Dane Rudhyar in dem Buch «Gaben des Geistes» in klarem Erkennen, «dass keine Wahrheit vollständig oder auch nur wirklich ist, die nicht ihr Gegenteil mit einschließt und alles, was dazwischen geschieht.» Indem er daran erinnert, dass acht Energien durch das Zeichen Jungfrau wirken und es ein Zeichen der Synthese ist, stellt Rudhyar fest, dass Verklärung gefordert wird und nicht Umwandlung.

Die drei erforderlichen Tugenden sind Toleranz, Erbarmen und Liebe. Man wächst, indem man immer einschließlicher wird. Eine der brauchbarsten Auslegungen ist die Aussage über Toleranz, über das Wesen wahrer Toleranz, die, wie sie meistens praktiziert wird, einen Anstrich von Überheblichkeit und Herablassung hat. Rudhyar sagt: «Wahre Toleranz geht viel tiefer als die Einstellung «leben und leben lassen», die oft einen Anstrich von Streberei und egozentrischer Gleichgültigkeit gegenüber allem hat, was nicht die eigene Wahrheit ist. … Das Wort bedeutet etymologisch «ertragen». Was ertragen? Die Last der Notwendigkeit für Veränderung und Wachstum. … Die typische Beschäftigung der Jungfrau-Geborenen mit Einzelheiten der Arbeit, mit Technik, Gesundheit und Hygiene, mit analytischer Vivisektion seiner selbst und anderen, ist tatsächlich die Konzentration auf die negativen Werte der Krise. Wenn der Krise in Jungfrau positiv begegnet wird, dann wird die Substanz des Bewusstseins selbst erneuert, und mit dieser Erneuerung als Unterton geht notwendigerweise eine Neufestsetzung der Absicht vor sich.»

Den Fischen, dem gegenüberliegenden Pol wird die Schlüsselnote «Mut» zugesprochen, und das Fische-Temperament wird ein Schlachtfeld genannt, denn seine Botschaft ist Befreiung, und Freiheit muss erkämpft und verdient werden, sie kann kein Geschenk sein. Der Höhepunkt lautet: «Alle Konflikte sind absorbiert, alle Übergänge lösen sich auf in die Christus-Geburt», die der Höhepunkt der Geburt des latenten Christus-Bewusstseins im Zeichen Jungfrau ist.

Schlüsselnoten

Die Höhen und Tiefen dieser sechsten Aufgabe werden klar in den Schlüsselnoten dieses Zeichens angezeigt: Auf dem gewöhnlichen Rad geht das Gebot in folgenden Worten aus, welche die Aktivität von Jungfrau bilden: «Und das Wort sprach, „lass Materie herrschen“. Später, auf dem Rad des Jüngers, kommt die Stimme von Jungfrau selbst, und sie sagt: „Ich bin die Mutter und das Kind; ich bin Gott, ich bin Materie“.» Der Tibeter fügt hinzu: «Denkt über die Schönheit dieser Synthese und dieser Lehre nach und erkennt, dass ihr selbst das erste Wort gesagt habt als Seele, die in ferner, uralter Vergangenheit in den Mutterleib von Zeit und Raum hinabgestiegen ist. Nun ist die Zeit gekommen, da ihr, wenn ihr es wollt, eure Identität mit beiden göttlichen Aspekten verkünden könnt – mit Materie und Geist, mit der Mutter und dem Kind.» (Esoterische Astrologie). Die erste Schlüsselnote der Synthese lautet: «Christus in dir, die Hoffnung auf Herrlichkeit.»

Literatur:
Louise Huber: Die Tierkreiszeichen – Reflexionen Meditationen. API-Verlag.
Louise Huber: Tierkreis-Meditationen Jungfrau. Ebertin / Bauer Verlag
Gunda Scholdt: Praxisbuch der Esoterischen Astrologie.
Wolfgang Denzinger: Die zwölf Aufgaben des Herakles im Tierkreis. Kailash Verlag
Starfish-Blog: Jungfrau – Die Mutter und das Kind
Alice Bailey: Esoterische Astrologie Lucis Trust
Alice Bailey: Die Arbeiten des Herkules. Lucis Trust
Wikipedia: Sternbild Jungfrau

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