Das GZ als siderischer Nullpunkt

Seit fast 30 Jahren steht nachstehende Grafik1 im Brennpunkt meines Interesses. Das Galaktische Zentrum (GZ) steht ihr zufolge in einer besonderen Beziehung zum Frühlingspunkt (FP) auf 0° Widder (auch Widderpunkt genannt), dem Beginn des tropischen Zodiaks und des astronomischen Jahres.

Bruno Huber: Galaktische Dimensionen der Geschichte. Astrolog Nr. 44

Das GZ ist rund 26000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Dies entspricht in etwa der Dauer eines Präzessionszyklus von ca. 25800 Jahren, was eine enge Beziehung dieser Punkte bereits andeutet. Man könnte sich das Platonische Jahr als Erfahrungszyklus des menschlichen Bewusstseins vorstellen. Ähnlich dem Alterspunkt im Geburtshoroskop, dem Bewusstseinsfokus des Individuums, könnte der Präzessionszyklus den Fokus eines dem Einzelnen übergeordneten kollektiven, „universellen“ Bewusstseins anzeigen.

Links in der Grafik sind die Sternbilder abgebildet, die der FP im Lauf eines Präzessionszyklus (ca. 25800 Jahre) durchläuft. Sie sind der astronomischen Definition gemäß unterschiedlich groß dargestellt. Rechts kann der gleichzeitige Lauf des GZ durch den tropischen Tierkreis abgelesen werden, dessen Zeichen gleich groß sind. Auffällig ist die Rhythmik, mit der sich der FP und das GZ durch die Zeichen bewegen, denn meist durchlaufen sie gleichzeitig die Domizilzeichen eines der sieben klassischen Planeten: aktuell läuft der FP im Sternbild Fische und das GZ im Zeichen Schütze, die beide von Jupiter beherrscht werden. Vor uns liegt ein Zeitalter des Saturn mit dem FP im Sternbild Wassermann und dem GZ im Zeichen Steinbock.

Ein indischer Astrologe würde auch die Sternbilder gleich groß zeichnen. Allerdings ist man sich noch nicht einig, wo dieser siderische Kreis seinen Anfang hat, was an den verschiedenen Ayanamsha (Lahiri, Krishnamurti, Raman usw.), die in Verwendung sind, erkennbar ist. Die Vedische Astrologie ordnet den „siderischen Zeichen“ die gleichen Planeten zu wie die am tropischen Zodiak orientierte „westliche“ Astrologie. Bruno Hubers Grafik bestätigte mir, dass dies keinen Widerspruch bedeutet, denn der siderische und der tropische Tierkreis hängen offenbar enger miteinander zusammen, als Astrologen heutzutage gemeinhin bewusst ist. Das Zusammenspiel der beiden „Tierkreise“ ist erkennbar an der Bewegung des FP und des GZ durch den siderischen und tropischen Tierkreis.

Die Vedische Astrologie erkannte schon vor Jahrtausenden im Sternbild Schütze eine besondere Region. In Indien nannte man sie Mula (मूल mūla): die Wurzel, der Anfang, der Ursprung, die Basis, das Fundament. Seit dem 20. Jahrhundert weiß man, dass in dieser Region das Zentrum der Milchstraße GZ liegt.

Das GZ und der FP auf 0° Widder sind daher jeweils Nullpunkte: der FP für den tropischen Zodiak der Tierkreiszeichen, das GZ für den siderischen Zodiak der Sternbilder. Nimmt man für das GZ eine siderische Position von 0° Schütze an, liegt die Halbsumme beider Nullpunkte auf 0° Löwe/Wassermann, der Spiegelachse der Domizilherrscher beider Tierkreise!

FP + GZ im Zodiak

Die Achse 0° Löwe/Wassermann übernimmt im Zusammenspiel von FP und GZ tatsächlich eine zentrale Rolle. Es gibt zweimal eine Phase während des rund 25800 Jahre dauernden Präzessionszyklus, in welcher der Frühlingspunkt und das GZ gleichzeitig an dieser Grenze stehen. Etwa 8500 v. Chr. wechselte das GZ in das Tierkreiszeichen Löwe, während der Frühlingspunkt vom Sternbild Löwe in das Sternbild Krebs wechselte. Beide Punkte standen also auf der Grenze Löwe/Krebs. Im Jahr 4360 n. Chr. wird das GZ in das Zeichen Wassermann eintreten, während der Frühlingspunkt das Sternbild Wassermann verlassen wird, um in das Sternbild Steinbock zu wechseln. Beide Punkte stehen dann auf der Grenze Steinbock/Wassermann. Ein weiterer, auffälliger Moment: wenn das GZ im Jahr 8554 n. Chr. auf 0° Widder stehen wird, befindet sich gleichzeitig der Frühlingspunkt auf dem GZ! Dieser Moment steht in Analogie zur Rückkehr des Radix-Alterspunktes zu seinem Ausgangspunkt, dem Aszendenten. Ein kosmischer Zyklus geht aus Sicht der Erde zu Ende und ein neuer beginnt.

In Indien beobachtete man in alter Zeit aufmerksam, vor welchen Sternkonstellationen sich die Sonnenwenden (0° ♋ und ♑) und Tagundnachtgleichen (0° ♈ und ♎) des Jahres abspielten. Lange vor Hipparch erkannte man (wie später auch im Babylonischen Reich), dass es im Lauf der Jahrhunderte und Jahrtausende an diesen Tagen zu einer Verschiebung der Konstellationen (Nakshatra) kommt. In den Veden finden sich astronomische Angaben, die sich teilweise auf Beobachtungen um 6000 v. Chr. beziehen. Manche Autoren glauben sogar, in ihnen Hinweise auf astronomische Ereignisse 50000 Jahre vor unserer Zeit erkennen zu können! Das heißt, dass schon in grauer Vorzeit der Jahreslauf der Sonne mit seinen vier Eckpunkten (der tropische Zodiak) mit den Sternkonstellationen des Himmels (Nakshatra und Sternbilder) in Verbindung gebracht wurde.

Das GZ wandert vorwärts, im kosmischen Drehsinn, durch den tropischen Tierkreis, während der FP rückwärts im Uhrzeigersinn durch den siderischen Kreis der Sternbilder wandert. Die Esoterik sieht im ersteren den Weg der Evolution, während der zweite dem Weg der Involution entspricht2. Der Weg des FP entspricht der „Großen Illusion“, der machtvollen Maya, während der Weg des GZ das allmähliche Heraustreten aus dieser Illusion zeigt, in der das menschliche Bewusstsein gefangen ist.

Man kann sich die beiden Tierkreise auch als zwei Seiten einer Medaille vorstellen. Die Drehung im Uhrzeigersinn des tropischen Zodiaks ist die Vorderseite, während von hinten betrachtet der Tierkreis rückwärts zu laufen scheint!

Im ihrem Buch Einweihung beschreibt Elisabeth Haich im Kapitel Die vier Gesichter Gottes ebenfalls diese zwei Tierkreise3. Jedes Zeichen, das FP (und GZ) durchwandern, entspricht dort einem anderen „Gesicht Gottes“.

Literatur:
1Bruno Huber: Galaktische Dimensionen der Geschichte Astrolog Nr. 44 (6/1988)
2Birgit Braun: Zwei Alterspunkte: Involution und Evolution
3Elisabeth Haich: Einweihung
Srimad Bhagavatam

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