Archiv der Kategorie: Astrologie

Der Tod von Natalie Wood

Natalie Wood Radix

Dieser Tage las ich in den Nachrichten, dass 36 Jahre nach dem mysteriösen Ertrinken der Schauspielerin Natalie Wood die Behörden in Los Angeles einen neuen Autopsiebericht veröffentlicht haben. Ihm zufolge wird der bisher als Unfall eingestufte Tod nun auf „unbestimmte Ursachen“ zurückgeführt.

Diese Meldung erregt mein besonderes Interesse, denn der Zeitraum von 36 Jahren entspricht einem Halbzyklus der Altersprogression. Der Alterspunkt ist der „Bewusstseins-Fokus“. Er rückt einzelne Lebensthemen in den Brennpunkt des Bewusstseins und bietet so Gelegenheit, mehr Bewusstheit über die Themenkomplexe des aspektierten Planeten zu erlangen. Wenn 36 Jahre nach einem Erlebnis oder Ereignis etwas Besonderes geschieht, ist dies immer die beste Gelegenheit, mehr Licht in diese Angelegenheit zu bringen. Erlebt ein Kind zum Beispiel mit drei Jahren ein traumatisches Ereignis, das von ihm nicht verarbeitet werden konnte und verdrängt werden musste, bietet sich spätestens 36 Jahre später eine Gelegenheit, diese Erfahrungen wieder ins Bewusstsein zu heben, um sie dort einer Klärung und Bearbeitung zuführen zu können. Häufig geschieht dies in Form von einschneidenden, schicksalhaften Erlebnissen. Weiterlesen

Der Bundespräsident

Wahl 1. Bundespräsident

Edit 05.03.2018

Die erste Wahl des deutschen Bundespräsidenten fand am 12. September 1949 um 19.15 MEZ in der damaligen provisorischen Bundeshauptstadt Bonn statt1. Die „Machtlosigkeit“ dieses Amtes zeigt sich in der Jungfrau-Sonne am Talpunkt des 7. Hauses und Pluto im eingeschlossenen Zeichen Löwe am Talpunkt des 6. Hauses. In seine Zuständigkeit fällt in erster Linie die Repräsentation der Bundesrepublik im Ausland, im Wahlhoroskop an der Aspektfigur „Repräsent“ erkennbar (→ Vierecksfiguren). Sie erweitert das Große Talentdreieck, das eine veränderliche Motivation besitzt, zu einer viereckigen Figur mit einer fixen Motivation. Der Planet an der rot-grünen Spitze (hier Pluto) ist dabei ein neuralgischer Punkt. Weiterlesen

Triángulo dramático español-catalán

Update 26.03.2018

Die Katalonienkrise aus astro-psychologischer Sicht

Kataloniens Streben nach Unabhängigkeit von Spanien entwickelt für Außenstehende zunehmend bizarre Züge. Der Katalanische Nationalismus (Katalanismus) strebt die Anerkennung der politischen, sprachlichen und kulturellen Eigenständigkeit Kataloniens an. Während einige über die Selbstbestimmung zu einer Unabhängigkeit des katalanischen Volkes kommen wollen, streben andere lediglich eine Ausweitung der Selbstverwaltung im Rahmen des Autonomiestatuts an. Weiterlesen

Uranische Zeiten im Bundestag

Edit 26.01.2018

Christian Lindner lässt die Sondierungsgespräche für eine Jamaika-Koalition platzen, denn er sieht die Kernthemen der FDP nicht ausreichend berücksichtigt. CDU/CSU und GRÜNE sind erstaunt bis entsetzt über diesen Schritt. Nach wochenlangen Sondierungsgesprächen gelang es der FDP offenbar nicht, ihre Themen ausreichend durchzusetzen. Sie wusste sich nicht anders zu helfen, als in aller Öffentlichkeit die Reißleine zu ziehen, damit sie nicht in ein Koalitionsbündnis hineingezogen wird, das einem Verrat an ihren (neo)liberalen Werten gleichkäme. Weiterlesen

Merkels Schicksalstag

Der 20. November ist für Angela Merkel offenbar ein Schicksalstag. Am 20. November 2005 wurde sie zur Bundeskanzlerin vereidigt, elf Jahre später kündigt sie ihre erneute Kandidatur an, um exakt ein Jahr später den Rückzug der FDP (19.11.2017 kurz vor Mitternacht in Berlin) aus den Sondierungsgesprächen zu vernehmen. Weiterlesen

Dritte Saturn/GZ-Konjunktion

In zwei Wochen läuft Saturn zum dritten und letzten Mal über das Galaktische Zentrum. Im Jahr 1929 kam es bereits zu einer dreifachen Saturn/GZ-Konjunktion, zuletzt am 18. Oktober 1929, nur eine Woche vor dem Schwarzen Freitag, der zu einer weltweiten Rezession führte. Der Tag wurde durch ein Ambivalenzviereck (Waage-Vollmond Quadrat Pluto und Trigon/Sextil Saturn/GZ-Konjunktion) dominiert. Mars stand am absteigenden Mondknoten in Opposition zu Chiron und Merkur in gradgenauer Opposition zu Uranus. Weiterlesen

Frauke Petry

Verliererinnen der Woche…

… sind die AfD und Frauke Petry. Wie eigentlich behält man derart heuchelnd noch immer das innere Gleichgewicht? Wie schafft man das, jahrelang zu erzählen, die AfD sei nun endlich eine ehrliche Partei, nämlich die einzige Partei des deutschen Volkes; um in dem Moment, wenn Mandat und Bezüge gesichert sind, zu sagen: War alles nicht so gemeint, jetzt trete ich aus?
SPIEGEL-ONLINE

Fragt sich letzte Woche Klaus Brinkbäumer, Chefredakteur DER SPIEGEL.

Leider ist Frauke Petrys Geburtszeit unbekannt, aber vielleicht beantwortet das Mittagshoroskop mit den Ortshäusern ihres Geburtsortes Dresden diese Frage. Weiterlesen

Herbstäquinoktium


Schon die Sumerer und Babylonier maßen dem Himmelsäquator besondere Bedeutung bei. Sie teilten den Himmel in drei Wege ein, die Sonne, Mond und die Planeten durchlaufen: Der Weg des Anu ist die Region nahe dem Himmelsäquator, rund 17° südlich davon beginnt der Weg des Ea, und 17° nördlich des Himmelsäquators der Weg des Enlil. Die Sonne befindet sich in jedem dieser Abschnitte drei Monate lang.

Weg des Anu, Enlil und Ea

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Anneliese Michel

Diabolos, der „Durcheinanderwerfer“

Himmelsgott Aion-Uranus mit Gattin Gaia-Terra und Kindern (Wikimedia)

Uranus steht im Horoskop für die Fähigkeit, aus festgefahrenen Situationen auszubrechen. Wenn wir uns in unserem Denken und Handeln zu sehr nach altbekannten und überlieferten, sprich saturnischen Strukturen ausgerichtet haben und so in einen Engpass oder in eine Krise geraten sind, kann uns Uranus einen Ausweg aus der Krise bieten, eine neue Sicht der Dinge, eine neue Lösung. Diese Lösung bedeutet oft einen Weg ins Unbekannte und Unerforschte, und sie präsentiert sich uns in der Regel plötzlich und überraschend. Wir wachsen nicht allmählich in das Neue hinein, sondern es bricht über uns herein, und es bleibt uns nichts anderes, als diese plötzliche neue Erkenntnis schrittweise mit unserem bisherigen Leben zu verbinden, wenn wir das Neue zulassen wollen.

Uranus wirft unser fest gefügtes Leben durcheinander. Nichts ist mehr so, wie es vorher war, wenn Uranus in Aktion getreten ist. In früheren Zeiten reagierte der Mensch auf ein solches Durcheinanderwerfen ängstlich und abwehrend. Diabolos ist das griechische Wort für „Durcheinanderwerfer“. Der Teufel ist der Verwirrer und Durcheinanderwerfer. Als der Planet Uranus noch nicht entdeckt worden war, galt Saturn, die „alte Ordnung“, als Grenze unseres Sonnensystems und Weltbildes. Alles, was darüber hinausging, war unbekannt, mit Angst besetzt und für viele Menschen von dämonischer Natur. Die uranische Neuzeit hingegen mit ihrem zunehmenden Wissen ersetzte allmählich die Angst vor dem Dämon des Unbekannten durch die systematische Erforschung und Aufklärung der Natur.

Den Übergang von der alten zur neuen Welt, von einer alten Ordnung, die für die Erfordernisse der Gegenwart, der „neuen Zeit“ oder des „jüngsten Tages“ (dies ist immer der heutige Tag!) nicht mehr angemessen ist, muss die Menschheit nicht nur als kulturelle Ganzheit bewältigen. Auch jeder Einzelne muss diesen Schritt früher oder später in seinem individuellen Leben nachvollziehen. Nicht selten wird dieser Übergang als Gratwanderung erlebt. Je nach seelisch-geistiger Konstitution fällt diese dem einen leichter und dem anderen schwerer. Eine Frau, die daran zumindest von außen betrachtet scheiterte, ist Anneliese Michel.

Anneliese Michel Triple – Radix, Mondknoten- und Häuserhoroskop

Anneliese Michel starb am 1. Juli 1976 im Alter von 23 Jahren an Unterernährung und fortwährenden Selbstverletzungen nach monatelangen seelischen wie körperlichen Qualen. Sie litt vermutlich an Epilepsie, vielleicht auch an einer Psychose; sie glaubte sich selbst vom Teufel besessen. Sie aß und trank in ihren letzten Lebensmonaten fast nichts mehr und verstand sich als Sühneopfer für die Sünden der Menschen ihrer Zeit. Sie wollte sich aus der Besessenheit befreien und glaubte, die katholische Kirche böte hierfür das alleinige Hilfsmittel an: den priesterlichen Exorzismus, die Teufelsaustreibung.

Kindheit in der katholischen Provinz

Anneliese Michel wurde 1952 geboren1 und wuchs in einem kleinen fränkischen Ort in einer Familie mit streng katholischem Glauben auf. Ihr Vater Josef Michel sollte eigentlich nach dem Willen seiner Mutter Priester werden, allein seine Lateinnoten verhindern diese ihm zugedachte Berufung und er erlernt das Zimmermannshandwerk, wie sein heiliger Namenspatron und sein leiblicher Vater. Sein Weltbild ist streng dualistisch, aufgeteilt in die Mächte des Guten und des Bösen, zwischen denen der Mensch eingebettet ist. Nach traumatischen Kriegserlebnissen im atheistischen Russland, für ihn eine Ausgeburt der Hölle, der er nur dank dem Beistand der Engel und des Himmels glaubt lebend entkommen zu sein, heiratet er 1950 Anna Fürg aus dem bayerischen Leiblfing, die sein frommes und zugleich enges Weltbild teilt. Sie bringt eine uneheliche Tochter, die vier Jahre alte Martha, mit in die Ehe, weshalb sie bei der Hochzeit auch nicht mit dem weißen Schleier der Jungfräulichkeit vor den Altar tritt, sondern dem damaligen katholischen Brauch entsprechend mit einem schwarzen Schleier den Bund der Ehe eingeht. Ein Skandal in dem kleinen Ort, der gelebte Widerspruch zwischen Glaube und Wirklichkeit, der jedoch nie wirklich verarbeitet schien, wie die Geschichte der ältesten gemeinsamen Tochter zeigen wird.

Anneliese ist das erste Kind aus dieser Ehe. Die uneheliche Halbschwester wird mit acht Jahren infolge einer Nierenoperation sterben. Anneliese ist damals (05.11.1956) vier Jahre alt, der Alterspunkt steht im Sextil zum Mars und nähert sich dem Saturn in der Waage nach dem Talpunkt des 1. Hauses. Ihre ersten acht Lebensjahre werden von der katholischen Frömmigkeit der Eltern und insbesondere der Großmutter väterlicherseits geprägt, die ebenfalls im Elternhaus lebt. Der Bogen spannt sich von den Weltuntergangsängsten des Vaters hin zum religiösen Weltbild von Himmel, Hölle und dem Fegefeuer der Mutter und Großmutter. Diese Bilder verankern sich tief in der Seele des kleinen Mädchens. Tägliches Beten, vor allem des Rosenkranzes, ist ein wichtiges Ritual. Jeden Tag wird die Frühmesse besucht, denn die tägliche heilige Kommunion ist ein wichtiges Bollwerk gegen die Sünde, die das kleine Mädchen jeden Tag immer wieder aufs Neue bedrohen könnte.

Zehn Jahre später wird Anneliese in einem Brief an ihre Mutter schreiben: „Eins musst du dir merken: in den Himmel will ich kommen, mag es kosten, was es will, für den Himmel ist mir nichts zuviel.“ Diese Welt der Heiligen zu erreichen ist schwer, sie wird einem nicht geschenkt. Den breiten Weg in die Hölle kann jedoch jeder leicht gehen, und sitzt er einmal in diesem brennenden Grund, gibt es kein Entrinnen, nicht in alle Ewigkeit. Doch neben diesen in alle Ewigkeit Verlorenen gibt es auch Seelen, die im Fegefeuer, im Purgatorium sitzen und dort durch gerechte Strafen ihre Verfehlungen büßen, um doch noch rein zu werden und in den Himmel aufgenommen werden zu können. Diese „armen Seelen“ werden durch das Leiden gereinigt, und wer mit ihnen leidet, der kann diesen armen Seelen helfen.

Wie gerne möchte doch so ein kleines Mädchen mit dem Wunsch zu helfen und zu dienen, die Dinge auch für andere Menschen wieder in Ordnung bringen (Aszendent und Sonne in Jungfrau, aufsteigender Mondknoten im 6. Haus). Anneliese bringt immer wieder ein kleines Opfer hier, ein hingebungsvolles Sühnewerk da: den Verzicht auf eine Süßigkeit, eine kleine Spende vom Taschengeld in den Klingelbeutel, ein Gebet für eine arme Seele. Schließlich will sie doch in den Himmel kommen, zu all den Engeln und zum Heiland, Jesus Christus.

Die Stadt – eine fremde Welt

Von sich selbst sagt Anneliese Michel, dass sie etwa seit ihrem 13. Lebensjahr zeitweilig besessen gewesen sei. Also zeitweise nicht mehr in der Lage, ihr Leben durch ihr Tagesbewusstsein eigenverantwortlich kontrollieren zu können. In einem Brief an den Pfarrer, der den Exorzismus durchführte, schreibt sie:

”Ich heulte oft abends für mich … Von Gott fühlte ich mich irgendwie total verlassen. Damals war ich schon ziemlich umsessen. Ich wollte mich immer umbringen. Dortmals hatte ich höllische Angst, wahnsinnig zu werden vor Verzweiflung…”

Radix-AP Sommer 1964

In dieser Zeit (1964) wechselt Anneliese von der Volksschule in ihrem Heimatort Klingenberg an das Gymnasium in Aschaffenburg. Der Kontakt mit einer Außenwelt, die sich um Gott, Jesus und die Heiligen wenig kümmert, die nicht in Angst vor der ewigen Verdammnis lebt, sondern den Aufbruch der 60er Jahre spürt und mit Leben erfüllt, verunsichern das Mädchen. Der AP aspektiert das Stellium im Sextil, Uranus im Trigon und die Pluto/Mondknoten-Opposition im Quadrat und „zündet“ die Doppelte Ambivalenzfigur an, die das Aspektbild dominiert. Die spitzenscharfen Planetenstellungen des Vierecks deuten auf eine starke Prägung durch das erziehende Milieu. Die Opposition zwischen Pluto und aufsteigendem Mondknoten ist die Basis für ein harmonieorientiertes Ambivalenzdreieck (blaue Seite) und ein rotes Leistungsdreieck. Das Viereck ist statisch und zeigt einen zuverlässigen Menschen, der jedoch ein „Doppelleben“ führt: auf der einen Seite ist er ein Leistungsmensch (Quadrate), auf der anderen ein Genießer-Typ (blaue Aspekte). Er pendelt zwischen Leistung und Entspannung und wirkt auf andere und manchmal auch auf sich selbst widersprüchlich.

Pluto ist das Bild des „höheren Selbst“, die Vorstellung, wer man eines Tages sein möchte, oder wer man im Kern seines Wesens in Wahrheit ist. Pluto im Stressbereich der 12. Hausspitze ist Kennzeichen einer tiefen Religiosität und gleichzeitig des unbedingten, kompensatorischen Willens, sich mit seinem Ursprung, mit Gott zu verbinden. Dazu könnte eine außergewöhnliche, einzigartige geistige (spirituelle) Karriere verhelfen. Am absteigenden Mondknoten ist dieser Wille jedoch Ausdruck einer verhärteten Ich-Kraft, die sich in Opposition zum aufsteigenden Mondknoten der geistigen Weiterentwicklung massiv widersetzt, sie sperrt und verdrängt. Jupiter an der Spitze des roten Leistungsdreiecks wagt die Flucht nach vorn, auf der 9. Hausspitze den großen Sprung in religiöse Anschauungen. Er möchte hier besondere Leistungen vollbringen, die gleichermaßen den aufsteigenden wie auch den absteigenden Mondknoten anregen. Es wird viel getan (sprich viel gebetet), doch der Aktionismus ist oft blind für das, was wirklich vorwärts bringt in der geistigen Entwicklung und nährt so die Qualität des absteigenden Mondknotens. Das Stellium aus Saturn, Mond, Venus und Neptun an der 2. Hausspitze fordert gleichzeitig „bequeme“ Lösungen, die die innere Sicherheit nicht gefährden dürfen. Der AP im Quadrat zu Pluto und der Mondknotenachse muss mit 12 Jahren massiv an diesem engen und widersprüchlichen Weltbild gerüttelt haben. Das konnten für das junge Mädchen nur teuflische Einflüsse sein, die es mit aller Macht abzuwehren galt.

Innere Widerstände gegen die rigiden katholischen Normen sind für ein pubertierendes Mädchen eigentlich normal, sie mussten jedoch aus religiösen Motiven heraus unterdrückt und verdrängt werden, um sich und den Eltern weiter eine heile Welt vorgaukeln zu können. Der Preis ist eine zunehmende Verselbständigung dieser inneren Widerstände. Dass der strenge katholische Gott ihrer Kindheit ihr nicht dabei hilft, ihre eigene innere Mitte zu finden und ein glücklicher junger Mensch zu werden, ergibt sich zwangsläufig daraus, dass dieser kirchliche Gott weder für Zweifel an ihm Verständnis hat noch für evtl. ”Sünden” aus jugendlichem Übermut, die bei einem Jugendlichen in der Sturm-und-Drang-Zeit seines Lebens ganz natürlich sind.

1967, mit 15 Jahren, kreuzen sich der Radix- und der Mondknoten-AP (K1 auf 6° Schütze). Anneliese wird sich zunehmend des Widerspruchs bewusst zwischen der Welt draußen in der Stadt, die immer mehr aus den Fugen zu geraten droht, und dem behüteten Zuhause, in dem Gehorsam gegenüber elterlichen und kirchlichen Geboten an erster Stelle steht und Sicherheit verspricht. Doch Anneliese wagt nicht den Sprung in diese neue Welt.

Mondknotenhoroskop

Im Mondknotenhoroskop, dem „karmischen Resonanzkörper“, ist das Aspektbild wesentlich reduzierter als in der Radix und füllt hauptsächlich die rechte Horoskophälfte aus. Ihr Unbewusstes ist damit wesentlich mehr DU-orientiert, als die Radix hätte vermuten lassen. Jupiter, Pluto und das Stellium stehen wie in der Radix an Hausspitzen. Sie wurden in erster Linie von Umwelteinflüssen geprägt und weniger vom inneren Zugang zur spirituellen Wirklichkeit des inneren Kreises, wie es eine Stellung am Talpunkt nahelegen würde. In der Radix stehen diese Planeten in Aspekt zum aufsteigenden Mondknoten und sollen dazu genutzt werden, dessen Anreize zur geistigen Weiterentwicklung zu nutzen. Im Wassermann soll im Denken Ordnung geschaffen werden (fixe Luft). Über Konflikte gilt es tiefgründig nachzudenken, um zu einer klaren Konzeption zu gelangen. Es soll eine bessere, ideale Ordnung hergestellt werden. Eine tolerante, leidenschaftslose Sicht auf den Menschen unterstützt diesen Prozess. Auf der 6. Hausspitze gilt es, sich der Realität, der irdischen Existenz mit all ihren Konflikten zu stellen durch persönlichen Einsatz, Hingabe, und Arbeit an seinen eigenen Fähigkeiten der Existenzbewältigung. Es wäre für Anneliese Michel darum gegangen, ein neues Verhältnis zwischen irdischer (6. Haus) und geistiger (12. Haus) Existenz zu finden. Genau das geschah jedoch nicht, Pluto am absteigenden Mondknoten war zu mächtig und betonte den Weg der Stagnation.

Als Anneliese zu Hause von den Rauschgiftabhängigen am Aschaffenburger Bahnhof erzählt, die man retten könne, wenn man für sie bete und etwas für sie tue, wehrt der Vater ab und verbietet ihr, solche Gedanken zu denken, denn „sie sei nicht so fest und das sei für sie nicht gut“². Anneliese betet trotzdem für die „Haschbrüder“, schläft sogar drei Jahre lang als Bußübung auf dem Fußboden. Sinnvoller wäre sowohl für sie als auch die jungen Menschen am Bahnhof gewesen, wenn ihre Hilfe sich mehr irdischer Methoden bedient hätte, wie sie im 6. Haus erlernt werden, und nicht „geistiger Ressourcen“, die das 12. Haus anbietet. Diese Situation ist typisch für die Opposition von Pluto und aufsteigendem Mondknoten auf der Existenzachse. Jupiters Lösungsansatz – „viel beten“ – war zu kurz gegriffen.

Anneliese traut sich den radikalen Protest gegen ihr Elternhaus offensichtlich nicht zu. Sie versucht es mit stillem Ungehorsam, bleibt jedoch im engen Weltbild der Eltern verhaftet, das für sie zu klein wird. Ob der erste Krampfanfall im September 1968 ein Symptom der „steckengebliebenen Revolte“ war? Uranus lief in dieser Zeit über ihre Sonne, während Pluto den Aszendenten überquerte. Die geistigen Planeten riefen förmlich nach Umkehr, nach wahrer Buße, die im Grunde fordert, falsche Ich-Ansprüche und zur Schau gestellte Frömmigkeit abzulegen, um wahrhaft bescheiden zu werden. In der Nacht zum 25. August 1969 wiederholt sich der Krampfanfall. Der Arzt verordnet ein Epilepsie-Medikament, das Anneliese jedoch nach drei Monaten ohne Rücksprache mit dem Arzt wieder absetzt. Im Februar 1970 tritt sie aufgrund einer Tuberkulose-Erkrankung eine sechsmonatige Kur in einer Lungenheilklinik an und erleidet dort wieder einen kleinen epileptischen Anfall. Den Ärzten erzählte sie bei der Aufnahme in die Klinik nichts vom Epilepsie-Verdacht.

Während des langen Klinikaufenthaltes macht sich die Siebzehnjährige Gedanken über ihre Zukunft. Ihre Zukunft sieht sie im Schoß der katholischen Kirche. Sollte sie das Abitur schaffen, will sie Lehrerin werden. Schafft sie es nicht, will sie Katechetin (Religionslehrerin) werden. Dies hatte sie im Gebet „mit der Muttergottes ausgemacht“, sich dabei der göttlichen Fügung überlassend.²

Zurück in Klingenberg muss sie erkennen, dass sich nichts verändert und sie weiterhin von Versagensängsten und Suizidgedanken geplagt wird. Aufgrund des langen Klinikaufenthaltes wurde sie nicht in die nächste Klassenstufe versetzt und musste das Jahr wiederholen. Sie war nun zwei Jahre älter als die anderen Schüler und fühlte sich zunehmend isoliert. Gerne hätte sie in den nächsten Sommerferien an einer Ferienfreizeit für Jugendliche teilgenommen, doch die Eltern hätten dies nicht erlaubt. Sie entschied sich deshalb im Sommer 1972 für einen Ferienjob im Krankenhaus. Die Mutter versucht, ihr diese Idee auszureden, weil sie ihre Tochter für zu wenig belastbar hält, doch Anneliese setzt sich durch (AP-Ingress Steinbock). Tatsächlich ist sie der ungewohnten Arbeitsbelastung jedoch nicht gewachsen und muss erkennen, dass ihre Pläne gescheitert sind. Am Ende dieses Sommers sitzt sie wegen erneuter epileptischer Anfälle in der Praxis ihres Nervenarztes.

AP-Biografie 3. Haus (12 bis 18 Jahre)

Anneliese ist inzwischen 20 Jahre alt. Sie wurde seit ihrer Kindheit immer wieder von Krankheiten befallen. Doch die Ursache der immer wieder auftretenden Krampfanfälle konnte vom behandelnden Nervenarzt nicht eindeutig als Epilepsie diagnostiziert werden, denn das EEG war immer unauffällig. Dennoch verordnete er ein Epilepsie-Medikament, welches Anneliese jedoch nicht regelmäßig eingenommen hat. In ihrem letzten Schuljahr verschlechtert sich Annelieses Zustand massiv. Das Abitur fordert höchste Kraftanstrengungen.

Der Teufel

Nach der bestandenen Abiturprüfung (8. Juni 1973) schickt der Vater seine vier Töchter auf eine Pilgerfahrt nach San Damiano im Norden Italiens. Den Ort hatte er im Frühjahr besucht, um sich von der Heilkraft der dortigen Quelle zu überzeugen. Die Muttergottes, an die sich Anneliese in ihren Gebeten immer wieder gewandt hatte, soll dort erschienen sein. Als die Töchter nach Hause zurückkehren, wendet sich die Leiterin der Pilgerfahrt, Thea Hein, an die Eltern und äußert den Verdacht, Anneliese könnte vom Teufel besessen sein. Sie benahm sich am Pilgerort höchst seltsam, verweigerte das Wasser aus der Heilquelle als nicht trinkbar, weil es zu sehr stinke. Eine wundertätige Medaille will sie Frau Hein am liebsten vom Hals reißen, weil sie sonst nicht mehr atmen könne. Dabei zittert sie und verkrampft sich. Als die Leiterin den Teufel als Ursache vermutet, richtet sie ihren Rosenkranz auf Anneliese und beschwört sie „im Namen der Dreifaltigkeit“, die Medaille loszulassen. Anneliese kann jedoch nicht loslassen. Später führt Thea Hein ein seelsorgerliches Gespräch mit Anneliese, die bekennt: „Ich bin nicht ich selbst. Ich kann nicht machen, was ich will.“ Sie spricht offen über ihre Schuldgefühle: „Ich habe schwer gegen Gott und die Liebe gesündigt. Oh, wenn Sie wüssten, was ich gegen Gott getan habe“. Die Leiterin empfiehlt ihr die vollständige Beichte, doch Anneliese kann nicht beichten. Wenn sie beten will, „stehen mehrere Teufel um mich herum“.

AP 8. Juni 1973 (Abitur)

Der Radix-AP steht in dieser entscheidenden Zeit in Konjunktion mit Chiron, der Mondknoten-AP im Sextil zu Chiron. Der Asteroid ist im 4. Haus auf 6° Steinbock vom restlichen Aspektbild losgelöst. Doch da beide Alterspunkte den „verwundeten Heiler“ ins Bewusstsein heben, könnte es mit Chiron in diesem Horoskop eine besondere Bewandtnis haben. Sehr häufig konzentrieren sich Astrologen in ihrer Deutung Chirons auf das Thema Verletzung, Verwundung und Ausgrenzung. Es gibt jedoch auch eine andere, aus meiner Sicht wichtigere Seite Chirons: er ist im Mythos Vorbild („der Beste“ seiner Gattung der Kentauren). Er ist Lehrer vieler Heldenfiguren. Heute würde man ihn einen Coach nennen, der durch seine Herkunft Zugang sowohl zu den Menschen als auch zu den Göttern hatte. Und Chiron war ein Außenseiter. Jesus Christus besitzt einige Parallelen zum Chiron-Mythos, der heutzutage vor allem für seine Kreuzigung, sein Leiden und seine Schmerzen verehrt wird, so dass seine eigentliche Botschaft der bedingungslosen Nächstenliebe in den Hintergrund getreten ist. Dies ist jedoch nur eine Hälfte der Ganzheit Chiron und Jesus Christus. Möglicherweise hätte Anneliese spätestens mit dem bestandenen Abitur sich von ihrer Familie abnabeln und wie Jesus „in die Wüste“ oder wie Chiron „in eine Höhle“ zurückziehen müssen, um dort in der Stille (ohne Einflüsterungen der Außenwelt) den wahren Christus zu finden. Chirons Umlaufbahn um die Sonne verbindet die Bahnen des Saturn mit der des Uranus. Er ist die Brücke, die die alte mit der neuen Ordnung verbindet.

Doch Anneliese befindet sich inzwischen in einem hoffnungslosen Zustand. In Thea Heins „Diagnose“ konnte sie sich besser wiederfinden als im Epilepsie-Verdacht ihres Nervenarztes. Im September 1973 wird sie ihn ein letztes Mal aufsuchen und über Schlafstörungen, mangelndes Interesse und fehlende Entscheidungskraft berichten. Aber auch von Fratzen, die sie öfter sehe und dass der Teufel in ihr sei. Der Mediziner hat den Verdacht einer beginnenden paranoiden Psychose, doch Anneliese fühlt sich von ihm missverstanden und erkennt, dass er ihr nicht helfen kann. Sie sucht seine Sprechstunde nicht mehr auf und geht nach Würzburg, um dort ihr Studium der Religionspädagogik aufzunehmen. Der Biograph Udo Wolff sieht diesen letzten Arztbesuch als Schlüsselmoment für das Verhängnis, das nun seinen Lauf nehmen und dem sich niemand in den Weg stellen wird. „Nur ein Psychologe, der auch offen ist für eine religiöse Sicht des Menschen, hätte Anneliese vielleicht helfen und sie vor dem nun beginnenden Weg in den Tod bewahren können.“2

Auch die Eltern sind inzwischen von der Besessenheit ihrer ältesten Tochter überzeugt. Jedes ungewöhnliche Geräusch, jeder unangenehme Geruch, jedes kleine Vorkommnis könnte seine Ursache in der Besessenheit der Tochter haben, denn jetzt lebt ja der leibhaftige Teufel im Hause Michel! Die Eltern beten verzweifelt den Rosenkranz, suchen Hilfe bei diversen Priestern. Thea Hein nimmt Ende Juli 1973 Kontakt zu Pater Adolf Rodewyk auf, dessen Buch „Dämonische Besessenheit heute“ sie beeindruckt hatte und schildert ihm Annelieses Fall. Natürlich hat er einen „begründeten Verdacht auf Besessenheit“. So beginnt das Denk-Karussell, in dem sich Anneliese, die Familie Michel und nicht zuletzt Thea Hein inzwischen befinden, immer schneller um die Idee der Besessenheit Annelieses zu drehen. Eine Irrfahrt in der katholischen Geisterbahn, die geradewegs in den Abgrund führen wird.

AP 4. Haus (18 bis 24 Jahre)

In Würzburg sucht Anneliese erneut ärztlichen Rat. Eltern und Priester legen ihr immer wieder nahe, dies zu tun. Vielleicht findet sich ja doch noch eine andere Ursache für Annelieses Ängste, Depressionen und Wahnvorstellungen. Im EEG finden sich nun tatsächlich Hinweise auf eine Epilepsie. Doch inzwischen glaubt Anneliese und ihre Familie, dies sei eine Folge des Epilepsiemedikaments, das sie eingenommen hatte. Auch gruppentherapeutische Sitzungen, an denen Anneliese einige Male teilgenommen hat, bricht sie ab: „Das ist nichts für mich. Ich bin doch nicht verrückt!“ In der Therapie werden vor allem verdrängte Aspekte der Sexualität und der Familiengeschichte behandelt. Dem Thema weicht Anneliese konsequent aus und flüchtet sich in religiöse Deutungen ihrer Probleme. Vor einem neuerlichen Krankenhausaufenthalt entwickelt sie eine regelrechte Phobie. Vor allem der Gedanke, als verrückt abgestempelt in der Psychiatrie zu landen, ist für sie unerträglich. Die Diagnose Besessenheit ist für Anneliese und ihre Familie offenbar akzeptabler, vielleicht sogar „attraktiver“, als eine zwar unheilbare, aber dennoch therapierbare neurologische Krankheit. „Heilung“ wird schließlich in einem katholischen Exorzismus gesucht.

Der Exorzismus

Exorzismen haben eine Jahrtausende alte Tradition. Dämonen werden dabei durch Beschwörungsrituale ausgetrieben. Voraussetzung ist eine Besessenheit. Der katholische Exorzismus beruft sich auf die Heilige Schrift, die Jesus immer wieder als Heiler der Kranken und Besessenen beschreibt. Er war ein Dämonenaustreiber. Was verstanden die Menschen damals unter Besessenheit? Liest man sich die Bibel durch, müssen damals sehr viele Menschen unter Besessenheit gelitten haben. Die geschilderten Symptome ähneln oft Zuständen, die heute als psychische oder psychosomatische Krankheiten diagnostiziert werden.

In der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD 10) findet sich tatsächlich der Begriff der Besessenheit.

F44.3 Trance- und Besessenheitszustände

Bei diesen Störungen tritt ein zeitweiliger Verlust der persönlichen Identität und der vollständigen Wahrnehmung der Umgebung auf; in einigen Fällen verhält sich der Mensch so, als ob er von einer anderen Persönlichkeit, einem Geist, einer Gottheit oder einer „Kraft“ beherrscht wird.

Hier sind nur Trancezustände zu klassifizieren, die unfreiwillig oder ungewollt sind, und die außerhalb von religiösen oder kulturell akzeptierten Situationen auftreten.

Hier dürfen keine Trancezustände diagnostiziert werden, die während schizophrener oder akuter Psychosen mit Halluzinationen oder Wahn oder im Rahmen einer multiplen Persönlichkeit auftreten. Diese Kategorie ist nicht zu verwenden, wenn der Trancezustand mit einer körperlichen Krankheit (wie etwa Temporallappenepilepsie oder einer Kopfverletzung) oder mit einer Intoxikation durch psychotrope Substanzen in Zusammenhang steht.

Es wird damit auch von der aufgeklärten Medizin die Besessenheit als Phänomen anerkannt, sofern es sich nicht um Symptome einer diagnostizierbaren Störung (Schizophrenie, Epilepsie, etc.) handelt. Da bei Anneliese Michel ein Epilepsieverdacht bestand, kann von einer medizinischen Ursache für ihre Wahnvorstellungen ausgegangen werden.

Was unterscheidet „echte“ Besessenheit von psychischen Störungen wie Hysterie, Schizophrenie, Paranoia oder einer Multiplen Persönlichkeitsstörung? In ihrem Rituale Romanum von 1614 nannte die katholische Kirche vor allem drei Kennzeichen:

„Ein wirklich Besessener kann

  • mehrere Wörter in einer ihm fremden Sprache sprechen oder jemanden verstehen, der sie spricht;
  • Entferntes und Verborgenes offenbaren; und
  • Kräfte zeigen, die über sein Alter und seine körperliche Konstitution hinausgehen.“

Aus dem Katechismus der Katholischen Kirche:

1673 Wenn die Kirche öffentlich und autoritativ im Namen Jesu Christi darum betet, dass eine Person oder ein Gegenstand vor der Macht des bösen Feindes beschützt und seiner Herrschaft entrissen wird, spricht man von einem Exorzismus. Jesus hat solche Gebete vollzogen [Vgl. Mk 1,25—26]; von ihm hat die Kirche Vollmacht und Auftrag, Exorzismen vorzunehmen [Vgl. Mk 3,15; 6,7.13; 16,17.]. In einfacher Form wird der Exorzismus bei der Feier der Taufe vollzogen. Der feierliche, so genannte Große Exorzismus darf nur von einem Priester und nur mit Erlaubnis des Bischofs vorgenommen werden. Man muss dabei klug vorgehen und sich streng an die von der Kirche aufgestellten Regeln halten. Der Exorzismus dient dazu, Dämonen auszutreiben oder vom Einfluss von Dämonen zu befreien und zwar kraft der geistigen Autorität, die Jesus seiner Kirche anvertraut hat. Etwas ganz anderes sind Krankheiten, vor allem psychischer Art; solche zu behandeln ist Sache der ärztlichen Heilkunde. Folglich ist es wichtig, dass man, bevor man einen Exorzismus feiert, sich Gewissheit darüber verschafft, dass es sich wirklich um die Gegenwart des bösen Feindes und nicht um eine Krankheit handelt.
www.kathpedia.com

Die katholischen Priester jedoch, die von Thea Hein und den Eltern zu Annelieses Problemen befragt wurden, ignorierten den Verdacht auf eine Erkrankung an Epilepsie.

AP Beginn des Exorzismus

Im Verlauf des katholischen Exorzismus werden nach einem festgelegten Ritual eine ganze Reihe von Gebeten, Orationen, Versikeln und kultischen Handlungen von einem dazu befugten Priester in Gegenwart der Besessenen durchgeführt. Mit ihnen soll der Dämon zum Verlassen des Körpers gezwungen werden. Anneliese Michel wurde am 1. Juli 1975 einem ersten Probeexorzismus unterzogen, dem Anfang August ein kleinerer Exorzismus folgte, nachdem der durchführende Pfarrer Alt zwar eine Einweisung in eine Nervenklinik empfahl, was Anneliese und ihre Eltern jedoch ablehnten. Im September 1975 ordnete Bischof Stangl schließlich den Großen Exorzismus nach dem Rituale Romanum an, dessen erste Sitzung am 24. September 1975 im Hause Michel in Klingenberg stattfand. In jenem Sommer stand der Radix-AP in Opposition zum Uranus und im Quadrat zum Stellium auf der 2. Hausspitze. Es wurde im Grunde versucht, Annelieses Uranus auszutreiben! Er hatte keinen Platz in der Welt der Familie Michel, er wurde ausgesperrt (Opposition als Sperr-Aspekt). Er war das personifizierte Böse. Dabei wäre er für Anneliese aus astrologischer Sicht die Rettung gewesen.

Bis zu Annelieses Tod am 1. Juli 1976 fanden 67 solcher Exorzismus-Sitzungen statt, in deren Verlauf sich ihr körperlicher und seelischer Zustand zusehends verschlechterte. Die Fastenzeit ab Aschermittwoch 1976 nahm sie so ernst, dass sie die Nahrungsaufnahme gänzlich verweigerte (AP-Quadrat Venus). In einer Vision schaute sie Jesus Christus, dem sie als ihrem himmlischen Bräutigam Treue bis in den Tod schwor. In der Karwoche (April 1976) erlebt sie die Leidensstationen Christi nach. Der AP steht nun im Quincunx zu Pluto, dem Ideal des göttlichen Menschen. Die Sehnsucht nach Gott wird ungemein intensiv und immer zwanghafter.

Der Tod

Transite Tod

In der Nacht ihres Todes lief der Mond über Pluto am absteigenden Mondknoten und aktualisierte ein letztes Mal dieses herausfordernde Thema. Transit-Merkur stand im Sextil dazu. Transit-Jupiter kehrte zum zweiten Mal an seine Radixstelle zurück und wiederholte das Leistungsdreieck zur Mondknotenachse mit Pluto. Ob all das Beten sie erlösen konnte? Als der Transit-Mond exakt auf dem Radix-Pluto stand, ging im Osten gerade Merkur auf, der Herrscher ihres Geburts-Aszendenten, und gegenüber das Galaktische Zentrum unter. Es ist gut möglich, dass dies der Moment ihres Todes war.

Im späteren Prozess wurden die Eltern und die beiden Priester, die den Exorzismus durchführten, jeweils zu einer sechsmonatigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Das Gericht warf ihnen vor, sie hätten für medizinische Hilfe sorgen und einen Arzt hinzuziehen müssen. Zugunsten der Angeklagten sah das Gericht eine erhebliche Verminderung der Einsichtsfähigkeit, da diese „unumstößlich an die personale Existenz des Teufels glaubten“, was zu einer verminderten Schuldfähigkeit geführt habe. Zur Frage einer Besessenheit Anneliese Michels äußerte sich das Gericht in der schriftlichen Urteilsfassung nicht.


1 Die Geburtsdaten (von der Mutter persönlich) fand ich vor rund fünfzehn Jahren auf einer deutschsprachigen Homepage, die inzwischen nicht mehr erreichbar ist.
2 Udo Wolff: Das bricht dem Bischof das Kreuz. rororo TB

© B. Braun (2017)

Bundestagswahl 2017

Update 25.09.2017

Am 24. September 2017 wird ein neuer Bundestag gewählt. Für die „Titelverteidigerin“ Angela Merkel sind die Geburtsdaten bekannt (17.07.1954, 18:00 MEZ, Hamburg), die sich in vergangenen Solarhoroskopen für mich als zutreffend herausgestellt haben. Von Herausforderer Martin Schulz fehlt die Uhrzeit. Ich muss mich daher mit dem Mittagshoroskop behelfen (20.12.1955, 12:00 MEZ, Hehlrath). Weiterlesen

Sonnenfinsternis am 21. August 2017

Die kommende Sonnenfinsternis wird für die USA eine besondere Bedeutung haben, denn ihr Kernschatten wandert durch mehre Bundesstaaten der USA. Sie ist im Saroszyklus 145 die Nachfolgerin der Finsternis vom 11. August 1999, deren Totalitätszone Mitteleuropa überquerte. Die Finsternis wird sich in der Hauptstadt Washington DC am Talpunkt des 9. Hauses abspielen. Der Neumond auf 28°52‘ Löwe bildet nur zwei Trigone zu Uranus im Widder (TP 5) und Saturn in Schütze (TP 1), der auf die dritte und letzte Konjunktion mit dem Galaktischen Zentrum zuläuft. Es entsteht ein Großes Talentdreieck zwischen Neumond, Uranus und dem GZ. Uranus steht gleichzeitig in Konjunktion mit der Andromeda-Galaxie (M31) und in Opposition zum Shapley Superhaufen (SCl 124). Weiterlesen

Brigitte & Emmanuel Macron

Die 24 Jahre Altersunterschied, die das Ehepaar Melania und Donald Trump trennen, sind heutzutage höchstens noch eine Randnotiz wert, denn es ist ein gängiges Klischee, dass vermögende ältere Herren sich selbst und ihr Leben mit attraktiven jungen Frauen verschönern. Im Vergleich dazu ist der gleich große Altersunterschied zwischen Emmanuel Macron und seiner Frau Brigitte eine kleine Sensation, denn er ist 24 Jahre jünger als sie. Weiterlesen

Das GZ als siderischer Nullpunkt

Seit fast 30 Jahren steht nachstehende Grafik1 im Brennpunkt meines Interesses. Das Galaktische Zentrum (GZ) steht ihr zufolge in einer besonderen Beziehung zum Frühlingspunkt (FP) auf 0° Widder (auch Widderpunkt genannt), dem Beginn des tropischen Zodiaks und des astronomischen Jahres.

Bruno Huber: Galaktische Dimensionen der Geschichte. Astrolog Nr. 44

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Neptun/Pluto Konjunktion Uranus

Die geistigen Planeten wurden erst in der Neuzeit entdeckt. Sie erschließen sich dem Menschen nicht mit bloßem Auge, sondern er benötigt technische Hilfsmittel, um sie erkennen zu können.

Die Konjunktionen von Neptun und Pluto folgen einem Zyklus von annähernd 500 Jahren Dauer. Die letzte Konjunktion ereignete sich vor 125 Jahren. Die kulturhistorischen Entwicklungen der letzten fünftausend Jahre im Spiegel der Konjunktionen zwischen Neptun und Pluto wurden bereits mehrfach thematisiert (zuletzt im Meridian 2/2017: Der Neptun-Pluto-Zyklus von Anne C. Schneider).

577 v. Chr.

Die Konjunktion des Jahres 577 v. Chr. hatte eine Besonderheit, denn Uranus stand damals nur viereinhalb Grade entfernt. Es ereignete sich eine „große“ Konjunktion von Uranus mit Neptun und Pluto im Zeichen Stier. Das Zeichen kann man sich in diesen Jahren durch die Anwesenheit von drei geistigen Planeten mit einer außerordentlichen geistigen Potenz aufgeladen vorstellen. Wird schon eine Konjunktion von Uranus mit Neptun oder mit Pluto als äußerst intensiv und machtvoll erlebt, bedeutet eine enge Konjunktion aller drei geistigen Planeten eine enorme Verstärkung, denn sie beherrschen als kollektive Archetypen den Geist der jeweiligen Zeit und prägen das Bewusstsein der Menschheit unter Umständen für Jahrtausende. Weiterlesen

AfD – Solar 2017

Für die Partei sind mittlerweile zwei Uhrzeiten in Umlauf. Gegründet wurde die Partei am 16. April 2013 in Berlin. Um 11.10 Uhr wurde die Satzung angenommen, um 16.47 Uhr wurden die Wahlergebnisse der ersten Vorstandswahl bekanntgegeben.

Eine Möglichkeit, diese Zeiten zu überprüfen, bietet das Solarhoroskop. Gestern, am 22. April 2017, stellte Frauke Petry auf dem Bundesparteitag in Köln einen „Zukunftsantrag“, um die Partei mehr in die „bürgerliche Mitte“ zu rücken und damit koalitionsfähiger zu machen. Der Antrag wurde abgelehnt. Weiterlesen

Vincent van Gogh

„Feuer in der Seele“

„Wenn man wachsen will,
dann muss man sich in die Erde senken.“
Vincent van Gogh

Der Ausdruckswert der Farbe bestimmt die Malerei des Niederländers Vincent van Gogh. Sie ist für ihn ein Mittel, seiner persönlichen Sicht der Welt auf leidenschaftliche und expressive Art und Weise Ausdruck zu verleihen. Wer kennt nicht seine farbenprächtigen und lichtintensiven Bilder – Sternennacht, Sonnenblumen, Kirche von Auvers? Zu Lebzeiten konnte er nur sehr wenige seiner Bilder verkaufen und war stets auf die finanzielle Unterstützung durch seinen Bruder Theo angewiesen. Heute ist jedes seiner Gemälde Millionen wert.

In seinem kurzen Leben – van Gogh wurde nur 37 Jahre alt – schuf er über 800 Bilder, die Mehrzahl davon in seinen letzten zehn Lebensjahren. Doch sein Leben scheint zunächst ein einziger Misserfolg zu sein. Er war weder in der Lage zu heiraten und eine eigene Familie zu gründen, noch seinen Lebensunterhalt selbständig zu bestreiten. Als Sonderling und eigensinniger Mensch gelang es ihm nicht, dauerhafte Freundschaften zu schließen oder ständigen Kontakt zu anderen Menschen zu pflegen. In allem, was der Welt damals wichtig schien, versagte er: Beruf, Familie, gesellschaftliche Position. Wer sollte damals ahnen, dass er nach seinem Tod als ein Genie gefeiert werden würde?

Vincent van Gogh war aber nicht nur Künstler, er fühlte sich auch sehr zu Natur und Religion hingezogen. Ursprünglich wollte er Prediger werden und den Ärmsten der Armen das Evangelium verkünden. In seinen letzten Lebensjahren gelang es ihm schließlich, Kunst und Religion auf ganz individuelle Weise zu verbinden. In seinen Bildern können wir immer wieder Hinweise auf und auch Zugänge zu dem finden, was im Innersten alle Wesen verbindet. Sein Anliegen war es, „das Leben“ in den Dingen zu erfassen und zum Ausdruck zu bringen.

Die Familie van Gogh

Die direkten Vorfahren van Goghs – in erster Linie Pastoren, Theologen, aber auch Kunsthändler und Künstler – können bis in das 17. Jahrhundert zurückverfolgt werden. In seiner Ahnenreihe traten außerdem Fälle von Epilepsie und anderen „Geisteskrankheiten“ auf. So erkrankte eine Tante an Epilepsie, und van Goghs jüngste Schwester „verlor den Verstand“ und verbrachte ihr Leben in einer Nervenheilanstalt.

Die Eltern – der protestantische Pfarrer Theodorus van Gogh (1822-1885) und die Tochter eines Hofbuchbinders Anna Cornelia Carbentus (1819-1907) – heiraten im Jahre 1851. Der Vater Theodorus folgt seiner religiösen Berufung, muss sich aber aufgrund seiner mangelnden Begabung zum Prediger stets mit kleinen Gemeinden zufriedengeben. Seinen Gemeindemitgliedern erscheint er stets sanftmütig und voller Demut. Seine Familie, vor allem Vincent, erlebt ihn aber auch als starr- und eigensinnig, cholerisch-aufbrausend mit engstirnigen Ansichten. Die Mutter Anna Cornelia hingegen ist naturverbunden, sie hat einen gewissen Sinn für Kunst und auch ein gutes sprachliches Ausdrucksvermögen.

Das erste Kind des Ehepaares – Vincent Willem – kommt am 30. März 1852 als Totgeburt zur Welt. Dieser Schicksalsschlag bedeutet einen großen Schmerz für den Pastor und seine Frau. Doch auf den Tag genau ein Jahr später – am 30. März 1853 um 11.00 Uhr – schenkt Anna Cornelia einem zweiten Sohn das Leben, der nun denselben Namen erhält wie das erste, totgeborene Kind: Vincent Willem. Ein dunkler Start ins Leben im Schatten des toten Bruders.

Eine differenzierte Betrachtung des Alterspunktes sowie des Häuserhoroskopes weist auf eine mögliche exakte Geburtszeit von 11h03m30s Uhr hin, auf der die nachfolgenden Ausführungen basieren.

Die drei Horoskope

Schauen wir in Vincents Grundhoroskop, erkennen wir zunächst die viereckige Form des Aspektbildes, aber auch zwei Strichfiguren: Saturn an den Mond angehängt durch ein Quincunx und die losgelöste grüne Strich-Figur Sonne/Uranus/Neptun. Der Schwerpunkt liegt oben im Individualraum – allein im 10. Haus versammeln sich sieben Planeten. Bei den Aspektfarben überwiegen Grün und Rot – eine nervös-gespannte Bewusstseinshaltung, ständig auf der Suche, auf dem Sprung, mit dem Streben nach Individualität, Unabhängigkeit und Eigenständigkeit.

Vincent van Gogh Triple

Viele Aspektlinien laufen auf die Mond/Jupiter-Konjunktion am absteigenden Mondknoten im Schatten der 6. Häuserspitze zu – sie scheinen den Weg rückwärts in die Vergangenheit, zu den Vorfahren zu betonen. Die Mehrzahl der Planeten im Individualraum deuten auf eine bewusste Auseinandersetzung mit dem Leben und dessen Aufgaben und Problemen. Es geht darum zu wissen, wer ich bin, wo ich stehe und wohin mein Weg mich führt. Bei dieser Vielzahl von Plane-ten im 10. Haus fühlt sich Vincent van Gogh zu etwas Besonderem berufen, zumal sich Sonne und Pluto hier finden. Doch die Sonne steht im eingeschlossenen Zeichen Widder, nur über Halbsextile mit Uranus und Neptun verbunden, und Pluto befindet sich am Talpunkt an der Zeichengrenze Widder/Stier. Es geht nicht um die Verwirklichung äußerer Erfolge. Auf die muss unter Umständen lange gewartet werden, oder sie bleiben ganz aus, was entsprechende Frustrationen erzeugen kann. Gefragt ist hier die innere Bemeisterung, die Meisterschaft der Seele, die durch den Talpunkt-Zugang zum Wesenszentrum geschehen kann.

Im Häuserhoroskop erscheint das Aspektbild komprimierter und reduzierter als im Radix, die Lebensmotivation wurde verändert (Dreieck und Strichfiguren). Die sieben Planeten im 10. Haus ballen sich zu einem großen Stellium zusammen. So macht sich die Umwelt nicht die Mühe, die Vielfalt der einzelnen Komponenten van Goghs in diesem Bereich differenzierter zu sehen, sondern sie wirft sie lieber in einen Topf (oder zwängt sie in ein Haus zusammen) und sieht in Vincent einfach entweder das Genie oder auch den Verrückten. Neptun ist im Häuserhoroskop losgelöst und weist damit auf Schwierigkeiten in Zusammenhang mit dem höchsten Liebesideal und dessen Umsetzung im Leben hin. So war Vincent denn auch wenig Glück in der Liebe beschieden, und er musste immer wieder erleben, dass seine Liebe von der Umwelt zurückgewiesen wurde.

Betrachten wir van Goghs Mondknotenhoroskop – das Abbild unserer Schattenpersönlichkeit bzw. die Summe unserer Lebenserfahrungen aus früheren Inkarnationen -, entdecken wir auch hier ein viereckiges Aspektbild mit Strichfiguren, das jedoch unten im 2. Haus und im Kollektiv-raum seinen Schwerpunkt hat. Beim Vergleich Mondknoten- und Grundhoroskop können wir den klassischen Entwicklungsweg der Individuation erkennen: wie ein Baum von den Wurzeln unten nach oben zur Baum-„Krone“ emporzuwachsen. Eine gewaltige Aufgabe für ein kurzes Leben, und als eine wichtige Wegmarkierung erscheint die Mondknotenlinie, an der sich sozusagen das Blatt wendet. Folgerichtig rückt der erste AP-Aspekt nach der Geburt Vincents den aufsteigenden Mondknoten in den Vordergrund mit einem Halbsextil sowohl im Radix als auch im Mondknotenhoroskop.

Nach Vincent kommen noch fünf weitere Kinder zur Welt. Vor allem mit dem vier Jahre jüngeren Bruder Theodorus, genannt Theo, verbindet Vincent sein Leben lang eine enge Freundschaft, die sich in einem regen Briefwechsel niederschlägt, dem wir heute tiefere Einblicke in sein Leben und Werk verdanken.

Nach Ende seiner Schulzeit beschließen die Eltern, Vincent als Lehrling in die Den Haager Filiale der Pariser Kunsthandlung Goupil & Cie. zu geben. Sie wurde von seinem gleichnamigen Onkel Vincent van Gogh begründet. Vincent hat dagegen nichts einzuwenden, weiß er doch selbst nicht so recht, wohin seine Berufung ihn führen könnte. Seine Zukunft ist ihm noch unklar, und er gehorcht den Anweisungen seiner Eltern. Der AP steht im Zeichen Jungfrau im 3. Haus im Trigon zu Saturn.

Vincent besucht in Den Haag viele Museen und lernt den Verkauf von Reproduktionen von Kunstwerken, die dem öffentlichen Geschmack der damaligen Zeit entsprechen und sich gut verkaufen lassen. Doch der Handel liegt ihm nicht so recht. Von seinem Wesen her ist er eher introvertiert, ein Träumer, der die Einsamkeit liebt und am liebsten stundenlang durch die Natur wandert und Pflanzen und Tiere beobachtet. Im Horoskop passt hierzu die sensitive Fische-Besetzung mit Venus/Mars und Neptun als höchststehende Planeten sowie der AC im Wasserzeichen Krebs. Gleichzeitig wird er von seinen Zeitgenossen aber auch als schwierig, eigensinnig und launenhaft charakterisiert, als ein kompromissloser Mensch mit einem ausgeprägten Sendungsbewusstsein, das sich im Laufe der Jahre weiter ausprägen wird, ein Ausdruck der feurigen Widder-Sonne und der Mond/Jupiter-Konjunktion in Schütze, und natürlich auch des Schwerpunktes im Individualraum.

Mit 20 Jahren (Sommer 1873) wird Vincent in die Londoner Filiale der Kunsthandlung versetzt. Hier begegnet ihm die erste große Liebe in Ursula Loyer, der Tochter seiner Vermieterin. Diese Liebe wächst in ihm zunächst langsam, leise und unerkannt von seiner Umwelt (AP im 4. Haus im eingeschlossenen Zeichen Waage, Quincunx Saturn, Sextil Mond, Trigon Mondknoten), doch sein monatelanges, zaghaftes und schüchternes Sehnen wird schließlich beim AP-Sextil zu Jupiter, als Vincent sich endlich traut und seine große Liebe der Angebeteten offenbart, rigoros abgelehnt: Ursula ist bereits heimlich mit einem anderen verlobt.

Diese Zurückweisung, das Scheitern der ersten Liebe, trifft Vincent wie ein Schlag und stürzt ihn in eine schwere Krise. Es fällt ihm offensichtlich schwer zu akzeptieren, dass Ursula bzw. das Schicksal andere Pläne und Absichten hat. Er reagiert auf diese schmerzliche Erfahrung mit Rückzug und wachsendem Desinteresse an seiner Arbeit im Kunsthandel und wirft sich nun ganz und gar, wie es seinem leidenschaftlichen Temperament entspricht, in die Welt der Religion und des Geistes, sucht nach Antworten und dem Sinn des Lebens in der Bibel und anderen religiösen Schriften.

Der Mystiker

Die nun folgende, durch zahlreiche seelische Krisen geprägte Zeit, die Vincent van Gogh zu überwinden sucht durch ein „Trachten nach der Arbeit für Christus“, durch ein Sichverzehren für religiöse Ideale, charakterisiert der AP durch den Eintritt in das Stirb- und Werdezeichen Skorpion am Talpunkt 4. Hier erwarten ihn zunächst die Oppositionen zu den geistigen Planeten Pluto und Uranus (TP 10), deren geistigen Energien Vincent allerdings eher ausgeliefert ist, da er sie noch nicht bewusst steuern kann. Er entwickelt eine religiöse Berufung, die fast schon in eine mystische Obsession eskaliert und in seiner Umwelt nur auf Befremden und Ablehnung stößt (Talpunktstellung).

Vincent wird im Verlauf der Zeit immer depressiver und vernachlässigt die Arbeit in der Kunsthandlung: Er fällt bei Kunden durch unhöfliches Benehmen auf und bleibt der Arbeit fern, ohne Urlaub erhalten zu haben. Im Frühjahr 1876 (AP 4. Haus in Skorpion Trigon Neptun) wird ihm schließlich die Kündigung nahegelegt, und er willigt gerne ein. Die geistige Oberflächlichkeit des Bürgertums ist ihm schon lang zur Last geworden. Vincent will fortan als Hilfslehrer und später als Laienprediger arbeiten.

Hinweise auf die tief empfundene Berufung als Prediger können wir u.a. in der Merkur/Pluto-Konjunktion im Schatten der 3. Häuserspitze des Mondknotenhoroskops erkennen. Hier scheint sie eine altgewohnte Fähigkeit zu symbolisieren. Doch das ist der Schatten, die Vergangenheit, sozusagen der Weg rückwärts. Im Radix steht die Konjunktion jetzt zwar im 10. Haus der Berufung und des öffentlichen Wirkens, jedoch am Talpunkt an der Zeichengrenze Widder/Stier. Dieser Weg erfordert eine lange innere Entwicklung und führt durch den Talpunkt nur über das innere Wesenszentrum zum Ziel. Als Prediger ist Vincent denn – wie schon sein Vater – denkbar ungeeignet: er gerät ins Stottern, wenn er vor einer Versammlung eine Predigt halten soll. Die Umwelt akzeptiert seine Wahl auch nicht und hindert ihn immer wieder an der Erfüllung seines Wunsches (Talpunkt-Planeten und eingeschlossenes Zeichen mit Sonne und Merkur im 10. Haus).

Plutonisch-skorpionische Erfahrungen sind oft total und erscheinen der Außenwelt als verrückt oder überzogen. Nicht anders ergeht es Vincent bei der AP-Opposition zu Pluto: Er will sich von allen überflüssigen irdischen Gütern befreien, von allem, was ihn von den Armen trennt, deren Freund und guter Hirte er werden will. Vincent fühlt sich als Geistlicher berufen und beginnt schließlich 1878, sich auf ein Studium der Theologie vorzubereiten. Er besucht eine Evangelistenschule, wird dort aber als ungeeignet für den Beruf des Predigers gehalten und abgelehnt. Der AP ist nun in den Schützen eingetreten und bildet ein Quincunx zu Pluto am TP 10. Das lang ersehnte Ziel, die innere Berufung rückt wieder weit weg und erscheint fast unerreichbar.

Doch trotz dieser Niederlage – es besteht für van Gogh nun kaum eine Möglichkeit, als Prediger arbeiten und seinen Lebensunterhalt damit bestreiten zu können – reist er auf eigene Faust in die Borinage, ein trostloses belgisches Kohlerevier. Hier lebt er freiwillig in äußerster Armut, liest den Bergarbeitern aus der Bibel vor und hilft den Armen und Kranken, wo er nur kann. Seine Familie zieht sich in dieser Zeit von ihm zurück. Sie hat kein Verständnis für seinen inbrünstigen Glauben, der von ihm wahrhaft christliches Handeln fordert.

Der 6. Strahl – Hingabe und Idealismus

Van Goghs fast selbstzerstörerisches Mitleid, sein ausgeprägter Sinn für Gerechtigkeit und sein Wunsch zu helfen spiegeln sich im Zeichen Fische am MC wider. In diesem Zeichen steht auch Neptun, das höhere Liebesideal. Der Aszendent Krebs weist ebenfalls auf ein ausgeprägtes soziales Verantwortungsgefühl hin.

Betrachten wir das Horoskop vor dem Hintergrund der sieben Strahlen nach Alice Bailey, so sehen wir eine Betonung des 6. Strahls des Idealismus und der Hingabe. Sonne und Mond stehen in Feuerzeichen, und die Hauptachsen befinden sich in kardinal-veränderlichen Zeichen; Mars und Neptun, die diesem Strahl zugeordnet werden, stehen dem MC am nächsten. Den 6. Strahl charakterisiert die Fähigkeit zur bedingungslosen Hingabe an ein Ideal, zu Selbstaufopferung und auch zum Streben nach dem Höheren, Größeren und Idealeren. Er kann aber auch Hinweis sein auf die Neigung zu Fanatismus und Bigotterie. Der 6. Strahl wird auch der Strahl des Heiligen und des Predigers genannt, und er prägte das nun zu Ende gehende Fischezeitalter und die christliche Religion.

Wir können die „mystisch-religiöse“ Seite van Goghs ebenfalls in der losgelösten Sonnenfigur erkennen. Die Sonne bildet zu Uranus und Neptun jeweils ein einseitiges Halbsextil und ist ansonsten vom restlichen Aspektbild losgelöst. Dies lässt Vincents Selbstbewusstsein eher von geistigen bzw. religiösen Idealen oder Über-Ich-Formen fremdbestimmt erscheinen denn als ein autonomes Ich. Die Sonnenfigur erscheint wie ein Vogel, weit oben am Himmel in der Luft schwebend, losgelöst von allem, das Bodenhaftung verleihen könnte. Andererseits ist diese Sonne im eingeschlossenen Zeichen Widder auch offen für geistige Inspirationen – vielleicht auch für ein Feuer, das im Inneren, in der Seele brennt, und mit dessen Funken er anderen Menschen den Weg erleuchten kann?

Vom Dunkel zum Licht

Eine verborgene Qualität des 6. Strahls klingt in dem Mantram „Das höchste Licht herrscht“ an. Der Begriff Licht ist für van Gogh zeitlebens von großer Bedeutung. Zunächst im religiösen Sinne empfindet er seinen Lebensweg als einen Gang aus der Finsternis hin zum Licht, von Dunkelheit, Depression und Leiden hin zum Hellen, zu Liebe, Frieden und Glück: „Vielleicht dauert gerade deshalb alles so lange, weil ich nach der Wurzel oder dem Ursprung vieler Dinge zugleich suche. So steht es mir im Herzen, es zu bilden wie ein Licht in der Finsternis.“

Diese Entwicklung finden wir auch in seiner Malerei. Herrschen in den ersten Jahren noch in seinen Bildern dunkle, erdig-braune Farben vor, entwickelt er in seinen letzten Lebensjahren in Südfrankreich und in Auvers eine lichtdurchflutete und farbenprächtige Malerei.

Der esoterische Saatgedanke des AC-Zeichens Krebs lautet: „Ich erbaue ein erleuchtetes Haus, um darin zu wohnen“. Es geht hier um den Entwicklungsweg von der persönlichen, ichhaften Mond-Liebe, dem Wunsch nach Geliebtwerdenwollen, hin zur überpersönlichen, geistigen Liebe, zur Liebe als einem Zustand oder einer inneren Haltung, die nicht darauf aus ist, zurückgeliebt zu werden. Interessant ist, dass diese Entwicklung über die Erfahrung von Einsamkeit im gegenüberliegenden Steinbock geschieht, das DC-Zeichen, dessen esoterischer Saatgedanke lautet: „Versunken bin ich in überirdischem Licht, doch diesem Licht wende ich den Rücken.“ Krebs/Steinbock – eine Licht-Achse!

Dass der erste Schritt hin zum erleuchteten Haus der Seele über Einsamkeit und Distanzierung von der Welt führt, deutet auch der aufsteigende Mondknoten in Vincents Horoskop an. Einerseits war es van Gogh immer ein großes Bedürfnis, wahrhaft echte und tiefe Freundschaften schließen zu können. Doch gerade seiner persönlichen Eigenheiten, seines schroffen Verhaltens und seiner derben Ausdrucksweise wegen, teilweise auch aufgrund seines Stolzes misslang ihm die Erfüllung dieses Wunsches (absteigender Mondknoten im 5. Haus, Venus/Mars im Quadrat zur Mondknoten-Linie, Saturn im Schatten 11).

Der aufsteigende Mondknoten steht andererseits schon so nah dem Bereich des 12. Hauses, dass er auch darauf hinweisen könnte, sich nicht zu sehr in alltäglichen Verrichtungen zu verlieren, sondern sich zuzeiten auch mit dem (inneren) Kosmos zu verbinden, in die Stille und Einsamkeit zu gehen, um von dort neue Nahrung und Energie für den Alltag und die Arbeit (6. Haus) zu gewinnen.

Die Vielzahl von Planeten im 10. Haus deuten ebenfalls auf Phasen der Isolation und Einsamkeit, um dort in sich selbst das innere Licht zu finden. Das 10. Haus hat eine natürliche Analogie zum Zeichen Steinbock. Die Unten-Lagerung des Aspektbildes im Mondknotenhoroskop zeigt die alte Neigung, sich auf ein Kollektiv abzustützen und dort Wahrheit und Licht zu suchen. Nun geht es im Radix darum, eigene Entscheidungen zu treffen, den eigenen Weg zu suchen und zu gehen, auch wenn das Kollektiv und die Familie damit nicht einverstanden sind. Im Leben van Goghs können wir dies gut verfolgen. Von seiner Umwelt und auch seiner Familie wurde er nicht verstanden und erkannt. Unterstützung fand er eigentlich nur in der Freundschaft zu seinem Bruder Theo.

Der Künstler

Mit der Zeit erkennt Vincent, dass in der Borinage und seinem sozial-religiösen Engagement nicht seine wirkliche Berufung liegt. Er beginnt mit Skizzen von Bergarbeitern und interessiert sich verstärkt für die Malerei. Um 1880 – mit rund 27 Jahren – steht für ihn fest, dass er Künstler werden will. Im Oktober geht er nach Brüssel und beginnt ein Studium an der Kunstakademie. Der AP steht im Aspekt zu Sonne/Neptun in Schütze am Talpunkt 5, der in fixen Häusern oft „lebenswendende“ Entscheidungen markiert, bei denen die eigentliche Seelenabsicht, d.h. Kräfte aus dem innersten Kreis, zum Vorschein kommen können.

Van Gogh muss ganz von vorne anfangen und sich die Malerei mühsam erarbeiten. Zunächst eignet er sich die Grundlagen des Zeichnens an. Finanziell wird er von seinem Bruder Theo unterstützt, der in der Pariser Filiale der Kunsthandlung Goupil & Cie. arbeitet, der Vincent einige Jahre zuvor den Rücken zugewendet hatte. Theo ermuntert seinen Bruder immer wieder und hilft ihm durch manch schwere Zeit.

Nach dem AP-Quincunx zu Saturn erlebt Vincent eine zweite unglückliche Liebe. Im Sommer 1881 trifft er seine verwitwete Cousine Kee und verliebt sich in sie. Doch wieder stoßen seine Gefühle auf Ablehnung und Zurückweisung: „Nie, nein, nimmer“ soll ihre Antwort gewesen sein. Diesmal hat Vincent aber den festen Willen, Kee zu erobern. „Sie und keine andere“, berichtet er enthusiastisch seinem Bruder Theo. Er schreibt an Kee Briefe, die jedoch ungeöffnet zurückgeschickt werden; er besucht sie bei ihrer Familie, doch sie lässt sich stets verleugnen. Schließlich „beweist“ er seinem verständnislosen Vater seine leidenschaftliche Liebe, indem er seine Hand in eine Kerzenflamme hält.

Allmählich sieht Vincent jedoch ein, dass sein Werben und seine Beharrlichkeit vergebens sind, wieder erlebt er eine Niederlage wie schon beim vorhergehenden AP-Quincunx zu Saturn in seiner ersten Liebe zu Ursula in London. Damals flüchtete er sich in die Mystik, sozusagen in „Gottes Schoß“. Mittlerweile ist ihm bewusst, dass dies keine Lösung ist, er sehnt sich nach der Gegenwart eines lieben Menschen, nach einer eigenen Familie, vielleicht sogar nach Kindern. Seinem Bruder Theo schreibt er im Dezember 1881 „… ich kann nicht anders, diese verdammte Welt ist mir zu kalt, ich suche mir eine Frau, ich kann, ich mag, ich will nicht leben ohne Liebe. Ich bin nur ein Mensch, und zwar ein Mensch mit Leidenschaften, ich muss zu einer Frau, sonst erfriere ich oder versteinere ich …“

Hier kündigt sich der AP-Übergang über die Mond/Jupiter-Konjunktion im Schatten der 6. Häuserspitze an. Tatsächlich begegnet Vincent im Winter 1881/82 einer Frau, die ihn nicht ablehnt. Christine – Vincent nennt sie Sien – stammt aus armen Verhältnissen, wurde von ihrem Geliebten schwanger sitzengelassen und muss nun als Prostituierte ihren Lebensunterhalt verdienen. Im Frühjahr 1882 ziehen die zwei zusammen (AP Konjunktion Mond, Opposition Mondknoten). Seinem Bruder schreibt er „… was ich für Sien empfinde: Ich habe ein Gefühl, zu Hause zu sein, wenn ich mit ihr zusammen bin, ein Gefühl, als brächte sie meinen ‘eigenen Herd’ mit, ein Gefühl, dass wir zusammengewachsen sind (…) – was zwischen Sien und mir ist, ist wirklich; es ist kein Traum, es ist die Realität.“ Van Goghs Familie ist entsetzt über diesen Abstieg zu den niedersten Gesellschaftsschichten. Sein Vater, obwohl selbst Pastor, kritisiert seinen Sohn mit den Worten, es sei etwas Unsittliches in einer Verbindung mit einer Frau aus geringerem Stand.

„Farbe ist Leben!“

Im Sommer 1882 – exakt während des AP-Übergangs über Jupiter und das Galaktische Zentrum – „entdeckt“ Vincent für sich das Malen mit Ölfarben. Zuvor beschäftigte er sich vor allem mit Zeichnungen, doch nun stellt ihm Bruder Theo das Geld für teure Ölfarben zur Verfügung. Musste er sich die Techniken des Zeichnens mühsam erarbeiten – das Malen mit Farben liegt ihm im Blut, und er findet auf Anhieb ohne jedes Studium schnell seinen ureigenen Stil: den dicken Farbauftrag. Seine Vorräte an Ölfarben sind dadurch allerdings auch immer schnell aufgebraucht.

Jupiter ist ja Symbol für unsere Wahrnehmungsfähigkeit, für unsere fünf (oder mehr?) Sinne, speziell für das Sehen, und demgemäß auch das Wahrnehmen von Farben und deren feinste Abstufungen und Nuancen. Außerdem symbolisiert er den Sinn für richtige Proportionen. Mit der Mond/Jupiter-Konjunktion wird van Gogh von allem, was er „sieht“, gefühlsmäßig unmittelbar angesprochen. Venus/Mars im Quadrat steuern eine ästhetische Komponente und Arbeitseinsatz bei. Die Ergebnisse fallen nicht in den Schoß, sondern müssen hart erarbeitet werden (Quadrat). Das Trigon zu Merkur weist auf eine verbale und fruchtbringende (blauer Aspekt) Auseinandersetzung mit dem Mond/Jupiter-Thema hin. Dies lässt sich z.B. im regen Briefwechsel mit Bruder Theo nachlesen, der sich zu einem großen Teil mit Kunst, unterschiedlichen Malweisen und dem Entstehen der Bilder van Goghs beschäftigt. Hier reflektiert der Maler mit anschaulichen Worten seine Kunst. Das Galaktische Zentrum schließlich ist ein Hinweis auf geistige Dimensionen in van Goghs künstlerischer Fähigkeit. Er ist durch seine Malerei verbunden mit dem alles vereinigenden Zentrum in unserem Kosmos und bringt durch die Malerei individuelle Aspekte dieses höchsten Zentrums zum Ausdruck. Jede Ichhaftigkeit, wohl auch materieller Erfolg, stünden dem im Wege …

Seinem Bruder Theo schreibt Vincent: „Ich will Zeichnungen machen, die einige Menschen bewegen und rühren.“ Er arbeitet nun hart und eignet sich im Verlauf eines Jahres verschiedene Mal- und Zeichentechniken an (AP Quadrat Venus/Mars-Konjunktion), um später zu schauen, ob er bei einem Verlag oder einer Zeitschrift als Zeichner/Graphiker unterkommen kann. Leider finden sich für seine Bilder und Zeichnungen keine Käufer, Vincents Schulden wachsen, schließlich muss er jetzt nicht nur für sich selbst, sondern auch für Sien und deren Kinder sorgen.

Wenn van Gogh auch in manchen Dingen seiner Umwelt überspannt oder wirklichkeitsfremd erscheint, so zeichnet ihn dennoch eine Art realistische Hellsichtigkeit aus, mit der er oft den Nagel auf den Kopf trifft, was sich vielleicht auf die losgelöste Sonnenfigur zurückführen lässt und auf Mond/Jupiter am absteigenden Mondknoten. Ihm wird allmählich bewusst, dass er von seiner Kunst nicht wird leben können und er auf Dauer auch keine Familie ernähren kann. Er selbst rechnet aufgrund seines Lebenswandels nur noch mit einer Lebenserwartung von sechs bis zehn Jahren (sieben werden es tatsächlich sein), und diese verbleibende Zeit will er nutzen: „In diesen Jahren muss etwas getan werden; dieser Gedanke ist mein Leitfaden, wenn ich Pläne für meine Arbeit mache.“

Theo macht seinem Bruder Vincent klar, dass die Verbindung zu Sien für seine Arbeit eher hinderlich denn förderlich sei. Nach langen Überlegungen entschließen sich Sien und Vincent zur Trennung. Ihm fällt der Abschied von seinem „Atelier mit Wiege und Kinderstühlchen“ schwer. Dies war seine Familie, sein „erleuchtetes Haus“ (AC Krebs). Der AP tritt in das Zeichen Steinbock im 6. Haus ein und bildet gleichzeitig ein Trigon zu Pluto. Vincent flüchtet für drei Monate auf das Land in die düstere Einöde von Drente im Norden der Niederlande. Anschließend zieht er zu seinen Eltern, die ihm in einem dunklen Schuppen ein kleines Atelier zur Verfügung stellen.

In dem kleinen Ort Nuenen allerdings, in dem sein Vater mittlerweile eine kleine protestantische Gemeinde betreut, wird Vincent mit großem Misstrauen und teilweiser Ablehnung beobachtet. Viele Bewohner haben Angst vor ihm oder sind entsetzt ob seines unkonventionellen Verhaltens, seiner eigenartigen, bewusst armseligen Kleidung, seiner für die damalige Gesellschaft verworrenen Ansichten und seines skandalösen Verhaltens. Doch je älter und reifer er nun wird, um so mehr wirft er die Hüllen der Erziehung und Ausbildung, seines Milieus und der Gesellschaft ab und nähert sich seinem eigentlichen Wesen, dem wahren Ich. Doch Selbst-Verwirklichung (10. Haus) ist nicht unbedingt gleichbedeutend mit Glück und äußerem Erfolg. Die Umwelt (das Kollektiv) versteht ihn nicht und reagiert mit Ablehnung.

Paris

Im Winter 1885/86 befreit Vincent van Gogh sich aus dem engen Milieu und geht nach Paris, um bei seinem Bruder Theo zu leben, der immer noch in der Kunsthandlung Goupil & Cie. arbeitet. Der Radix-AP erreicht im Steinbock im 6. Haus den Kreuzungspunkt mit dem Mondknoten-AP und markiert damit einen schicksalhaften Zeitraum. Sowohl im Radix als auch im Mondknotenhoroskop bildet der AP ein Quadrat zur Sonne und scheint damit die Extreme der beiden Horoskope – die Untenlagerung im MKH (die Nachtseite) und die Obenlagerung im Radix (die Taghälfte) verbinden zu wollen. In Paris begegnet van Gogh nun zahlreichen Künstlern, in erster Linie natürlich Malern, deren Ansichten und Maltechniken seine eigene Arbeit bereichern. Er lernt Toulouse-Lautrec kennen, Claude Monet, Auguste Renoir, Pissarro, Degas, Signac, Gauguin und viele mehr.

Selbstverständlich wandelt sich in dieser neuen, anregenden Umgebung auch van Goghs Malstil. In den Niederlanden zeichneten sich seine Werke durch eine vorwiegend dunkle Farbgebung aus, Braun-, Ocker- und Gelbtöne herrschen vor. Oft strahlen diese Bilder etwas Bedrückendes, Dunk-les, Trauriges aus. In Paris nun bedient sich van Gogh hellerer Farben, überhaupt wird Farbe für ihn allmählich zum Wesentlichen in einer Bild-Komposition. Durch Farbe will er zum Ausdruck bringen, was ihn bewegt, durch Farbe will er einen Übergang von Dunkelheit zum Licht, von der Depression zur Lebensfreude darstellen.

Vincent träumt auch von einer Gemeinschaft von Künstlern, die sich u.a. finanziell unterstützen soll, sozusagen ein „Künstlerkollektiv“. Er möchte so das materielle Dasein der Künstler sichern, so dass genügend Material (Farben und Leinwand) zur Verfügung steht und die Künstler einigermaßen von ihrer Kunst leben könnten und nicht erst die Käufer bzw. Händler von der Malerei profitieren. Er leidet darunter, nicht von seiner Kunst leben zu können und von seinem Bruder Theo finanziell abhängig zu sein. Vincent organisiert in Paris gemeinsam mit seinen Kunstkameraden Ausstellungen, um die Öffentlichkeit auf die neuen Strömungen in der Malerei aufmerksam zu machen. Doch all seine Bemühungen, sich mit Menschen zusammenzutun, die ähnliche Ziele verfolgen wie er (aufsteigender Mondknoten im 11. Haus), scheitern und enden in Streit und Zorn. Durch seine ungesellige, eigensinnige, streitlustige und zu offene Art stößt er die Menschen vor den Kopf (absteigender Mondknoten in 5 im Quadrat zu Mars, Saturn im Schatten der 11. Häuserspitze).

Allmählich denkt Vincent daran, in den Süden zu ziehen, um dort unter anderen Lichtverhältnissen mehr in der Natur malen zu können. Sein Künstler-Freund Toulouse-Lautrec empfiehlt ihm Arles, und im Februar 1888 macht er sich auf den Weg dorthin. Im Mondknoten-Horoskop aspektiert der AP zu dieser Zeit vor der 7. Häuserspitze die Venus/Mars-Konjunktion in Fische im Schatten des IC.

Arles – Symphonie aus Farben und Licht

Die ersten Monate in Arles sind für van Gogh eine Erholung vom kräftezehrenden Leben in Paris – übermäßiger Absinthgenuss, schlechte Ernährung und unzureichender Schlaf taten dort ein übriges. Van Gogh selbst erkennt, dass er in Paris sein Ziel nicht erreichen könne. Dazu brauche er Ruhe und Einsamkeit. Während er sich physisch und auch psychisch erholt, geht er oft mit seiner Staffelei in der Umgebung von Arles spazieren und malt verschiedene Landschaften oder Porträts von Einheimischen. Er schließt auch Bekanntschaft mit einigen anderen Malern, die sich ebenfalls hier niedergelassen haben.

In Arles kann er nun auch die Arbeiten und Denkansätze der großen, anerkannten Künstler der damaligen Zeit hinter sich lassen und angesichts der farbenprächtigen Natur der Stimme seiner eigenen Inspirationen folgen. Er erkennt wieder, wie nichtig eigentlich die endlosen Debatten über Kunstfragen sind. Die Menschen werden doch von ganz anderen Dingen in ihrem innersten Wesen berührt. Er denkt viel über sein Leben nach, über Sinn, Zweck und Richtung: „Da rollt die ewige Frage wieder auf: Ist das Leben in seiner Ganzheit für uns sichtbar, oder kennen wir vor dem Tode nur die eine Hälfte?“

Vincents Farbpalette ist jetzt von überwältigender Farbenpracht. Er hat die Finsternis überwunden, und im strahlend-hellen Licht des Südens bekommen alle Dinge einen neuen Aspekt, vielleicht auch einen neuen Sinn. In den kommenden Monaten gerät er in einen wahren Farben-, Licht- und Malrausch. Er bestellt bei seinem Bruder Theo Hunderte von Farbtuben und zehn Meter Leinwand. Er arbeitet wie ein Besessener, um das Licht in und um ihn herum, das er wahrnimmt, auf die Leinwand zu bannen. Die Arbeit ist für ihn Heilmittel gegen die Depressionen. Nur „wenn der Sturm im Innern zu arg wütet, trinke ich ein Glas über den Durst, um mich zu betäuben.“ Er träumt auch nicht mehr vom „wahren Leben“ mit Frau und Kind, er erkennt, dass ihm ein anderes Schicksal beschieden ist. Wir können da eine gewisse Resignation herausspüren, und dennoch hofft er, dass seine Mühen und sein Leiden nicht vergeblich sein werden: „Wir zahlen einen harten Preis dafür, dass wir ein Glied in der Kette der Künstler sind – wir zahlen mit unserer Gesundheit, mit unserer Jugend, mit unserer Freiheit, deren wir niemals froh werden (…) In der Zukunft wird es eine Kunst geben, die muss so schön, so jung sein, dass wir, auch wenn wir jetzt unsere Jugend opfern, nur an heiterer Ruhe gewinnen können.“

Um diesem Ziel entgegenzugehen, träumt van Gogh immer noch von einer Künstlervereinigung, der er schon den Namen „Atelier des Südens“ gegeben hat. Er mietet in Arles das „Gelbe Haus“ und bereitet alles vor. Vor seinem Einzug will er so viele Bilder wie nur möglich schaffen, um damit die Innenräume des Hauses zu dekorieren.

Während des Sommers 1888 – der AP durchwandert im Mondknotenhoroskop das Quadrat zu Mars und Trigon zu Merkur – malt van Gogh zahlreiche Bilder, deren Themen und Symbolik einen immer tieferen, manchmal fast kosmischen Gehalt aufweisen. So arbeitet er u.a. am Motiv des Sämanns, der den Samen auf den Äckern in die Erde streut. War es ihm in seiner „Prediger“-Phase noch Anliegen, „ein Sämann des Wortes“ zu sein, so verarbeitet er nun dieses tiefe Symbol in seinen Bildern. Auch die große, leuchtend-gelbe, strahlende und belebende Sonne taucht in seinen Bildern auf, sie scheint gleichsam in seinem (geistigen) Leben aufzugehen. Gelb – die lichtvollste Farbe – ist van Goghs Lieblingsfarbe und dem gemäß am häufigsten in seinen Bildern zu finden. Seine Selbstporträts aus dieser Zeit sind zugleich eine Selbstdarstellung: „Ich habe meine Persönlichkeit gesteigert und versucht, ihr den Charakter eines Priesters, eines schlichten Anbeters des ewigen Buddha zu geben.“

Vincent malt nicht mehr das, was von außen sichtbar ist, sondern die Eindrücke und Inspirationen, die die Dinge, Menschen und Landschaften in ihm hervorrufen. Die Farbe wird ihm zu einem regelrechten Universum, das unendliche Ausdrucksmöglichkeiten bietet. Ihm ist wichtig „die Liebe zweier Liebenden auszudrücken durch die Vermählung zweier Komplementärfarben … Die Hoffnung durch einen Stern … Die Leidenschaft eines Menschen durch einen leuchtenden Sonnenuntergang … Im Malen ist etwas Unendliches … in den Farben sind verborgene Dinge von Harmonie und Kontrast, Dinge, die durch sich selber wirken und die man durch kein anderes Medium ausdrücken kann.“

Der nächtliche Sternenhimmel übt eine besondere Faszination auf ihn aus: „Ich habe ein schreckliches Bedürfnis danach – soll ich das Wort sagen – nach Religion; dann gehe ich nachts hinaus ins Freie und male die Sterne …“ Im Mondknotenhoroskop finden wir die Aspektfigur Teleskop, gebildet durch Mondknoten, Pluto, Venus/Mars und Mond/Jupiter, die sich mit ihrer langen grünen, sensitiven Seite (Mondknoten Quincunx Mond/Jupiter) der oberen Horoskophälfte entgegenneigt, gleichsam in die Unendlichkeit des Himmels oben blickt.

Im Herbst kommt Gauguin nach Arles – van Goghs Idee der Künstlergemeinschaft rückt in greifbare Nähe. Doch während der vergangenen Jahre der Einsamkeit, der Suche und des intensiven Schaffens hat sich dieser Wunschtraum in ihm so gesteigert und sind seine Hoffnungen derart ins Unermessliche gestiegen, dass die Wohn- und Arbeitsgemeinschaft der beiden unterschiedlichen Männer zwangsläufig in einer Enttäuschung, für van Gogh sogar in einer Katastrophe enden muss.

Van Gogh versucht, sich dem „großen“ Gauguin unterzuordnen, ihn um Rat und nach seiner Meinung über bestimmte Techniken und Motive zu befragen. Er geht bis an die äußerste Grenze, um Gauguin zum Bleiben zu bewegen, verleugnet dabei aber sich selbst und sein malerisches Genie. So kommt es zwischen den beiden immer wieder zu Streit und Auseinandersetzungen. Vincent ist nicht in der Lage, die Unvereinbarkeit ihrer Charaktere einzusehen, er kann sich das Scheitern seines vielleicht letzten großen Traumes nicht eingestehen. Als Gauguin aufgrund der ständigen Streitereien abreisen will, erleidet Vincent seine erste schwere Nervenkrise: in einem Anfall von „Raserei“ und Ohnmacht schneidet er sich ein Stück seines rechten Ohres ab (Dezember 1888). Er wird ins Hospital von Arles gebracht.

Der AP steht im Schatten des DC – der DU-Punkt im Horoskop – im Halbsextil zum Mond, unserem Bedürfnis nach Liebe, Kontakt und Zuwendung. Im Mondknotenhoroskop erreicht der AP die Konjunktion zu Jupiter, der in Konjunktion mit dem Mond steht. Zeiten vor kardinalen Häuserspitzen gehen oft mit extremen Anstrengungen und daraus resultierenden Spannungen, Erschöpfungs- und Angstzuständen einher. Auch van Gogh muss seine letzten Reserven mobilisieren, um den Gipfel des DC erreichen zu können. Er arbeitet wie ein Besessener bis zur totalen Erschöpfung. Allerdings erlaubt sein geschwächter Gesundheitszustand dies nicht, er bricht physisch und geistig zusammen.

Saint-Remy und Auvers

Vincent erholt sich recht schnell wieder von diesem möglicherweise epileptischen Anfall (in der damaligen Zeit wurden solche unverständlich erscheinenden Geschehnisse schnell mit dem Begriff „schizophren“ klassifiziert). Er kann sich an nichts erinnern, was am Tag von Gauguins Abreise geschah. Doch die Einwohner von Arles haben Angst vor dem unberechenbaren Verrückten und fordern seine Internierung. Nach weiteren Anfällen geht Vincent freiwillig im Frühjahr 1889 in die Anstalt von Saint-Remy. Bald beginnt er hier wieder zu malen. Es entstehen nun viele der bekanntesten Bilder van Goghs. Innerlich jedoch nimmt die Resignation zu.

Vincent verliert allmählich Kontakt und Zugang zu seiner Umwelt. Anstaltsmauern umgeben ihn, vermitteln aber auch Ruhe und eine Art Sicherheit. Saturn steht oben im Horoskop vor der 11. Häuserspitze, nur über ein einseitiges Quincunx schwach an das Aspektbild angehängt, ein Hinweis auf Probleme in Zusammenhang mit dem Körperbewusstsein. Entsprechend findet van Gogh wenig bis keinen Zugang zu seinem inneren Sicherheits- und Abgrenzungsbedürfnis, er lebt ständig über seine physischen Ressourcen hinaus, überstrapaziert seine Körperenergien. Das Leben in Saint-Remy vermittelt jedoch Ruhe, Kontinuität und Schutz. Seinem Bruder Theo schreibt er: „Ich habe versucht, mich an den Gedanken zu gewöhnen, von neuem zu beginnen, aber zur Zeit ist das unmöglich. Ich fürchte, die Fähigkeit zu arbeiten, die jetzt zurückkommt, zu verlieren, falls ich zuviel unternehme und mir noch alle Verantwortung für ein Atelier auflade. So wünsche ich, provisorisch interniert zu werden, sowohl meiner eigenen Ruhe wegen als auch anderer wegen“.

Der AP hat mittlerweile den DC überschritten und steht im Quincunx zum Mondknoten. Im Mondknotenhoroskop erreicht er die Konjunktion mit dem Mond. Die Mond/Jupiter-Konjunktion deutet auf ein intensives Kontakterleben hin, verbunden mit einem wachen Sinnenleben. Im Zeichen Schütze erhält dies eine feurig-eigenwillige Note. Der absteigende Mondknoten weist jedoch auf den Weg rückwärts hin, auf das, was schon erledigt ist, was bereits einmal in voller Blüte stand und nun losgelassen werden sollte, um dem Neuen am aufsteigenden Mondknoten Platz zu machen. Mond/Jupiter fällt es vermutlich schwer, diesem Loslassen zu folgen. Im Schatten der 6. Häuserspitze ist der Wunsch nach Geliebt-werden-Wollen durch ein DU groß und oft Anlass zu Überkompensationen (z.B. einem Helfer-Syndrom, dem Wunsch, anderen helfen und dienen zu wollen und so ihre Liebe zu gewinnen), wird aber immer wieder enttäuscht.

Der geistige Aufstieg, der gleichzeitig auch auf den ersten Schritt heraus aus Problemen und Konflikten weist, liegt auf der gegenüberliegenden Seite im 11. und auch 12. Haus. Der Mondknoten weist – wie bereits angesprochen – auf einen Pfad hin, der durch Einsamkeit und Zurückgezogenheit führt, was auch der dem AC-Zeichen Krebs gegenüberliegende Steinbock nahelegt, dessen Qualitäten während des dreistufigen Entwicklungsprozesses von der ichhaften Mond-Liebe hin zur allumfassenden und überpersönlichen Liebe Neptuns integriert werden müssen. Schauen wir ins Mondknotenhoroskop, den Schatten unserer Persönlichkeit, vielleicht auch die Aufsummierung unserer Erlebnisse und Verhaltensweisen aus früheren Inkarnationen, so sehen wir Mond/Jupiter direkt am DC, also ganz nah am DU. In einer Tiefenschicht seines Wesens ist van Gogh also sehr auf den direkten menschlichen Kontakt angewiesen, er braucht den direkten Austausch mit der Umwelt. Doch offensichtlich steht dies nun nicht mehr mit seinem aufgezeigten Entwicklungsweg in Einklang, es hindert ihn vielleicht eher daran, das Ziel zu erreichen, das sich die Seele gesetzt hat.

Der Schritt von der Untenlagerung des Aspektbildes nach oben im Radix, den sich van Gogh hier vorgenommen hat, mutet gewaltig an. Ist das in einem Leben zu schaffen? Wir können uns vielleicht vorstellen, wie er mit der Feuer-Energie der Zeichen Widder und Schütze in diese Aufgabe hineinprescht, um dann auf halber Strecke zu erkennen, dass dieser Weg von unten nach oben doch nicht so einfach zu bewältigen ist. Vor allem Mondbedürfnisse nach Kontakt und Liebe bleiben da auf der Strecke.

Aber van Gogh hat noch ein Ventil: „Je hässlicher, älter, boshafter, kränker, ärmer ich werde, um so mehr suche ich die Scharte dadurch auszuwetzen, dass ich meine Farbe leuchtend, wohl ausgewogen, strahlend mache.“ Doch seine Anfälle häufen sich und lassen einen chronischen Verlauf seiner Krankheit erkennen. Vincent wird dadurch immer depressiver und zeitweise von Angst- und Wahnvorstellungen geplagt.

Beim AP-Halbsextil zu Jupiter im Radix stellt sich ein erster, zaghafter öffentlicher Erfolg ein: Vincent erhält positive Kritiken für einige Gemälde, die in Paris ausgestellt werden. Außerdem kann ein Bild in Brüssel verkauft werden. Dennoch muss sich Vincent darüber klar werden, dass ihm äußerer, materieller Erfolg nicht beschieden ist. In Anbetracht der zahlreichen Planeten im 10. Haus muss dies sehr an ihm genagt haben: „Ich kann ja nichts dafür, dass meine Bilder sich nicht verkaufen. Einmal aber wird der Tag kommen, da man sehen wird, dass sie mehr als den Preis der Farbe wert sind und mehr als mein ganzes erbärmliches Leben, das ich daran gehängt habe.“

Im Mai 1890 während des AP-Quadrats zum Radix-Merkur verlässt van Gogh schließlich Saint-Remy, um für einige Tage zu seinem Bruder Theo nach Paris zu reisen. Dieser ist inzwischen verheiratet und gerade Vater eines Sohnes geworden, der den Namen seines Patenonkels Vincent erhält. Anschließend fährt van Gogh nach Auvers-sur-Oise, wo er unter der Obhut des in seiner Freizeit malenden Arztes Dr. Gachet wieder in ein eigenständiges und unabhängiges Leben zurückfinden soll. Hier entstehen nochmals rund 80 seiner großartigsten und berühmtesten Bilder, u.a. die Kirche von Auvers. Er verfällt erneut in einen Schaffensrausch. Dr. Gachet scheint ihm allerdings ebenso krank und nervös zu sein wie er selbst. Der AP erreicht im Radix das Sextil zum Mars und im Mondknotenhoroskop das Quincunx zu Saturn. Vincent versinkt wieder in Melancholie: „Mein Leben wurde bei der Wurzel angegriffen, und mein Schritt ist schwankend.“ In seinem letzten Brief im Juli 1890 schreibt er seinem Bruder: „Meine Arbeit gehört dir. Ich setzte dafür mein Leben ein, und meine Vernunft ging dabei zur Hälfte drauf.“ Dann geht er hinaus in ein Kornfeld und schießt sich mit einem Revolver in die Brust. Zwei Tage später, am 29. Juli 1890, stirbt er in den Armen seines Bruders Theo.

Hinterlassen hat Vincent van Gogh Hunderte von Gemälden, die heute ein fast unermessliches Vermögen darstellen und deren Farbenpracht und Dynamik dem Betrachter einen lebhaften Eindruck vermitteln, welch Feuer in seiner Seele gebrannt haben muss.

„Mancher hat ein großes Feuer in seiner Seele, und niemand kommt jemals, sich daran zu wärmen, und die Vorübergehenden gewahren nur ein klein wenig Rauch oben über dem Schornstein, und sie gehen ihres Weges von dannen. Nun, was beginnen, diese Glut im Innern unterhalten, sein Salz in sich verschließen, geduldig warten, gleichviel mit wie viel Ungeduld, die Stunde erwarten, da es irgend jemand beliebt, sich dort niederzulassen?“

 

 

 

 

 

Literatur:
Zitate aus dem „Briefwechsel Vincent und Theo van Gogh“
Vincent van Gogh: Feuer der Seele. Insel TB
Ingo F. Walther: Vincent van Gogh – Vision und Wirklichkeit. Taschen Verlag
Pierre Leprohon: Vincent van Gogh, Genie und Wahnsinn. Heyne TB
Bruno und Louise Huber: Die sieben Strahlen (API-Seminar Dez. 95)
Louise Huber: Dreidimensionale Horoskopdeutung. ASTROLOG Nr. 41 bis 59

Geburtszeitkorrektur: Udo Bender, Astrologe (Dipl. API)


Erschienen im Astrolog – Zeitschrift für Astrologische Psychologie Nr. 110 und 111

© B. Braun (1999)

Vincent van Gogh im WWW:

Édith „La Môme“ Piaf

Nein, sie bedauerte nichts. Sie ging bis an die Grenzen und überschritt sie. Sie liebte und begehrte das Leben, die Liebe, die Männer und die Kunst. Ohne Rücksicht auf Moralvorstellungen oder ihren Körper. Ihre Leidenschaft und Vitalität lebt in ihrer eindringlichen Stimme weiter. Sie ist noch heute, über 50 Jahre nach ihrem Tod, die Königin des französischen Chansons.  Weiterlesen

Kurt Tucholsky

„Wir lagen auf der Wiese und baumelten mit der Seele“

„Nähme man den Zeitungen den Fettdruck
– um wieviel stiller wäre es in der Welt -!“

Kurt Tucholsky war einer der bedeutendsten deutschen Gesellschaftskritiker und Satiriker zwischen den beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts. In seinen Essays zeichnete er ein scharfsinniges, humorvolles und ironisches Bild der Deutschen und der autoritätsgläubigen Gesellschaft der Weimarer Republik. Er klagte vehement gegen Machtmissbrauch und Militarismus, und sein Ausspruch „Soldaten sind Mörder!“ im Jahre 1931 ist heute noch heftig umstritten. Darüber hinaus war er tätig als Journalist, Literatur- und Theaterkritiker, als Erzähler, Lyriker und Chanson-Schreiber. Nach seinem Tode im November 1935 charakterisierte man ihn als einen „Schriftsteller von ungewöhnlicher Begabung; unerschöpflich an Einfällen; ein kluger Humorist; ein Satiriker von Format und – ein Kämpfer für die ewigen Menschenrechte, deren Schicksal es ist, ewig mit Füßen getreten zu werden.“

Grundhoroskop

Tucholskys Biograph Michael Hepp nennt als Geburtsdatum den 9. Januar 1890 um 18:45 Uhr in der Lübecker Straße 13 in Berlin-Moabit. Das Aspektbild weist durch das Fünfeck und zwei Strichfiguren auf eine fixe und kardinale Lebensgrundmotivation – das Streben nach einer besseren Welt, einem harmonischen Endzustand, die Suche nach dem Paradies und der Wunsch, dieses Ziel mit allen Mitteln zu erreichen, Impulse setzen, Dinge in Bewegung bringen. Die Mehrzahl der Aspektlinien auf der ICH-Seite beziehen vieles auf das eigene Ich, die Welt wird an den eigenen Vorstellungen gemessen, bewertet und beurteilt. Hier herrsche ICH, und oft scheut man mit vielen Aspekten und Planeten tiefere Kontakte zu anderen Menschen aus Angst vor Verletzung dieses Innenraumes.

Das Aspektbild ist weiträumig und umspannt großzügig den innersten Kreis. Ein Teil ist allerdings vom Bewusstsein abgespalten und führt ein Eigenleben (Sonne/Jupiter), andere Komponenten sind nur angehängt (Venus und Uranus). Das Fünfeck besteht aus einer Trapez-Figur (Doppler-Viereck) mit den Planeten Neptun/Pluto, Merkur, Mars und Saturn, mit dem gerne weiträumige und stabile Denkgebäude aufgebaut werden. An eine rote Konfliktseite (Saturn Quadrat Neptun) ist noch mit dem Mondknoten ein Lerndreieck im 4. Quadranten der bewussten Selbst-Betrachtung angeheftet. Nach rechts zur DU-Seite wirkt das Fünfeck ambivalent rot-blau, auf der linken Seite ist das Selbstverständnis jedoch nach außen friedliebend und entspannt = grün-blau, obwohl innen drin ein starker roter Spannungsherd versteckt ist (Mond/Saturn Quadrat Neptun/Pluto). Sonne/Jupiter wollen ganz eigene Wege gehen, Venus gleich nebenan fühlt sich am Talpunkt 5 am absteigenden Mondknoten wahrscheinlich nicht genug beachtet. Uranus versucht über seinen einzigen direkten Zugang zum Mond Einfluss zu nehmen.

Kindheit und Jugend im Spiegel des Familienmodells

Die Sonne in Konjunktion zu Jupiter steht losgelöst im Schattenbereich der 6. Häuserspitze im Steinbock. Ein expansives und optimistisches Selbstbewusstsein, das unabhängig von anderen Bewusstseinsfaktoren Entscheidungen treffen könnte.

Tucholskys Vater Alex starb bereits im November 1905, kurz vor Kurts 16. Geburtstag. Der AP stand im 3. Haus in der Waage am Talpunkt kurz vor dem Übergang über Uranus. Kurt liebte und verehrte seinen Vater, ein erfolgreicher jüdischer Bankkaufmann. Der frühe Verlust des Vaters muss Kurt sehr getroffen haben, und er war in seinem späteren Leben immer wieder auf der Suche nach einem „Vater-Ersatz“. Noch kurz vor seinem eigenen Tod schrieb er, wie fast unerträglich es für ihn war, „dass ein so wertvoller Mann wie Papa sterben musste, als er an der Schwelle der Ernte seines Lebens war“.

Mond und Saturn stehen in Konjunktion zwischen Invert- und Talpunkt des ersten Hauses an der Zeichengrenze Löwe/Jungfrau und sind rot-blau aspektiert (Mond Quadrat Neptun und Sextil Uranus, Saturn Quadrat Neptun/Pluto, Sextil Mondknoten und Sextil Mars).

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Die Ehe der Eltern Tucholsky war schwierig, der gutmütige Vater konnte sich offensichtlich nicht ausreichend gegen seine dominante Frau Doris durchsetzen. Die Beziehung zur Mutter erlebten Kurt Tucholsky und seine beiden jüngeren Geschwister als äußerst gespannt und schmerzhaft. Die Schwester Ellen beschreibt die Mutter als herrschsüchtig, brüllend, eine hysterische Tyrannin, die jedoch nach außen den Schein einer heilen Welt aufrecht erhalten will. Liebe, Zärtlichkeit und Angenommensein haben die drei Kinder Kurt, Ellen und der jüngere Bruder Fritz anscheinend nicht erleben dürfen. Es herrschte eine bedrückende Atmosphäre der Angst und Aggression im Elternhaus der Tucholskys.

Häuserhoroskop

Das beinahe hasserfüllte Verhältnis Kurt Tucholskys zu seiner Mutter können wir bei näherer Betrachtung der Mond/Saturn-Konjunktion nachvollziehen. Zeigt die Konjunktion an sich auf ein enges und damit auch schwieriges Verhältnis, eigentlich eine symbiotische Mutter-Kind-Beziehung hin, so wird diese immer wieder gestört durch den Graben der Zeichengrenze Löwe/Jungfrau sowie angegriffen durch Neptun/Pluto im Quadrat, sozusagen als „höhere Gewaltausbrüche“, die das Kind Kurt nicht verstehen, nachvollziehen oder verarbeiten kann. Es bleibt eine tiefe seelische Wunde, Ängste und Misstrauen, eine verzweifelte Suche nach Nähe und Liebe und doch immer wieder die Flucht vor einer zu tiefen und engen Begegnung mit einem anderen Menschen aus Angst, das Kindheitstrauma ein weiteres Mal erleben zu müssen. Die losgelöste Sonne/Jupiter-Konjunktion bot in der frühen Kindheit offensichtlich wenig Möglichkeiten der Triangulierung an, das heißt ausreichender alternativer Beziehungserfahrungen, zum Beispiel mit dem Vater. Auch im Häuserhoroskop bildet die Sonne/Jupiter-Konjunktion mit Uranus eine eigene Strichfigur, die mit dem restlichen Aspektbild nicht verbunden ist.

Das Sextil von Uranus zum Mond im Radix erscheint vielleicht als ein „bequemer“ Ausweg: Ausbrechen aus der psychischen Enge der Mutterbeziehung und eine Hinwendung zum Neuen, zu Fortschritt und Freiheit, zur „aufbegehrenden Opposition“. Uranus selbst steht in Waage nach dem Talpunkt des 3. Hauses im Kollektiv-Raum, Mars direkt am IC im Zeichen Skorpion, beide Planeten in Aspektverbindung zu Mond/Saturn. Entsprechend beschreibt Kurt Tucholsky: „Die Familie umschließt wie ein Käfig. Diese Brutwärme der Liebe, die das gehegte Wesen zu Tode drückt, aber keineswegs gestatten will, dass es in Freiheit aufblüht, dieser Backofen des Egoismus mit dem falschen Vorzeichen.“

Schulzeit und Studium

„Erfahrungen vererben sich nicht,
jeder muss sie alleine machen.“

Der Vater legt besonderen Wert auf eine liberal-humanistische Erziehung seines Sohnes. Sehr fleißig ist Kurt allerdings nicht in der Schule, er fällt eher durch Schwatzen und Späße machen auf. Ein Mitschüler erinnert sich an Tucholsky als „ein fröhlicher Kamerad und ein rechter Rebell, den wir gerade dann am ernstesten nahmen, wenn er uns zum Lachen brachte. Ein guter Schüler war er gewiss nicht und uns doch allen an Geist überlegen“.

Uranus und Mars nahe dem IC zeigen eine nonkonfirmistisch-kämpferische Einstellung dem Kollektiv gegenüber an. Tucholsky selbst empfand seine Schulzeit um die Jahrhundertwende als sinnlose Quälerei und vergeudete Zeit, während der Kaisertreue und Militarismus den Lehrern wichtiger waren als humanistische oder ethische Grundwerte: „Was hat man uns den gelehrt -? Was hat man uns beigebracht -? Nichts. Nicht einmal richtig denken, nicht einmal richtig sehen, richtig gehen, richtig arbeiten – nichts, nichts, nichts.“

Kurt erkennt bald, dass in der wilhelminischen Vorkriegszeit die Erziehung zu Gehorsam und Autoritätsgläubigkeit Leitbild ist und daher die Unterdrückung von Phantasie und „Eigen-Sinn“ impliziert. Er wehrt sich in der Jugend mit Verweigerung, Spott und Wut. Doch im Laufe seines Lebens erkennt er auch: „Nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein!“

Nach dem Abitur beginnt Tucholsky mit 19 Jahren das Studium der Rechtswissenschaften – er will Verteidiger werden. Doch schon im November 1907, beim AP-Quincunx zu Neptun, während des Anzündens der großen Fünfeck-Figur, veröffentlicht er in der Wochenbeilage des „Berliner Tageblatts“ zwei kleine Arbeiten: „Märchen“ und „Vorsätze“. Der Universitätsbetrieb macht ihm Mühe, die Professoren, die in ihrer kaisertreuen Gesinnung durch viele öffentliche Ämter stark in das vorherrschende System eingebunden sind, lehnt er ab: „Der Staat ist mächtig, allmächtig, heilig, verehrenswert, Ziel und Zweck der Erdumdrehung – der Staat ist überhaupt alles. Und vor allem: er trägt vor niemand eine Verantwortung!“

Merkur in Wassermann im Trigon zu Neptun/Pluto ist in seinem Denken seiner Zeit weit voraus. In Wassermann finden wir viel Originalität und Schlagfertigkeit, die Verbindung zu Neptun verleiht Phantasie und die Fähigkeit, intuitiv zu erfassen, was in anderen Menschen vorgeht. Es gelingt ihm leicht, dies in für andere leicht verständliche, originelle und humorvolle Worte zu fassen um es so an ein Publikum oder eine Zuhörerschaft zu kommunizieren. Der Aspekt zu Pluto intensiviert Merkur in seiner Ausdrucksweise, das Denken will auf den Grund der Dinge gehen, alles ganz genau wissen und hinter die geheimen Wünsche und Motivationen der Menschen schauen. Das Quadrat Merkur/Mars zeigt eine kraftvolle und vehemente Ausdrucksweise an, ein Kämpfen mit Worten, das von den anderen nicht immer positiv aufgenommen werden dürfte, denn Merkur steht am Talpunkt des 6. Hauses. Hier finden wir den Kritiker Tucholsky, der mit kurzen, prägnanten und doch unter die Haut gehenden Worten das Wesentliche anprangert, doch immer auch mit einer Prise Humor vermischt.

„Deutschland ist eine anatomische Merkwürdigkeit.
Es schreibt mit der Linken und tut mit der Rechten.“

„Der Mensch hat zwei Beine und zwei Überzeugungen:
eine, wenn’s ihm gut geht, und eine, wenn’s ihm schlecht geht.
Die letztere heißt Religion.“

Der Schriftsteller

Mit 21 Jahren beginnt die eigentliche schriftstellerische Laufbahn Kurt Tucholskys. In der Zeitschrift „Vorwärts“ erscheint sein erster Artikel (AP-Ingress in Schütze im 4. Haus). Er entdeckt mehr und mehr den Spaß an der Formulierung und entwickelt sich später allmählich zu einem der brillantesten Autoren der Weimarer Republik. Vor allem korrupte Spießer, Betrüger, schikanierende Beamte und freche Schwindler, die nicht nur andere sondern auch sich selbst belügen, nimmt er aufs Korn. Er schreibt Feuilletons, Glossen und Satiren.

Im Sommer 1911, während des AP-Quincunx zum Mondknoten und des Quadrats zu Saturn, verbringt er einen kurzen Sommerurlaub mit seiner Freundin, der Medizinstudentin Else Weil, dessen literarisches End-Produkt „Rheinsberg“ anschließend im Herbst, während der AP-Opposition zu Neptun/Pluto, ausgearbeitet wird. In diesem kleinen Buch – oberflächlich betrachtet die Geschichte eines jungen Liebespaares, das heimlich ein unbeschwertes Wochenende weitab vom Alltag auf Schloss Rheinsberg verbringt, versammelt Tucholsky auf engstem Raum humorvoll verborgen Kritik am Bürgertum, an der engen und verlogenen Sexualmoral, an den gängigen Erziehungsmethoden und am Militarismus der damaligen Zeit, in welcher der kommende Erste Weltkrieg schon heraufdämmert, ja von vielen regelrecht beschworen wird.

Die Neptun/Pluto-Konjunktion, die der AP während der Entstehungszeit des Büchleins aus der Opposition beleuchtet, thematisiert das Ideal des perfekten Menschen und das Ideal der höchsten Liebe – der geistige Wille verschmilzt mit dem höheren Liebes-Prinzip. Der Talpunkt 10 unterstützt dabei die innere Suche nach dem Leitbild und verhindert, dass die Qualitäten der beiden geistigen Planeten als von außen aufgesetzte Über-Ich-Formen wirken. Die Elevation von Neptun/Pluto – sie stehen im Horoskop am höchsten – deutet auf die große Bedeutung dieser Ideale in der Psyche und im Leben Tucholskys hin. Aspektverbindungen zwischen Neptun und Pluto weisen immer wieder auf Menschen und Generationen mit einer tiefen Sehnsucht nach Frieden hin, und vor diesem Hintergrund erscheint es sehr interessant, dass die Menschen, die während der Neptun/Pluto-Konjunktion geboren wurden (ca. 1889 bis 1896), zwei große Weltkriege miterleben mussten (sofern sie den ersten überleben konnten).

Mit 23 Jahren – der AP in Schütze aspektiert die Sonne/Jupiter-Konjunktion mit einem grünen Halbsextil – begegnet Tucholsky dem Herausgeber der „Schaubühne“ Siegfried Jacobson. Er wird ihm in den nächsten Jahren Lehrer, Berater und Vaterersatz zugleich. Tucholsky lernt schnell und gründlich unter der humorvollen Anleitung Jacobsons, seine Sprache wird plastischer und zielsicherer, er erfasst blitzschnell den Kern einer Sache, reflektiert das Wesentliche oder zeigt die Abgründe hinter der Fassade (Merkur Trigon Neptun/Pluto).

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Tucholsky veröffentlicht in der „Schaubühne“ zahlreiche Artikel, viele davon unter verschiedenen Pseudonymen. Seine Arbeit mit Pseudonymen spiegelt das geteilte Aspektbild bzw. Planetenkombinationen als Ausdruck von Teilpersönlichkeiten innerhalb der Psyche wider: „Ich sah mit ihren Augen, und ich sah sie alle fünf: Ignaz Wrobel, einen essigsauern, bebrillten, blaurasierten Kerl. In der Nähe eines Buckels und roter Haare; Peter Panter, einen beweglichen, kugelrunden, kleinen Mann; Theobald Tiger sang nur Verse, waren keine da, schlief er – und nach dem Kriege schlug noch Kaspar Hauser die Augen auf, sah in die Welt und verstand sie nicht. Eine Fehde zwischen ihnen wäre durchaus möglich.“

Tucholsky selbst erkennt in sich die „Lebenshaltung eines produktiven Schwebezustands, der in jeder Minute des Lebens höchste Aufmerksamkeit voraussetzt, weil ständige Beobachtung der Umwelt und ihrer Reaktionen Hand in Hand gehen muss mit der ebenso ständigen Regulierung der eigenen Beziehung zu ihr wie der daraus resultierenden Spannungen. Die so erzeugte und ständig eingehaltene Distanz vermittelt Überlegenheit, deren Preis freilich die Tendenz zur Einsamkeit ist, der wiederum das Verlangen nach Partnerschaft und Nähe folgt – ein Teufelskreis!“

„Liebe ist: Erfüllung, Last und Medizin.“

Mit Liebesbeziehungen hatte Tucholsky Mühe, wie die Mond/Saturn-Konstellation im Quadrat zu Neptun/Pluto vermuten lässt.

„… wer mehr liebt, der muss mehr leiden…“

Im Gegensatz zur damals überwältigenden Mehrheit ist der Ausbruch des Ersten Weltkrieges für Tucholsky absolut kein Grund zu Freude und Hurrageschrei. Er hört zunächst auf zu schreiben und wird eingezogen. Während des AP-Übergangs über die Kippstelle zwischen Venus und Sonne/Jupiter mit fast 28 Jahren lernt er im November 1917 die damals neunzehnjährige Mary Gerold kennen. Nach anfänglichen Verwicklungen und Missverständnissen entwickelt sich eine Liebesbeziehung. Mary notierte damals in ihr Tagebuch: „Er hatte einen solchen Hunger nach Zärtlichkeit, die ihm in seiner Kindheit nicht zuteil geworden war.“ Er selbst sah sie nicht nur als „Freundin, sondern auch wie eine Mutter“. Im Frühjahr 1918 wird Kurt allerdings versetzt, die beiden verlieren sich aus den Augen, halten aber ständigen schriftlichen Kontakt und sprechen immer wieder von Heirat.

„Ich sah sie an, und sie gab den Blick zurück:
wir fassten uns mit den Augen bei den Händen.“

Zwei Jahre später – der Krieg ist vorbei – kommt Mary endlich nach Berlin, wo Tucholsky mittlerweile wieder lebt und arbeitet. Das Wiedersehen ist für beide enttäuschend: sie kommt nicht an ihn heran, es ist eine Mauer um ihn herum, er ist ihr fremd. Auch Kurt fühlt: „es ist irgendetwas wie tot – wie erstorben. Es ist keine Verbindung mehr da.“ Der Alterspunkt war mittlerweile aus der Kippstelle herausgewandert, hatte die Konjunktion Sonne/Jupiter passiert und läuft nun im Jahr 1920 auf das Quadrat mit Uranus zu. In einem inkohärenten Aspektbild verlieren wir manchmal die innere Verbindung zu Geschehnissen oder Erlebnissen, die sich in einer Figur ereignet hatten, während der AP bereits wieder in die nächste Figur wechselt.

Tucholsky hatte nach Kriegsende in Berlin wieder Kontakt zu seiner früheren Jugendfreundin Else Weil aufgenommen und nur wenige Wochen nach der endgültigen Trennung von Mary Gerold im Jahr 1920 heiraten er und Else. Die Ehe wird jedoch nach vier Jahren geschieden und im gleichen Jahr heiraten Kurt und Mary Gerold. Nach weiteren vier Jahren (1928) trennen sich Mary und Kurt. All diese Verwicklungen werden verständlich bei Betrachtung der Konjunktion Mond/Saturn im Quadrat zu Neptun/Pluto. Mit Mond/Saturn ist ein freier Gefühlsausdruck erschwert, vergangene Erfahrungen sitzen tief und verunmöglichen meist einen vorbehaltlosen Neuanfang. Es fällt schwer, sich spontan und offen in einer Begegnung (Achse 1/7) oder in einer Liebesbeziehung zu zeigen. Die psychologischen Ursachen liegen sicherlich in der problematischen Beziehung Tucholskys zu seiner Mutter.

Das Quadrat zu Neptun/Pluto intensiviert diese Thematik. Mit Neptun spielt das Ideal der großen Liebe hinein, die immer wieder gesucht wird, doch je greifbarer sie zu sein scheint, umso mehr rückt sie wieder in die Ferne. Entweder legt die Umwelt einer Verbindung Hindernisse in den Weg oder man selbst inszeniert eine Situation, die eine echte Entscheidung unmöglich macht. Ohne das entsprechende Bewusstsein wird aus diesem Mechanismus allerdings ein Teufelskreis, aus dem nur schwer auszusteigen ist.

Venus am absteigenden Mondknoten weist auf ein großes Harmoniebedürfnis hin, das in dieser Form jedoch oft in der Gegenwart nicht erfüllt wird (da es mit den Themen des aufsteigenden Mondknotens unvereinbar erschiene). Im Häuserhoroskop aspektiert Venus das Mond/Saturn Quadrat Neptun/Pluto grün-blau und bietet so eine Handlungs- oder Entscheidungsalternative, die zumindest von der Umwelt suggeriert wird, als wolle Venus aus der Umwelt den Schmerz und die Verletzungen von Mond/Saturn verbinden, verpflastern und trösten.
„Es ist schön, mit jemand schweigen zu können.“

Tucholsky sehnt sich immer nach einem Gegenüber, lässt aber gleichzeitig andere Menschen nicht wirklich an sich heran. Er gibt z.B. allen seinen Freunden und Partnerinnen neue Namen, redet seine Geliebte Mary oft in der 3. Person als „Er“ an und hält die Menschen so auf Distanz. Kommt ihm ein Mensch doch zu nah, zum Beispiel durch den Alltag einer Beziehung, ist das Scheitern bereits vorprogrammiert. Es handelt sich psychologisch formuliert eigentlich um ein unausgewogenes oder mangelndes Nähe-Distanz-Gleichgewicht, das sich oft bei spannungsgeladenen Mond/Saturn-Aspekten finden lässt.

1928, mit 38 Jahren, findet die Beziehungsproblematik einen Höhepunkt, den wir auch im Horoskop nachvollziehen können. Mary Gerold, die wohl größte Liebe seines Lebens, trennt sich im November endgültig von Tucholsky. Sie schreibt ihm einen Abschiedsbrief, den er bis zu seinem Tode in der Brieftasche tragen wird: „Lieber Nungo (Kosename für Tucholsky), immer wieder setzt sich einer seit elf Jahren in den Zug und fährt fort, und immer wieder blutet es von Neuem.“ Der AP erreichte im 7. Haus in Wassermann nach dem IP die Opposition zur Kippstelle zwischen Mond und Saturn.

„… und doch möchte ich, dass es anders wird“

Nach Ende des Ersten Weltkrieges wird Tucholsky wieder schriftstellerisch und zeitweise auch politisch aktiv. Er tritt in die Vorgängerpartei der heutigen SPD ein und kämpft mit scharfer Zunge und spitzer Feder gegen den neu heranwachsenden Militarismus der Weimarer Republik. Er plädiert für Völkerverständigung und -versöhnung und fordert während einer Kundgebung auf einer Antikriegsdemonstration in Berlin im Jahre 1922:

Ihr seid die Zukunft!
Euer ist das Land!
Schüttelt es ab, das Knechtschaftsband!
Wenn ihr nur wollt, ihr seid alle frei!
Euer Wille geschehe! Seid nicht mehr dabei!
Wenn ihr nur wollt: bei euch steht der Sieg!
– Nie wieder Krieg -!

Unermüdlich schreibt er nun zu Beginn der 20er Jahre gegen das Militär, gegen den zunehmenden Rechtsradikalismus in Deutschland, gegen patriotisch-militaristische Agitation, gegen den Krieg. Ihm ist wichtig, durch permanente Aufklärung aus den machtanbetenden und manipulierbaren Untertanen Deutschlands verantwortungsbewusste Individuen zu machen. Er kämpfte um und für eine Veränderung des gesellschaftlichen Bewusstseins in Deutschland. Die Gesellschaft dankt es ihm mit zahlreichen Strafanzeigen und Prozessen wegen Beleidigung.

Seine Bemühungen sind, wie die Geschichte zeigen wird, nicht von Erfolg gekrönt. Die politische und gesellschaftliche Situation während der Weimarer Republik lässt seine Hoffnungen auf eine grundlegende politische Veränderung auf den Nullpunkt sinken, Deutschland und seine Politik, die Verantwortlichen und die „Untertanen“ scheinen ihn regelrecht anzuekeln. Er zieht sich mehr und mehr zurück, sucht sich eine Stellung in einem Bankhaus und schreibt immer weniger. Er stürzt in eine existentielle Krise, nicht nur materiell, sondern vor allem geistig, was vermutlich im Herbst 1922 in einem Selbstmordversuch gipfelte.

1921 kreuzten sich der Radix- und der Mondknoten-Alterspunkt im 6. Haus, oft eine sehr schicksalsträchtige Zeit, die im Falle Tucholskys das Existenz-Thema (Achse 6/12) schmerzhaft aufrollt. Es folgt der Zeichenwechsel in die Zwillinge mit AP-Trigon zur Neptun/Pluto-Konjunktion, Quincunx zu Mond/Saturn und einem Quadrat zu Mars. 1923 schließlich, während der AP-Konjunktion zu Merkur, erreicht seine Lebens- und Sinnkrise ihren Tiefstpunkt. Er hatte das so „enge, bornierte“ Leben in Deutschland satt. Alle Bemühungen scheinen vergeblich, Ziele unerreichbar. 1924 verlässt er Deutschland, um als freier Journalist nach Paris zu gehen. Dort lebt er unter dem AP-Halbsextil zur Venus wieder auf und schwärmt vom Zauber von Paris, von den höflichen, hilfsbereiten und kultivierten Menschen dort. Er wird künftig nur noch für kurze Aufenthalte in das ungeliebte Deutschland zurückkehren.

Im Jahr 1929, mit 39 Jahren, veröffentlicht Tucholsky das Buch „Deutschland, Deutschland über alles“. Es ist wie eine letzte Sammlung seiner Kräfte, um gegen den in Deutschland heraufziehenden Sturm, die „braune“ Gefahr anzukämpfen. Das Buch – ein eindringlicher Rückblick auf zehn Jahre „zufällige Republik“, eine „Demokratie ohne Gebrauchsanweisung“ – findet große Resonanz, positiv wie negativ, doch während einer Lesereise durch Deutschland wird Tucholsky klar: „Um mich herum verspüre ich ein leises Wandern. Sie rüsten zur Reise ins Dritte Reich.“ Die Gleichgültigkeit des Publikums, seine Ratlosigkeit, Bequemlichkeit und Mittelmäßigkeit gibt Tucholsky den „Knacks seines Lebens“. Mit Bitterkeit stellt er fest, dass „Kerle wie Mussolini oder der Gefreite Hitler nicht so sehr von ihrer eignen Stärke leben wie von der Charakterlosigkeit ihrer Gegner“, womit er das deutsche Volk meinte, das mit Hilfe der politischen Rechten die „Schmach des Versailler Vertrages“ tilgen und eine Revanche für den verlorenen Krieg suchte. Er will nicht mehr. Der Alterspunkt wechselt in das Zeichen Fische und steht nun in Opposition zu Saturn – die Realitäten scheinen unausweichlich, unüberwindlich. Resignation macht sich breit, Tucholsky zieht sich allmählich aus dem Tagesjournalismus zurück.

Doch er versucht es noch einmal mit der Pflege der „schönen Literatur“. Beim AP-Quadrat zu Pluto im Jahre 1930 zieht Tucholsky offiziell nach Schweden. Während des AP-Halbsextils zu Merkur und Sextils zu Venus entsteht dort die Sommergeschichte „Schloss Gripsholm“, die in Europa ein großes, positives Echo findet. Im Berliner Tageblatt wird das Buch beworben als „ein Reisebuch nach Schweden, voll von frischer Luft, Liebe, Freundschaft, Mitleid und klarem Weltblick“.

Am 30. Januar 1933 übernehmen die Nationalsozialisten in Deutschland endgültig die Macht. Tucholskys Bücher werden verbrannt, sein Vermögen in Deutschland beschlagnahmt, er selbst ausgebürgert und wegen des dringenden Verdachts des Landesverrates zur sofortigen Festnahme ausgeschrieben. Tucholsky, der nun in seinen letzten Lebensjahren zwischen Schweden und der Schweiz hin- und herpendelt, verstummt mehr und mehr, während des AP-Sextils zur Sonne/Jupiter-Konjunktion schreibt er in einem Brief: „über den großen Knacks meines Lebens komme ich nicht hinweg: dass ich mich in der menschlichen Natur so schwer getäuscht habe: ich hatte von Deutschland nie etwas andres erwartet, wohl aber von den andern. Und von denen auch wieder keinen Krieg, sondern eine klare und gesunde Abkehr von diesem Misthaufen, und vor allem: vor den Pulverfässern, die darunter liegen. Darin habe ich mich getäuscht, und nun mag ich nicht mehr.“

Die kommenden zwei Jahre sind geprägt von einem Schwanken zwischen vorsichtigen Hoffnungen, zaghafter Mobilisierung alter Kräfte und schließlich resignativer Abstürze (AP in Fische). Kurz vor dem AP-Übergang in das kardinale Feuerzeichen Widder, am 21. Dezember 1935, stirbt Tucholsky an einer Überdosis Schlaftabletten – ob Selbstmord, Unfall oder Mord konnte bis heute nicht eindeutig geklärt werden. Manches spricht für Selbstmord, spielte Tucholsky doch schon seit vielen Jahren mit diesem Gedanken. In seinen Tagebüchern notierte er einmal: „(Selbstmord) Er ist vor sich selbst weggelaufen – nun hat er sich eingeholt“ oder „Er ging leise aus dem Leben fort, wie einer, der eine langweilige Filmvorführung verlässt, vorsichtig, um die anderen nicht zu stören.“

Vielleicht nahm Tucholsky auch einfach aus Versehen zu viele Schlaftabletten mit seinem geliebten Rotwein ein. Der Alterspunkt an der kosmischen Spalte deutet auf ein rätselhaftes, aber auch sanftes Entschwinden in die andere Welt.

„Wenn ich jetzt sterben müsste, würde ich sagen: „Das war alles?“
Und: „Ich habe es nicht so richtig verstanden.“
Und: „Es war ein bisschen laut.“

 

 

 

 

Literatur aus dem Rowohlt-Verlag:

Kurt Tucholsky: Rheinsberg
Schloss Gripsholm
Das Pyrenäenbuch
Zwischen Gestern und Morgen
Schnipsel
Michael Hepp: Kurt Tucholsky: Biographische Annäherungen
Kurt Tucholsky: rororo-Monographie


Erschien im Dezember 2002 im Astrolog – Zeitschrift für Astrologische Psychologie Nr. 125

© B. Braun (2002)

Christine Kaufmann

D1, D30 und Vimshottari Dasha

Vorletzte Nacht ist die Schauspielerin in München an Leukämie gestorben. Ihr indisches Horoskop macht auf mich einen gespaltenen Eindruck. Die Saumya Graha (natürliche Wohltäter) –  zunehmender Mond, Merkur, Venus und Jupiter – stehen allesamt in veränderlichen Zeichen und Kendras. Dieses Srik Yoga steht für Bequemlichkeit und Komfort, und vor allem für Glück und Fülle. Das Parivartana Yoga zwischen Merkur in 1 und Jupiter in 10 schenkt Ruhm und Erfolg. Berühmt wurde Christine Kaufmann mit neun Jahren als bezauberndes Rosen-Resli in einer rührseligen Verfilmung, die genau in den Heilewelt-Zeitgeist der 1950er Jahre in Deutschland passte. Weiterlesen